Valadas versinkende Gaerten
neige den Kopf.
»Hochwürdiger Gebieter«, sage ich laut und gemessen, »ich grüße in Euch den Stellvertreter des Kalifen und somit den neuen Herrn Cordobas. Sicher wird Abd Al Malik, derSohn der Banu Yahwar, Euer Anrecht auf den Thron anerkennen und sich bald endgültig auf seine Güter zurückziehen. Was mich angeht, so bitte ich Euch demütig, als Euer Hadjib hier in Cordoba meine Dienste anbieten zu dürfen.« Ich wage ein Lächeln. »Schließlich kenne ich mich hier aus.«
Al Mutadid lacht polternd. »Ihr seid ein gerissener Hund, Ibn Abdus, und wie ich sehe, Herr der Lage. Erhebt Euch. Eure Bitte sei Euch gewährt.«
Im Saal ist es so still, als seien der Emir und ich allein hier. Ein bleierner Vorhang umgibt mich und das, was alle als meinen Verrat ansehen werden. Selbst die Begleiter Al Mutadids sind zunächst sprachlos.
Und die Vornehmen Cordobas, die hier versammelt sind? Sie werden mich zunächst einmal verachten, bis sie sich daran gewöhnt haben, dass es sich in einem Cordoba unter der Führung Sevillas nicht besser oder schlechter lebt als unter den Banu Yahwar.
Dann erst werfe ich einen Blick auf Valada und merke meinen Fehler: Ich hätte mich zuerst mit ihr beschäftigen, sie einbeziehen müssen. Jetzt ist es zu spät.
Die Nachkommin der Omayaden hat sich erhoben – eine weiße Flamme des Zorns.
Mit ihren weit ausholenden Schritten geht sie an mir vorüber (ihr Mantel streift mich wie ein Schlag einer Peitsche) und hin zu dieser leeren Sänfte.
Die Träger, die sich ihr in den Weg stellen wollen, wischt sie gleichsam mit einer heftigen Handbewegung fort. Sie umkreist das Vehikel, begutachtet es von allen Seiten, als sei sie eine Käuferin auf dem Basar, hebt die Vorhänge an, verharrt einen langen Moment.
Die Männer im Audienzsaal, die aus Sevilla und die aus Cordoba, sehen regungslos zu. Ich versuche, die Stimmung zu zerstören, mahne vorsichtig: »Prinzessin . . .«
»Still, Verräter, Überläufer!«, sagt sie halblaut.
Nun hat sie das leere Ding da im Rücken und beginnt mit jener klingenden Stimme, der man einfach zuhören muss: »Ich habe mir eben vorgestellt, dass ich wie ein Hund an dieser Sänfte erschnüffeln könnte, wer zuletzt darin gelegen hat. Aber selbst bei so einer kleinen Aufgabe versagen wir einfachen Menschen.
Was mir aber mein Kopf sagt, auch ohne dass ich Augen, Ohren und Nase eines Hundes einsetzen muss: Hinter diesen Vorhängen hat niemals ein Kalif Hisham gesessen. Und um das zu wissen, muss ich nicht seine Anverwandte sein. Ich wiederhole es: Hinter diesen Vorhängen saß niemand. Niemand.«
Ohne sich umzudrehen, zerrt sie mit der Hand den Sänftenvorhang hinter ihrem Rücken zu. Keiner unterbricht sie, als sie sich nun an Al Mutadid wendet.
»Ich wollte, ich hätte zu Engeln eine so nahe Beziehung wie der erlauchte Emir. Er braucht, wie man hört, nur die Augen zum Schlaf zu schließen, und schon sind sie da und vertrauen ihm alles an, was er hören möchte. Ob er mir wohl mehr über sie erzählen könnte? Zum Beispiel, ob sie sich berühren lassen. Aus welchem Stoff sind ihre Gewänder? Und wie sie riechen. Benutzen sie vielleicht ein himmlisches Duftwasser? Ich würde darauf brennen, es auch zu nehmen.«
Sie lacht auf, grell und freudlos.
»Das ist Gotteslästerung!«, ruft einer aus dem Gefolge des Emirs.
Ihr Kopf fährt herum. »Wer hat das gesagt?«, fragt sie scharf. »Wer wagt, mich der Lästerung zu zeihen von denjenigen, die ein frevelhaftes Spiel mit unseren heiligen Traditionen spielen? Das Kalifat ist von Mohammed selbst eingesetzt, es kommt direkt vom Himmel. Ihr aber, ihr habt das Volk von Cordoba, ihr habt vor allem mich, die Letzte meines Stammes, zum Narren gehalten.«
Ihre Stimme steigt an, tönt nun voll wie eine große Glocke.
»Es gibt keine Macht und keine Majestät außer bei Allah, dem Erhabenen und Allmächtigen, und Ihr, Emir von Sevilla, habt Euch versündigt an dem Heiligsten, was es unter Gottes Sonne gibt: dem Vertrauen der Gläubigen in das Wort des Propheten, dem Vertrauen der Untertanen in ihre Herrscher.
Ihr bringt uns eine Sänfte voll Wind – wundert Euch nicht, wenn Ihr Sturm erntet.«
Sie wirbelt weiß leuchtend auf der Ferse herum, und bevor es sich jemand versieht, ist sie draußen, auf der Terrasse der Gerechtigkeit.
Der vielstimmige Jubelschrei des Volkes empfängt sie. Dann, wie Blätter, die der Wind aufwirbelt, will das Lied aufsteigen, hier und da, wie in den letzten Tagen, sich vereinen zum
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