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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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Hintergrund? Irisch, rumänisch, wikingisch? Seid ihr russische Emigranten oder sogar noch was Romantischeres?«
    »Noch besser, wir sind das Feenvolk«, sagte Rosie und lachte noch lauter. »Oje – Matt hat dir wirklich nichts erzählt, oder?« Und plötzlich erstarb ihr Lachen.
    Später schlüpfte Lucas durch die Lücke in der Hecke, wo Jon bereits auf der anderen Seite auf ihn wartete. Seine Umrisse waren im Zwielicht weich, er hatte die Hände in die Taschen geschoben und sein Haar wehte um seine Schultern. »Hey«, begrüßte Lucas ihn.
    »Hey«, sagte Jon. »Alles okay mit dir?«
    »Ich musste da raus. Ich, äh … hab was rausgefunden.«
    »Ich auch.« Sie sahen einander an. »Über meinen Vater und deine Mutter?«
    »Hm, ja, genau«, sagte Lucas verlegen.
    »Lass uns gehen«, sagte Jon. Sie schlugen den schmalen Fußweg ein, der zu den Grenzen von Oakholme und weiter zum Dorf führte. »Sie haben es mir erzählt, als ich aufgestanden bin. So um die Mittagszeit. Ich glaube nicht, dass Dad es jemals zugegeben hätte, wenn Sapphire ihn nicht dazu gezwungen hätte. Offensichtlich wusste sie es schon seit einer Ewigkeit. Ich wette, er hat es auch Sam bisher noch nicht erzählt, aber er braucht nicht glauben, dass ich ihm das abnehme.«
    »Bist du wütend?« Lucas’ größte Angst war die, von Jon abgelehnt zu werden.
    »Nein. Sauer auf meinen Vater, mehr nicht.«
    »Es ist furchtbar«, sagte Lucas. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie meine Mutter …«
    »Wieso nicht? Sie ist unglaublich hübsch«, meinte Jon schalkhaft. »Vater sagt, meine Mutter wisse es, schwört aber, es sei nicht der Grund dafür gewesen, dass sie uns verlassen hat. Er meinte, er sei nicht stolz auf das, was passiert ist, aber er schäme sich auch nicht dafür. Scham sei etwas für Menschen.«
    »Ja klar, er ›schämt‹ sich also nicht und muss sich deshalb erst betrinken und es mir im Dunkeln sagen«, meinte Lucas seufzend.
    »Wenigstens hat er’s endlich getan.« Jon lächelte. »Er und Sapphire können es gar nicht erwarten, dich kennenzulernen. Ist das nicht gruselig?«
    »Es ist verrückt.«
    »Das Komische ist, als sie es mir erzählten, hat es mich nicht überrascht«, fuhr Jon fort. »Es war, als hätte ich es immer gewusst. Ich fühle mich dir verbunden. Wir sind Brüder.«
    Lucas lachte. »Ja, das sind wir.«
    »Ich bin froh darüber, du nicht? Ich habe einen Bruder bekommen, mit dem ich tatsächlich was anfangen kann. Wenn ich zurück aufs College gehe, solltest du mitkommen.«
    Ihr Weg führte sie zu der Hochebene über Cloudcroft, dem Kamm namens High Warrens. Unter ihnen lagen die Hügel und Senken der Landschaft von Charnwood mit Felsen, die sich rau in den wilden Himmel erhoben. Auf der anderen Seite des Tals konnten sie das Dach von Stonegate Manor sehen, links daneben das Felsmassiv von Freias Krone.
    Lucas musste an seine Eltern denken: eine Mutter, die er nicht mehr kannte, einen Vater, der gar nicht wirklich seiner war. Er legte seinen Kopf in den Nacken mit dem Gefühl, dass ein heftiger Windstoß ihn schwerelos in den Himmel heben könnte. »Ich fühle mich seltsam«, sagte er. »Als würde ich nirgendwo mehr dazugehören. Abgesehen von Rosie könnte ich sie alle hinter mir lassen.«
    »Sie zählen nicht mehr«, sagte Jon. »Es gibt jetzt nur noch dich und mich. Wir haben viel Wichtigeres zu tun.«
    Jon ergriff seine Hand und zog ihn gewaltsam in die Schattenreiche. Im ozeanischen Licht betraten sie eine Birkenlichtung mit einem breiten Baumstumpf in der Mitte, auf deren einer Seite sich ein steiler Abhang befand, der wie ein Pferdehuf geschwungen war. Die Bäume bewegten sich so fließend wie Unterwasserkorallen. Jon erklomm den Abhang und bückte sich dabei hier und da, um Wildpflanzen im Gras zu untersuchen. Lucas folgte ihm wie im Traum, getragen von einem Gedanken: Wir sind Brüder, derselbe Samen verbindet uns .
    Jons geisterhafte, anmutige Gestalt übte einen zunehmenden Zauber auf ihn aus. Plötzlich erkannte er, warum Rosie in seinem Bann stand, wenn auch auf andere Weise. Mit seiner schmalen Gestalt, den langen Beinen und dem in Wellen herabfallenden Haar sah er aus wie die geheimnisvolle Essenz einer Anderswelt, die sich auf qualvolle Weise dem Zugriff entzog.
    »Wusstest du, dass die in den Schattenreichen gesammelten Pflanzen andere Eigenschaften haben als die auf der Oberflächenwelt?« Jon wandte sich ihm zu und zeigte ihm einen schwarzen Giftpilz mit gewölbter Kappe. Die Oberfläche war so samtig

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