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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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Mandelaugen, schimmernd von Tränen   –, als hätte ich Allah mitsamt seinem Propheten gelästert.
    »Begreifst du nicht? Es ist mein Vater!«
    Ich seufze. »Glaub mir, wenn ich irgendeine Gelegenheit gesehen hätte, den meinigen irgendwie wegsperren zu lassen, bevor er all die Dummheiten beging, die er mit Regieren verwechselte   – ich wäre haushoch gesprungen!«
    »Valada! Sie werden ihn foltern!«
    »Ist das so?«, sage ich, nun doch betroffen. Um dergleichen habe ich mich nie gekümmert. Der einzige Kerker, den ich bisher von innen gesehen habe, ist der, aus dem ich Ibn Zaydun befreit habe, und von Folter war da nichts zu sehen. Aber als ich dort war, gab es auch anderes, was meine Aufmerksamkeit fesselte . . .
    Ich gehe im Raum auf und ab, pendele zwischen meinem Diwan und dem Schreibpult, von dem mich Muhdja aufgestört hat, entgegen aller Übereinkünfte, denn wenn eine von uns arbeitet, lässt man sie in Ruhe und entfernt sich auf den Zehenspitzen.
    »Nun, vielleicht könnte man mit einem Beutelchen voll Dirhems erreichen, dass die Folterknechte, in übertragenemSinn, statt kochenden Essigs laues Wasser verwenden! Ich bin gern bereit . . .«
    Sie unterbricht mich, fasst nach meinen Händen, zwingt mich, bei ihr stehen zu bleiben. »Meine Prinzessin! Ich weiß, dass du von solchen Dingen nichts wissen willst. Du lebst in deinem Haus voll Licht und Leben, voller Musik und schöner Worte und noch schönerer Liebe   – aber da draußen herrschen andere Regeln! Es geht um viel Geld. Und es geht um die Reputation Cordobas vor den ausländischen Kaufleuten. Es wird ein Gerichtsverfahren geben, und zur Abschreckung wird man ihn . . . man wird ihn hinrichten. Ich bin mir sicher. Es hat schon ähnliche Verfahren gegeben. Mein Vater, Kasim, der Feigenhändler, ist dem Tod geweiht.«
    Sie hat ernst, eindringlich gesprochen, und es hört sich sehr, sehr glaubhaft an.
    Ich bin ja nicht aus der Welt gefallen, auch wenn ich mich in meiner . . . Burg eingerichtet habe. Ich habe im Alcazar gewohnt, und   – wenn ich es auch einmal verhindert habe   – ich kenne abgeschlagene Köpfe, aufgespießt und zur Schau gestellt auf den Mauerzinnen, und die Vergehen derer, die so vom Leben zum Tode kamen, bestanden oft nur darin, einen zweifelhaften Würdenträger verärgert zu haben. (Diese scheußlichen Köpfe verfolgten mich in meinen Mädchentagen bis in den Traum.)
    Meine kleine Muhdja dauert mich. Ich mache mich von ihr los.
    »Du kennst den Richter, Kadi Ibn Al Dakhil«, sage ich. »Er ist ein Gast meiner Feste, hin und wieder bringt er einen leidlichen Vers zustande, und sein Interesse gilt Mädchen aus dem Maghreb, insbesondere aber blutjungen Schwarzen, die ich ihm an diesen Abenden zur Verfügung stelle, wenn auch ungern. Er hat schlechte erotische Manieren, aber man kann so einen wichtigen Mann nicht verärgern. Vielleicht könnte ich ihn zu mir bitten und mit einem Geschenk geneigtmachen, deinen Vater auf irgendeine Weise zu . . . übersehen. Wie man weiß, ›verschwinden‹ ja Gefangene manchmal mir nichts, dir nichts aus dem Gewahrsam.«
    Und da kommt mir ein Einfall.
    »Erinnerst du dich an das Mädchen, mit dem mich Ibn Zaydun damals . . . in den Dreck gezerrt hat?« Eigentlich will ich sagen: gedemütigt hat, aber meine Zunge sträubt sich, denn eine Prinzessin der Omayaden demütigt man nicht.
    »Nazik?«, sagt Muhdja hastig, und ihre Augen weiten sich. Sieh da, sie weiß sogar noch den Namen.
    »Ja, so hieß sie wohl«, erwidere ich. »Ich habe sie schon länger nicht mehr gesehen, warum auch immer. Trotzdem. Es wäre mir lieb, wenn sie aus dem Haus verschwindet. Allein, sie da hinten irgendwo im Sklaventrakt oder in der Küche zu wissen, ist eigentlich . . . störend. Was hältst du davon? Ich werde den Kadi zu mir bitten und ihm die Sache vortragen, ihn fragen, was er ausrichten kann. Und als Anreiz   – du kannst es auch Bestechung nennen   – schenke ich ihm das Mädchen. Sie ist zwar kein ungerittenes Fohlen mehr, aber immerhin müsste es ihm eine Ehre sein, seinen Daumen in den gleichen Honigtopf zu stecken, der auch schon den großen Poeten beherbergt hat. Was meinst du?«
    Und da fällt mein kleines Weibchen mir zu Füßen und bricht in einen Strom von Tränen aus, gegen den ihr Gejammer vorhin ein kleines Vorspiel war . . .
    Ich verstehe sie nicht. Was in aller Welt hat sie?
    MUHDJA.
    Allah, erbarme dich meiner!
    Über meinem Haupt schlägt das Unheil zusammen wie eine große

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