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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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Willen nicht und zog davon in ihrer Sänfte, nur in Begleitung ihrer Maultiertreiber.
    Ich nun erfülle ihren letzten Willen und sende dir diese Kette. Gedenke Kasmunas bint Ismael mit Nachsicht und Wehmut.
     
    Die dritte Geschichte:
    Verehrte Sayyida, Herrin meines Herzens und sicher bald Sayyida Al Kubra,
    ich habe dir Trauriges zu berichten über das Schicksal unserer gemeinsamen Freundin, der Poetin Kasmuna bint Ismael.
    Schon bevor dein einflussreicher Bekannter, mein Feind Ibn Abdus, mir die Bitte ausrichten ließ, mich um die junge Frau zu kümmern, hatte ich mir vorgenommen, nach Granada zu reisen, um zu erforschen, ob Kasmuna vielleicht wie durch ein Wunder dem allgemeinen Morden entgangen sein könnte.
    Aber allein der Anblick der entsetzlichen Verwüstungen, die ich in der Residenz des ermordeten Hadjib Ibn Nagrella in Augenschein nehmen musste, ließ die Flamme meiner Hoff nung in sich zusammensinken.
    Undenkbar, dass jemand aus der Familie das Gemetzel überstanden haben kann, geliebte Herrin.
    Die überlebenden Juden   – und das sind wahrlich nicht sehr viele!   –, die bemüht waren, ihre Toten zu verscharren, geleiteten mich zum Haus des Mannes, der dem Vernehmen nach der Verwandte Kasmunas war, dem sie ihren Besuch abstattete.
    Das Haus war geplündert; was man nicht wegschleppen konnte, hatten die Angreifer in blinder Wut zerschlagen.
    Ich irrte in den Trümmern umher, auf der Suche nach irgendeiner noch so kleinen Spur unserer Poetin. Überall war Blut . . . an Wänden, Boden und Möbelstücken. Ausgerissenes Haar klebte am Fußboden, und in einer Ecke fand ich in einer angetrockneten braunroten Lache Fetzen von Haut.
    Ich will dir, Geliebte, weitere schreckliche Einzelheiten ersparen.
    Und gerade, als ich meine Suche aufgeben wollte, lenkteAllah der Allmächtige meine Blicke auf eine breite Ritze in der Diele. Dort leuchtete etwas in sanftem Licht, so zart wie Mondstrahlen, Glanz inmitten der Zerstörung.
    Ich bückte mich   – und erbebte! Und da fand ich, was ich dir jetzt zusende, zurück in jene Hände, aus denen es einst gekommen ist   – Kasmunas Perlenhalsband. Den rasenden Mordgesellen in ihrem Wüten muss es beim Zusammenraffen ihrer Beute entfallen sein, vielleicht hat es ein versehentlicher Fußtritt beiseite geschleudert. So blieb das wertvolle Andenken erhalten.
    Was freilich mit seiner Besitzerin geschehen ist, bleibt in die finstere Nacht ewigen Dunkels gehüllt, und vielleicht ist es gut so.
    Beweine den Verlust, Sayyida   – aber denke, dass es noch andere auf Allahs Welt gibt, die dich lieben und sich für dich aufopfern bis zum Äußersten, wenn du es befiehlst.
     
    Alle drei Geschichten gefallen mir gut. Die erste drückt ganz und gar aufs Gemüt, sie ist wunderbar sentimental und würde Valada bestimmt Tränen der Trauer über den Verlust entlocken   – eine heilende und reinigende Angelegenheit, nach der man dann alles vergessen kann. Aber eigentlich gönne ich der Jüdin solch ein ausuferndes Gedenken nicht.
    Am liebsten würde ich Valada die zweite schicken.
    Dass diese Kasmuna bei dem Überfall zerpflückt wird, habe ich mir ja schon an Ort und Stelle genüsslich ausgemalt, und es würde genau das sein, was meine hochmütige Geliebte am meisten kränken und verstören würde.
    Und auch das Verschwinden ins Nichts könnte ihr schlaflose Nächte bereiten!
    Aber diese Version hat einen echten Schönheitsfehler. Denn die Begleittruppe aus Cordoba hat sie ja gewiss sicher bis vor die Tore Granadas gebracht und wird dann umgekehrt sein, um zu Haus zu versichern, die Dame sei heil und unversehrt angekommen. Wenn ich die Shorta richtig einschätze,wird sie nicht einmal den »kleinen Zwischenfall« am Wegesrand erwähnt haben.
    So ist diese Variante leider nur ein Spielchen für mich selbst.
    Die dritte Schilderung kommt der Wahrheit am nächsten, aber auch nur ungefähr. Denn Kasmuna war ja nicht im Hause ihres Onkels unter den Leichen, wie mir versichert wurde: »Von einem Gast aus Cordoba wissen wir nichts!« Und wenn es auch unwahrscheinlich ist, so könnte sie doch noch irgendwo stecken; vielleicht als Hure und Haussklavin eines grobschlächtigen Berbersoldaten. Aber um so etwas nicht in den Bereich der Möglichkeiten zu bringen, habe ich in dieser Fassung gleich alle »verschwinden« lassen.
    Dass ich die Perlen habe, ist so am überzeugendsten– und sie sind für Valadas Augen ganz gewiss das Unterpfand für die Wahrheit meines Berichts.
    Ich gestehe mir

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