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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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eher mit Tante Phyll als mit ihrer eigenen Mutter – über das Verschließen ihrer eigenen inneren Kammern, die Kontrolle der Lust und das Ausscheiden schützender Säfte, welche mikroskopische Eindringlinge jeglicher Art abzuwehren vermochten. Sie hatte gelernt, sich ihres eigenen Körpers bewusst zu werden, bis es so instinktiv wurde wie Atmen. »Ich weiß. Ich hatte eine gute Lehrerin.«
    »Du kannst also wählen, wen immer du willst – aber keiner vermag gegen deinen Willen in dich einzudringen, dich zu infizieren oder zu schwängern. Du hast die Macht darüber.«
    Die Küche schwand und sie waren zwei Kriegerköniginnen in einer älteren, lebendigeren Welt. Rosie spürte den Feuerschein, den sie in sich trug, als wäre ihr Rückgrat aus Gold. Eine Handvoll exzentrischer Erinnerungen – ihre Mutter, die sie im Morgengrauen mit nach draußen nahm, damit sie im Tau badete oder sich lachend und ekstatisch unter dem Vollmond niederlegte – fielen ihr jetzt wieder ein. Es ging dabei darum, die Elfennatur zu erhalten, ungeachtet der männlichen Grenze der Tore. Sie spürte überall um sich herum grüne Blätter, Blumen und Efeu, die ins Haar ihrer Mutter gewunden waren. Sie fühlte sich wahrhaft anders .
    »Elfenwesen bestehen aus mehreren Schichten«, fuhr Jessica fort. »Auf der Oberflächenwelt haben wir unsere menschliche Gestalt, ihr entsprechen die verwandelten Formen, die wir in den Schattenreichen oder der Spirale annehmen. Dann gibt es unseren Kern oder die Essenz, dem auf der Menschenebene Herz, Seele und Geist entsprechen, wobei bei uns noch der Instinkt dazukommt, unser Gefühl für den Fluss dessen, was richtig oder falsch ist. Und dann gibt es noch die Fulgia – die Schattenseele, die in der Spirale wohnt und uns immer mit dieser verbindet. Sie vermag eine rauchartige Tierform anzunehmen, wenn wir sie überhaupt jemals zu Gesicht bekommen.«
    »Meine wäre dann ein Fuchs«, meinte Rosie lächelnd.
    »Nicht unbedingt. Weißt du, dein Blutreich bestimmt nicht zwangsweise deine elementaren Neigungen oder deinen Charakter. Ich bin elysischer Abstammung wie dein Vater, aber ich fühle mich als Sibeylanerin, angezogen von der Luft, den Vögeln, der Musik …«
    »Dann ist deine also ein Vogel?«
    »Oh.« Jessica sah sie verdutzt an. »Sie lässt sich nur sehr schwer deutlich erkennen und die Fulgia ist etwas sehr Persönliches. Du kannst sie dir als einen Führer vorstellen, als den Teil von dir, der alles am besten weiß … normalerweise.« Ihr Blick schweifte ab. »Dass wir die inneren Reiche nicht besuchen können, um diese Energien aufzufrischen, ist hart für uns. Also müssen wir uns mehr Mühe geben, unsere Elfenseite hier auf Erden zu hegen. Das Animalische, das Göttliche und Elementare genauso wie das Menschliche zu nähren. Wir kennen diesbezüglich keine Unterschiede.«
    »Ich habe das Gefühl, das alles zu kennen«, sagte Rosie. »Es ist wie ein Traum, den ich vergessen hatte, bis du mich daran erinnert hast.«
    »Ja«, sagte Jessica traurig, »genauso ist es.«
    »Jetzt, wo wir den Sex abgehandelt haben, können wir auch über den Tod sprechen?«, sagte Rosie trocken, aber ernst. »Ich sehe keine weißhaarigen, gebückt gehenden Elfenwesen. Was ist mit deinen Eltern?«
    Ihre Mutter ließ traurig die Schultern hängen. »Bei einigen Elfenwesen funktioniert die Aufzucht der Kinder wie bei den Vögeln: Man wirft sie beizeiten aus dem Nest und schwingt sich in die Lüfte. Sobald Phyll und ich alt genug waren, waren sie nur noch unterwegs und tourten mit ihrem Orchester. Cello und Erste Geige. Das Haus war immer erfüllt von Musik … aber sie waren viel zu früh weg. Vielleicht bin ich deshalb so besitzergreifend bei meinen Kindern, und Phyll hat erst gar keine bekommen. Sie sind gar nicht so alt, aber … Hat dein Vater darüber nicht mit dir gesprochen?«
    »Nein, hat er nicht. Aber ich glaube nicht daran, dass wir unsterblich sind.«
    »Nichts ist unsterblich, mein Schatz. Nenn uns halb sterblich. Wir altern nicht, aber wir werden weniger und nach und nach zur Spirale hingezogen. Wir müssen dorthin. Deshalb verschwinden die Älteren auch. Sollten meine Mutter und mein Vater sich entschließen zu gehen, bezweifele ich allerdings, dass wir das erführen. Sie verlieren sich tief im Herzen der Spirale und werden einer Verwandlung unterzogen. Gut möglich, dass sie in ihrer ursprünglichen Gestalt wieder erscheinen, oder auch für ein oder zwei Jahrhunderte in ihrer Elementargestalt verharren

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