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Vaeter und Soehne

Vaeter und Soehne

Titel: Vaeter und Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivan Sergejevich Turgenev
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Zahn ausgezogen. Ich hatte der letzteren vorgeschlagen, sich chloroformieren zu lassen, aber sie wollte nicht. Selbstverständlich tue ich das alles umsonst –
›an amater‹.
Übrigens brauch ich mich dessen nicht zu schämen; ich bin ein Plebejer,
homo novus;
ich habe kein Wappenschild wie meine vielgeliebte Gattin … Aber wärs Ihnen nicht gefällig, hier im Schatten vor dem Frühstück die Frische des Morgens zu atmen?«
    Arkad ging zu ihm hinaus.
    »Seien Sie mir willkommen,« fuhr Wassili Iwanowitsch fort, indem er militärisch grüßend die Hand an das fettige Käppchen legte, das seinen Kopf bedeckte; – »ich weiß, Sie sind an jeden ausgesuchtesten Luxus gewöhnt, aber selbst die Großen dieser Erde verschmähen es nicht, einige Zeit unter dem Dache einer Hütte zu leben.«
    »Wie können Sie mich einen Großen dieser Erde nennen!« rief Arkad aus; »und dann bitte ich Sie zu glauben, daß ich durchaus nicht an Luxus gewöhnt bin.«
    »Erlauben Sie, erlauben Sie,« erwiderte Wassili Iwanowitsch mit lächelnder Miene, »obgleich ich jetzt zum alten Eisen gehöre, hab ich mich doch einst in der Welt umgetan, und ich kenne den Vogel am Fluge. Auch bin ich ein wenig Psycholog und Physiognomiker. Ohne diese Gabe, wie ichs nennen möchte, wäre ich längst verloren; man hätte mich zertreten, mich armes Erdenwürmchen, das ich bin. Ich sags Ihnen ohne Kompliment: Die Freundschaft, die, soviel ich sehe, zwischen Ihnen und meinem Sohn besteht, erfreut mich außerordentlich. Ich komme eben erst von ihm her; er ist nach seiner Gewohnheit, die Sie kennen, sehr früh aufgestanden und durchstreift die Umgegend. Erlauben Sie mir eine Frage: Ist es lange her, daß Sie meinem Sohne nahestehn?«
    »Wir lernten uns vergangenen Winter kennen.«
    »Wahrhaftig? Erlauben Sie mir noch eine Frage … Aber wir könnten uns setzen? Erlauben Sie mir, Sie mit der Offenherzigkeit eines Vaters zu fragen, was Sie von meinem Eugen halten?«
    »Ihr Sohn ist einer der hervorragendsten Männer, die mir je vorgekommen sind,« antwortete Arkad lebhaft.
    Die Augen Wassili Iwanowitschs öffneten sich plötzlich weit, und eine leichte Röte färbte seine Wangen. Er ließ den Spaten fallen, den er in der Hand hatte.
    »Also Sie glauben …« nahm er wieder das Wort.
    »Ich bin gewiß,« fuhr Arkad fort, »daß Ihr Sohn eine große Zukunft vor sich hat; er wird Ihren Namen berühmt machen. Davon war ich gleich bei unserer ersten Begegnung überzeugt.«
    »Wie … Wie das? …« brachte Wassili Iwanowitsch mühsam heraus. Ein verzücktes Lächeln legte sich auf seine breiten Lippen und verließ sie nicht mehr.
    »Sie wollen wissen, wie wir Bekanntschaft gemacht haben?«
    »Ja … und überhaupt …«
    Arkad fing an, noch begeisterter von Bazaroff zu sprechen, als an dem Abend, wo er mit Frau Odinzoff eine Mazurka tanzte.
    Wassili Iwanowitsch hörte ihm zu, schneuzte sich, ballte sein Taschentuch mit beiden Händen zusammen, hustete, fuhr sich durchs Haar, endlich aber konnte er sich nicht länger halten, neigte sich gegen Arkad und küßte ihn auf die Schulter.
    »Sie haben mich zum Glücklichsten der Menschen gemacht,« sagte er, immerfort lächelnd; »ich muß Ihnen gestehen, daß ich … daß ich meinen Sohn vergöttere. Ich spreche nicht von meiner armen Frau, sie ist Mutter und fühlt als solche. Aber ich, ich wags nicht, meinem Sohn auszudrücken, wie sehr ich ihn liebe, das würde ihm unangenehm sein. Er kann derartige Herzensergießungen nicht leiden; viele tadeln ihn sogar wegen dieser Charakterfestigkeit und schreiben sie dem Stolz und der Gefühllosigkeit zu; aber Männer wie er dürfen nicht mit derselben Elle gemessen werden wie gemeine Sterbliche, nicht wahr? Ein anderer z.B. hätte an seiner Stelle des Vaters Geldbeutel fortwährend zur Ader gelassen. Er aber hat nie eine Kopeke zuviel von uns verlangt, das kann ich Sie versichern.«
    »Er ist ein uneigennütziger, makelloser Mensch,« sagte Arkad.
    »Wie Sie sagen, ein Muster von Uneigennützigkeit. Was mich betrifft, Arkad Nikolaitsch, ich bet ihn nicht bloß an, ich bin stolz auf ihn, und was meinem Stolz am meisten schmeichelt, ist der Gedanke, daß man einst in seiner Lebensbeschreibung folgende Zeilen lesen wird: ›Sohn eines einfachen Regimentsarztes, der jedoch frühzeitig sein Talent erkannte und für seine Ausbildung alles tat …‹« die Stimme des Greises erlosch.
    Arkad drückte ihm die Hand.
    »Was meinen Sie?« fragte Wassili Iwanowitsch nach kurzem Schweigen;

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