Valadas versinkende Gaerten
Und tatsächlich beginnt die Menge, sich zu zerstreuen . . .
Es ist so schrecklich einfach, sie zu gängeln.
Hier und da fliegt noch halbherzig ein Kohlstrunk. Da und dort flackert noch einmal das Lied auf: »Beherrscher der Gläubigen, zieh bei uns ein . . .«
Schließlich ziehen sie ab.
Sodass es nun doch so aussieht, als könne ich mich den Vorgängen zuwenden, die hinter mir im Inneren des Palastes ablaufen.
Die Würdenträger Cordobas, die Söhne der großen arabischen Familien der Stadt, haben die Gelegenheit benutzt, sich still und heimlich zu verdrücken. Ich schätze das an ihnen: dass sie gar nicht erst versuchen, Stellung zu beziehen, und lieber gleich den Problemen den Rücken kehren. So bleibt mir freie Hand, die Dinge zu regeln.
Meine gut geschulten Beamten sind schon in »Übergabeverhandlungen« mit den Männern aus Sevilla, und Al Mutadid veranstaltet ein Probesitzen auf dem Omayaden-Thron.
Ein eigenwilliger Herrscher, nicht so lenkbar wie Abd Al Malik. Die Zukunft wird nicht leicht.
Im Übrigen dreht sich alles, wie sollte es anders sein, um Valada.
Mit Augen wie Brunnenschlünde sitzt sie jetzt im Hintergrund auf ein paar Kissen und drückt ein Stück Leinen auf die Wunde an ihrem Hals. Zwei rasch herbeigerufene Ärzte umkreisen sie und werden von ihr immer wieder unwillig abgewiesen.
Auf der Terrasse suchen mehrere Sklaven unter Aufsicht eines scharfäugigen Eunuchen nach den Perlen der zerrissenen Kette. Dass ja keine verloren geht!
Schließlich ist ein Beutel damit gefüllt. Der Eunuch nähert sich der Prinzessin und überreicht ihr katzbuckelnd das, was man aufgelesen hat, und sie greift danach und lässt es achtlos in der Tasche ihres Ärmels verschwinden.
Vor ihr stolziert der Mann, der sie mit dem Messer verletzt hat, Al Mutamid, auf und ab und versucht, in einer Mischung aus Unterwürfigkeit und Arroganz, sein Verhalten zu erklären.
Es sei nun einmal, so legt er dar, der einzige Weg gewesen, das Pack davon abzuhalten, den Alcazar zu stürmen.
Ich erwarte Valadas Antwort, ein trotziges: »Das hätten sie auch tun sollen!«
Aber sie sagt nur ernst und abweisend: »Das war kein Pack. Das waren die treuen Anhänger des rechtmäßigen Kalifen.«
»Prinzessin!«, mische ich mich ein. »Es hätte ein Blutbad gegeben! Glaubst du, diese Männer hier . . .«
»Sei still!«, sagt sie verächtlich. »Tu du, was du für richtig hältst, ich tue das meine.«
(Ich sehe mich verstohlen um. Irgendwo da hinten zwischen den braun und schwarz verzierten Säulen des Saals steht die verhüllte Gestalt, die ich vorhin schon bemerkt habe, steht da und hört und schaut. Ibn Zaydun, wer sonst.)
Al Mutamid verfolgt unseren Wortwechsel mit spöttischverzogenen Lippen. Er ist ein schlaksiger Bengel mit hübschen Augen, aber ich könnte mir denken, er ist mit allen Wassern gewaschen und steht seinem Vater in nichts nach.
Im Moment zieht er gerade, nach der halbherzigen Entschuldigung eben, die harten Saiten auf.
»Nach dem, was Ihr eben getan habt, Prinzessin, müsst Ihr verstehen, dass mein Vater, als der erwählte Stellvertreter des letzten Kalifen, von Euch einen Huldigungsschwur verlangen muss. Wir müssen Eurer Loyalität sicher sein.«
Valada sieht starr an ihm vorbei und drückt das Tuch auf die Schnittwunde.
»Es gibt keinen letzten Kalifen, und Euer Vater ist der Stellvertreter von einer Sänfte voll Luft. Wie sollte ich einem Mann huldigen, der sich die Macht erschlichen hat? Abgesehen davon hat noch nie ein Abkömmling des Propheten – und ich bin, wie Ihr wisst, eine Nachfahrin – einem anderen Herrscher einen Treueid geleistet, wie immer der sich auch bezeichnen mag.«
»Sie ist halsstarrig!«, ruft der Alte mit dem unbewegten Gesicht uns vom Thronsitz her zu. (Offenbar kann er weit hören.) »Sie stört.«
Valada gönnt ihm nicht einmal eine Kopfwendung. Erhebt nur ein bisschen ihre Stimme. »Ich störe, ja. Ich habe vor, zu stören. Ihr geltet doch als die Rachsucht in Person, Fürst Al Mutadid von Sevilla. Warum lasst Ihr nicht gleich das Richtschwert und das Blutleder herbeibringen und macht mich einen Kopf kürzer? Das Volk von Cordoba wird Euch gewiss für dieses Schauspiel lieben!«
Ich sehe, wie Al Mutadid rot wird vor Wut.
»Wir wollen doch keine Schärfe in diese unsere Verhandlungen tragen, Prinzessin – Fürst!«, sage ich beschwörend.
»Verhandlungen? Pah!«, wirft Valada ein und verzieht verächtlich die Lippen.
»Die Ereignisse sind, wie sie nun
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