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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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verdichtete sich und aus den Zweigen schauten paarweise leuchtende Augen auf sie herab. Schließlich fragte Lucas: »Wonach suchst du überhaupt?«
    »Nach einem kleinen Zeichen, das ›Iss mich‹ sagt«, antwortete Jon. »Pst.« Dort, wo der Hang in Gipfelhöhe abflachte, gab es eine Vertiefung, wo im Gras viele Wildpflanzen wuchsen. »Ah«, sagte Jon. »Das ist es.«
    Er bückte sich zu einem Gewächs hinab, und hob Zweige voller Beeren an. Sie erinnerten an Tollkirschen, aber diese Pflanze war größer als auf der Oberfläche und ihr Stängel leuchtete in ganz eigenem grünem Licht und die Beeren waren prall wie Blutklumpen.
    »Jede Pflanze in den Schattenreichen ruft irgendwie geartete Träume hervor. Die hier habe ich vor ein paar Monaten entdeckt. Sie heißt Nachtsplitter wegen des auflodernden Lichts, wenn die Dunkelheit aufreißt. Wenn du was erntest, solltest du übrigens immer daran denken, dich zu bedanken.« Und während er die Beeren pflückte, murmelte er: »Verzeih mir, Herrin, dass ich dir deine Frucht nehme. In Dankbarkeit werde ich einige ihrer Samen verstreuen, damit sie aufgehen mögen.«
    »Woher weißt du das alles?«
    Jon zuckte die Achseln. »Das ist elementares elfisches Kräuterwissen. Natürlich wollen sie nicht, dass wir darüber Bescheid wissen, genauso wie menschliche Eltern ihren Kindern wohl kaum zeigen werden, wie man Cannabis anbaut.«
    »Hast du es schon probiert?«
    Die Beeren, die Jon liebevoll in seiner Hand hielt, waren schwarz und mit einem Blau bestäubt, das im Dämmerlicht fluoreszierte. »Ich würde dir nie was geben, was ich nicht auch selbst ausprobiert habe. Das hier in Verbindung mit Teufels Schlafmütze – das ist der Schlüssel, da bin ich mir ganz sicher.« Jon strahlte vor ansteckender Gewissheit. »Vertraust du mir? Wirst du es für mich ausprobieren?«
    Wieder einmal ging Lucas dem furchterregenden, unwiderstehlichen Kick des Unbekannten in die Falle. Er schaute Jon in die Augen und sagte: »Wann willst du es tun?«
    Jon schenkte ihm einen Blick, der so voll Dankbarkeit und Zutrauen war, dass ihm das Herz überging. »Jetzt, wenn du willst.«
    Das Blau der Schattenreiche verblasste zu einem zitronengelb durchzogenen Grau, und die scharfe Brise der Oberflächenwelt wehte über sie, als Jon beim Abstieg vorausging. Im Talboden setzte Jon sich auf einen breiten Baumstumpf, nahm Luc den Korb ab und holte Mörser und Stößel heraus. Er warf die Beeren und ein Stück Pilz in der Farbe eines Blutergusses hinein.
    »Erst das Zerstampfen entfaltet die Wirkstoffe voll.« Jon begann seine Arbeit mit dem Stößel und schuf einen schwarzblau schäumenden Brei. Lucas saß im Schneidersitz vor ihm im Gras und sah ihm gebannt dabei zu. »Das bricht die Zellwände auf, knackt die Samen und quetscht den Saft heraus.« Er grinste. »Das ist mal was, worin ich gut bin. Okay, singen oder schreiben kann ich nicht und ich habe mich durch die Kunstakademie gemogelt.«
    Lucas beobachtete Jon bei der Arbeit sah das rötliche Leuchten in seinen Augen und das Wippen seines Haars. Indessen verwob er mit seinen eigenen Händen Zweige zu einem Pentagramm, dessen fünf Zacken ausgewogen die Erde, die Luft, das Feuer, das Wasser und den Äther symbolisierten. Eine aus Efeu hineingeflochtene Spirale vervollständigte dieses zweckgerichtete Symbol. Ihm war kalt bis ins Mark.
    »Aber das hier hat was mit Instinkt zu tun«, fuhr Jon fort. »Ich könnte mit Designercocktails für Abenteuerlustige handeln. Und damit so reich werden wie mein Vater.« Er goss den Brei durch ein Teesieb und bearbeitete ihn solange mit dem Stößel, bis ein paar Teelöffel voll dicker tintenartiger Flüssigkeit in den Mörser gequollen waren.
    Diesen kredenzte er Lucas wie einen Altarkelch. »Wenn du das jetzt nimmst, wird die Wirkung eintreten, sobald wir Freias Krone erreicht haben.«
    »Und du willst nichts?«
    Jon schüttelte den Kopf. Er tauchte eine Fingerspitze in den Saft und leckte ihn symbolisch ab. »Einer von uns muss Wache halten.«
    Lucas nahm den Mörser. Violette Blasen säumten die Brühe. Er musste an das erste Mal denken, als Jon ihm einen Traumblätterpilz gegeben hatte, und sein Magen krampfte sich zusammen. Die Angst, vergiftet zu werden, packte ihn, aber er verdrängte sie. Er hob den Becher an die Lippen und trank.
    Es schmeckte nach Blaubeeren und Bittermandeln.
    Er erhob sich. Hand in Hand gingen sie weiter und Lucas hielt in Erwartung der aufbrechenden Dunkelheit den Blick in die Baumkronen

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