Vaethyr: Die andere Welt
Wochenende.«
»Und … was passiert dann?«
Rosie schüttelte den Kopf. »Mein Gott, Sam, frag mich was anderes.«
»Bin ich gefeuert?«, fragte er so traurig, dass sie am liebsten gleichzeitig gelacht und geweint hätte.
»Hast du ein Mobiltelefon?«, fragte sie. »Gib mir rasch die Nummer. Dann muss ich nicht wieder über Cruella Kontakt zu dir aufnehmen.« Und sie tauschten albernerweise ihre Telefonnummern, wo doch die wilde Jagd bereits durch den Kosmos auf sie zupreschte.
Nachdem er weg war, schleppte Rosie sich hoch zum Architektenbüro und wappnete sich für die Katastrophe. Matthew begrüßte sie mit einem schlappen Scherz, von wegen dass Sam sich nun bestimmt in die Freiheit schaufele und man nie wieder was von ihm sehen werde. Als sie ihn fragte, ob er Alastair gesehen hatte, reagierte er darauf mit unschuldiger Verwunderung. »Ich dachte, er wollte dich suchen.«
»Dann müssen wir einander wohl verpasst haben«, sagte Rosie lahm und stürzte hinaus.
Dann war Alastair also nicht gleich zu ihm gerannt – wieso auch? Welcher Mann würde schon eine derartige Demütigung zugeben wollen, selbst vor seinem besten Freund.
Sie hielt Ausschau nach seinem Wagen, sah im nächstgelegenen Pub nach. Schließlich fuhr sie von Angst geschüttelt nach Hause – und da war er dann auch. Wartete auf dem Wohnzimmersofa auf sie, ein großes Bündel aus Fassungslosigkeit, Schmerz und brodelnder Wut. Sein dunkelrotes Gesicht verriet seine Gefühlslage.
Rosie schlich ins Haus, als würde ihr geräuschloses Eintreten ihre Reue glaubwürdiger machen. »Hm«, sagte sie leise und hockte sich auf eine Sessellehne.
Anfangs sagte Alastair nichts. Bitter und hilflos legte sich das Schweigen auf sie. Endlich meinte er, als hätten sie den Streit, der sich vielleicht tatsächlich schon in ihren Köpfen abgespielt hatte, bereits halb hinter sich: »Weißt du, ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass es mir leidtut.«
»Was tut dir leid?«, fragte Rosie erschrocken.
»Dass Matthew und ich so gemein zu Sam waren. Ich hatte danach ein schlechtes Gewissen. Es war kindisch. Ich habe ja gar nichts gegen Sam, der ja offenbar ein ganz großartiger Typ ist« – dieses Wort betonte er sarkastisch – »aber als ich dann zu Matt sagte: ›Vielleicht haben wir es übertrieben‹, meinte der nur höhnisch, Sam sei ein Querulant, ein Psycho und so, und da sage ich mir, o Gott, selbst wenn Matt übertreiben sollte, habe ich Rosie allein mit ihm weggehen lassen. Besser, ich sehe mal nach, ob mit ihr alles in Ordnung ist.«
»Du hattest das Gefühl, mich überprüfen zu müssen?«
»Nein. Ich dachte, ich werde mich für meine Gehässigkeit entschuldigen und nachsehen, ob es ihr gut geht. Ich war in Sorge um meine Frau, darf ich das nicht sein?«
Rosie biss sich auf die Lippe. Es schnürte ihr die Kehle zu. »Ich wollte dir nicht wehtun«, sagte sie in aller Ernsthaftigkeit. Sie hatte Alastair gern, vielleicht mehr, als ihr selbst bewusst gewesen war. Es gab keine Leidenschaft zwischen ihnen, aber etwas war da gewesen: Zuneigung, Freundschaft, Gewohnheit, etwas viel zu Gewichtiges, um es leichtfertig wegzuwerfen.
»Nein, das wollen sie nie«, erwiderte er düster. Sein schottischer Akzent verstärkte sich, wenn er aufgebracht war. »›Es ist einfach passiert. Das hat nichts mit dir zu tun, nur mit mir.‹ Und so weiter. Das habe ich alles schon mal gehört. Was war es denn, ein spontaner Fick, um es Matt und mir heimzuzahlen?«
»Nein. Damit hatte es nichts zu tun.«
Er überlegte. Tränen glänzten in seinen Augen. Und das setzte ihr zu. Als ihm die Wahrheit dämmerte, sagte er: »Es war also nicht das erste Mal, oder? Wie lange geht das schon?«
»Eine Weile.«
»Aber wir sind doch erst seit vier Monaten verheiratet!«, schrie er. Er klatschte seine Hände auf die Schenkel, sprang auf und begann im Raum auf und ab zu tigern.
Rosie beobachtete ihn und machte sich dabei klar, dass ihr nur noch der Rückzug blieb. Das hatte sie nicht gewollt – aber was hatte sie stattdessen geplant? Wollte sie ihn betrügen, Ausreden erfinden, damit sie keinen Sex mehr mit ihm haben musste, um sich dann zu heißen Stelldicheins mit Sam davonzuschleichen? Dann waren ihre Pläne also torpediert worden. Geschah ihr recht. Sie fühlte sich traurig und elend, war aber erleichtert, dass er Bescheid wusste.
»Wir hätten Freunde bleiben sollen, Alastair«, sagte sie liebevoll. »Ich hätte dich nicht heiraten dürfen.«
»Warum zum Teufel hast du’s
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