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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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sie sich gar nicht bewusst waren? Nein, damit entzog man sich der Verantwortung. Tatsache war, Lucas war da, und daran wollte sie auf keinen Fall etwas ändern.
    Würdevoll bis zum Äußersten hatte Virginia Jessica niemals darauf angesprochen, aber die kalte Überheblichkeit in ihrem Blick sagte alles. Weitere sieben Jahre mussten vergehen, bis sie Lawrence dann tatsächlich verließ, aber sicherlich war ihre zerbrechliche Beziehung dadurch zusätzlichen Belastungen ausgesetzt gewesen.
    Nein, egal was Jess zu ihren Kindern sagte, eine akzeptable Erklärung konnte sie ihnen nicht bieten.
    Merkwürdigerweise nahm es Matthew, der an diesem Nachmittag nach Hause kam, am schwersten. Er wurde blass, als seine Eltern es ihm stockend beibrachten. Während sie in steifer maßvoller Würde verharrten, war er den Tränen nah. Rosie, die sich neben Lucas auf dem Wohnzimmersofa zusammengerollt hatte, schaute hinaus in den Sommerabend und wäre am liebsten geflüchtet.
    »Wisst ihr, was? Irgendwie wusste ich es«, sagte Matthew verkrampft.
    Lucas stöhnte. »Was meinst du damit?«
    »Du siehst aus wie Lawrence. Sieht das denn keiner? Und ich wusste immer, dass da was war, ein verborgenes Geheimnis. Da wir Elfenwesen sind, ist nichts wirklich offen, immer muss es darunter neue Schichten geben. Warum können wir nicht normal sein?«
    »Was auch immer Normalsein bedeutet«, warf Jessica mit gesenktem Blick ein, die Arme vor der Taille verschränkt. »Ich habe keine Rechtfertigung für das, was geschehen ist … in der Anderswelt passieren manchmal Dinge, die nicht sein sollten.«
    »Wie gut nur, dass diese verdammten Tore zu sind!« Matthew wandte sich an Auberon. »Und was ist mir dir, Dad? Möchtest du Lawrence nicht am liebsten die Zähne einschlagen?«
    Auberon zeigte keine Regung, aber Rosie sah, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. »Auf diese Art pflegen wir die Dinge nicht zu regeln.«
    »Wer ist wir? Die edlen Vaethyr? Wir benehmen uns nicht besser als die Menschen! Warum hast du ihn nicht umgebracht?«
    »Wir sind frei in unseren Entscheidungen«, sagte Auberon. »Wir besitzen einander nicht. Merkst du nicht, dass deine Mutter und ich schon vor Jahren in diesem Punkt Frieden geschlossen haben?«
    »Ich spreche doch nicht von Mum! Ich spreche von Lawrence Wilder, der mitten in der Nacht den armen Luc mit so was überfällt! Wirst du ihm das durchgehen lassen?«
    Rosie spürte die in der Luft liegende Spannung – ein Draht, der gleich reißen würde. Jessica ging einen Schritt auf ihn zu und sagte mit bebender Stimme: »Ich weiß, Matt, du bist aufgebracht –«
    » Ich bin aufgebracht? Was ist mit Luc? Du hast uns gerade etwas erzählt, wodurch all das, was ich als gegeben hingenommen hatte, vernichtet wird! So viel also zu unserer perfekten Familie! Lawrence wird sich schieflachen! Herrgott!«
    Einen kurzen Moment lang herrschte tödliche Stille. Der ganze Raum bebte. Dann zersprang Glas. Auberon hatte sich nicht von der Stelle bewegt, aber eine Tiffanylampe, auf einem Tisch vier Schritte von ihm entfernt, war zu Bruch gegangen und hatte sich als Splitterregen in Regenbogenfarben im Raum verteilt. Die Glühbirne zerbarst. Der schwere Fuß schlug auf dem Teppich auf.
    Alle zuckten zusammen. Matt schrie vor Schmerz auf, hielt sich eine Hand vors Gesicht und ließ sich neben Lucas fallen. Rosie sah Blut zwischen seinen Fingern hervorquellen. Eine Glasscherbe hatte seine Lippe getroffen. Er zuckte zusammen, als er die Wunde untersuchte, und betrachtete dann das Blut an seinen Fingerspitzen. Jessica wollte ihm besorgt zu Hilfe eilen, aber Auberon bannte ihn mit festem Blick.
    »Und damit hast du genau ins Schwarze getroffen. Lawrence attackiert meine Familie, weil er eifersüchtig auf uns ist. Er kann seine Familie nicht zusammenhalten, also versucht er meine auseinanderzureißen. Würde ich jetzt da hinaufstürmen, um ihn zur Rede zu stellen, empfände er dies als Sieg. Deshalb werde ich keine Rache üben. Jess kam zu mir zurück und ich habe seinen Sohn und werde ihm niemals zeigen, dass er uns verletzt hat. Das ist meine Rache.«
    »Gut, aber du hast eben mehr Größe als ich, Dad«, brummelte Matt. »Ich würde Kleinholz aus ihm machen.«
    »Willst du endlich aufhören, Matt?«, stöhnte Lucas. »Mach doch nicht alles noch schlimmer.«
    Erschüttert stand Rosie auf und begann die Glasscherben aus dem Teppich zu ziehen. Als sie ein leises Klopfen an der Eingangstür hörte, eilte sie in den Flur, um aufzumachen. Vor der

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