Valadas versinkende Gaerten
vereinen wir uns beide in unseren Tränen.
Die zweite Geschichte:
Verehrte Sayyida, Herrin meines Herzens und sicher bald Sayyida Al Kubra,
ich habe dir Trauriges zu berichten über das Schicksal unserer gemeinsamen Freundin, der Poetin Kasmuna bint Ismael.
Schon bevor dein Bekannter, der Hadjib Ibn Abdus, mein Feind, mir deine Bitte übermitteln ließ, nach dem Verbleib von Kasmuna bint Ismael zu forschen, hatte Allahs unerforschlicher Wille eine Begegnung zwischen uns herbeigeführt, von der zu berichten ich bis jetzt zögerte, denn mir war klar, dass dir großen Kummer bereiten würde, was ich mit ihr erlebt hatte.
Nun aber, da du um das Leben unserer gemeinsamen Freundin fürchten musst, überwinde ich meine Hemmung, denn zumindest diese Ungewissheit kann ich dir nehmen: Kasmuna lebt. Sie ist nie bis zu ihren Verwandten nach Granada gelangt. Allerdings, wo sie sich jetzt aufhält und unter welchen Umständensie existiert, darüber bin ich nicht unterrichtet. Die Umstände, unter denen wir zusammentrafen, waren alles andere als glücklich.
Ich begegnete unserer gemeinsamen Freundin, nachdem ich den Schergen entkommen war, die mich zu Cordoba in grausamer Gefangenschaft hielten.
Auf meiner Flucht machte ich Halt in einer kleinen Stadt am Wege, um mich, geschwächt, wie ich war, von den Strapazen des Kerkers zu erholen und wieder der zu werden, der ich bin. So verzögerte sich meine Weiterreise nach Sevilla um einiges, und gerade das schuf die Gelegenheit zu jener traurigen Begegnung, von der ich dir nun erzählen muss.
Zu meinem Schutz (wusste ich denn, ob ich nicht verfolgt wurde?) hatte ich eine wehrhafte Truppe angeheuert; wie sich zeigen würde, in weiser Voraussicht, denn auf der Straße entlang des Guadalquivir treiben christliche Pardos ihr Unwesen und überfallen Reisende, die nicht ausreichend für ihre Sicherheit gesorgt haben.
Zu diesen Leichtsinnigen gehörte auch unsere Freundin Kasmuna, die mit ihrem minderwertigen Geleitschutz an mir vorbeigezogen sein musste, als ich noch in besagter Stadt weilte.
Um es kurz zu machen: Kasmuna war in die Hände der christlichen Barbaren gefallen. Zunächst hatten sie sie ihres Schmucks und ihrer Wertsachen sowie der Geschenke für ihre Verwandten beraubt, sodann stellten sie mit ihr schändliche Dinge an, die im Einzelnen zu beschreiben ich uns beiden erlasse.
Ich kam mit meiner Truppe gerade in dem Moment an, als sie nach vollbrachten »Taten« mit der unglückseligen Frau aufbrechen wollten, zweifellos, um später Lösegeld für sie zu erpressen. Meine wehrhaften Männer wurden allerdings sehr schnell mit den Strauchdieben fertig. Sogar die Beute konnten sie den Verwundeten und Erschlagenen abnehmen.
Kannst du, geliebte Herrin, dir mein Entsetzen vorstellen,als ich unter diesen Gegenständen jene Perlenkette entdeckte, die du einst der Dichterin als Lohn für ihre Künste verehrt hattest?
Ich ging zu der Sänfte und fand die junge Frau darin, halb ohnmächtig und in einem entsetzlichen Zustand. Offenbar hatten sich die Strauchdiebe alle nacheinander an ihr vergangen.
Als sie sich notdürftig erholt hatte, kannte ihre Dankbarkeit mir gegenüber keine Grenzen.
Ich erbot mich selbstverständlich, mein eigenes Reiseziel hintanzustellen und sie zunächst zu ihren Verwandten nach Granada zu geleiten.
Aber davon wollte sie nichts wissen.
»Ich bin«, so sagte sie mit matter Stimme, »nur noch der Schatten meiner selbst. Entehrt und aufs Grausamste geschändet, fühle ich mich außerstande, meiner Familie unter die Augen zu treten – und ganz und gar nicht bin ich bereit, jemals wieder nach Cordoba und in das Haus unserer großen Freundin, der Prinzessin Valada, zurückzukehren. Wäre ich eine Christin, so würde ich in ein Kloster eintreten. Lasst mich, Ibn Zaydun, mit meiner Scham allein. Unerkannt und im Verborgenen, werde ich bei der nächsten Gemeinde unseres Volkes um Asyl bitten. Forschet nicht, wohin ich mich wenden werde. Niemand soll es erfahren. Vielleicht kommt irgendwann eine Zeit, in der meine wunde Seele und mein geschundener Leib genesen sind und in der ich mich den Meinen wieder zeigen werde. Aber nie wieder, das schwöre ich, werde ich es wagen, der Prinzessin nahezukommen. Was man mir angetan hat, hat mich zerstört. Darum nehmt diese Kette und gebt sie der zurück, von der ich sie einst erhalten habe. Ich bin nicht mehr würdig, dies Pfand zu besitzen.«
Und entgegen all meiner Einwände und Vorstellungen änderte sie ihren
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