Valadas versinkende Gaerten
stehen, und schreiben, soviel ich weiß. Sie könnte sehr wertvoll sein für jemanden, der Informationen aus einem Haus braucht. Soll ich sie dir schenken? Schleuse sie irgendwo ein. Sie wird dir von Nutzen sein.«
»Valada, hör auf! Du weißt . . .«
»Ich reime mir nur was zusammen.«
Suad bringt den frischen Wein, und sie trinken. Schweigen. Die Stille lastet.
Valada lehnt sich zurück, verschränkt die Arme hinterm Kopf.
Er merkt, sie ist noch nicht fertig mit ihren Forderungen.
»Eine vernünftige Ordnungstruppe, nicht diese schläfrige Shorta«, zählt sie beiläufig auf. »Du musst diese Männer besser bezahlen. Gute Offiziere sollten sie anleiten. Und gut bezahlt werden.«
»Ja, Herrin.« Er lässt seine Augen nicht von ihr. Keinen Moment.
»Die armen Leute müssen in die Lage versetzt werden, ihre Häuser und Straßen zu erneuern. Ich hatte ja keine Ahnung, wie schrecklich es da aussieht. Du musst . . . vielleicht die Steuern umverteilen?«
»Ja, Gebieterin.«
»Mir fällt gewiss noch mehr ein.«
Er verkneift sich eine Geste der Ungeduld. »Ich bin sicher. Wenn wir schon beim Aufräumen sind«, sagt er dann, »sollten wir doch auch gleich die Siedlung des Gesindels am Fluss und in der Ruine des alten Palastes . . .«
»Nein!« Nur ein Wort, mehr nicht.
»Aber warum nicht . . .«
»Weil ich es nicht will. Solange wir Cordoba mit Vernunft regieren, werden sie uns nicht behelligen. Diese dort sind unsere Gegenseite. Kein Licht ohne Schatten. Keine Sonne ohne Mond. Eine Kraft bedingt die andere. So ist die Welt. Sie waren unsere Söhne und Töchter. Irgendwann haben wir sie im Stich gelassen, und wir haben nicht das Recht, sie zu behelligen, wenn wir sie schon nicht nach Haus holen können.«
»Was für ein Gedanke!«
»
Mein
Gedanke. Versprochen?«
»Alles versprochen, Herrin.« (Wie mag sie zu dieser ihrer Erkenntnis kommen? Kann sie jemals mit einem von
denen
in Berührung gekommen sein? Es soll da einen »König« geben, hat er gehört. Nein, er wird nicht fragen. Versprochen.)
Es ist später Nachmittag geworden. Und sie sitzen sich gegenüber wie die zwei letzten Figuren auf dem Schachteppich. Wer schlägt wen? Stille. Sie zögert. Sagt dann beiläufig: »Aber du willst nicht wirklich zum Freitagsgebet, Wesir?«
»Warum nicht?« Seine Stimme klingt rau.
»Weil ich jetzt willens wäre, den Preis zu zahlen, der unsere Vereinbarung wert ist«, sagt sie. »Ab heute und immer, wenn du es wünschst und ich bereit bin dafür.«
Sie erhebt sich von den Polstern, und er sieht zu ihr auf.
Ihr Mantel fällt zu Boden. Es folgt das Kamis, das Kleid mit den weiten Ärmeln. Ihre Ghilala ist aus Leinen, so hauchdünn, dass ihr Körper durchscheint.
»Sayyida Al Kubra!, große Herrin«, sagt er heiser.
Dann fällt auch dieses Untergewand, und der Hadjib Ibn Abdus kniet vor dem Leib seiner weißen Flamme und versenkt seinen Mund, seine Zunge zwischen ihren Beinen. Am Ziel seiner Mühen.
Sie sieht auf seinen graulockigen Kopf hinunter. Fasst ihn dann mit beiden Händen und dirigiert ihn nach ihren Wünschen.
VALADA.
Auch damit lässt sich leben.
Am Tag, nachdem ich mit Ibn Abdus mein Bündnis geschlossen habe, mit Worten und Taten (und seine Unersättlichkeit im Bett hat mich fast über den Verlust von jemand anderem hinweggetröstet), packe ich die Perlen, von meinem Hals abgerissen, so wie man sie auf der Terrasse am Tor der Gerechtigkeit aufgelesen hat (sicher werden ein paar fehlen!), und lege sie in ein poliertes Kästchen aus Ebenholz – eine derKostbarkeiten, so wie sie die Kaufleute aus den fernen Ländern des Ostens mitbringen. Innen ist es ausgeschlagen mit schwarzer Seide, und die matt schimmernden Perlen nehmen sich gut aus darin. Dann tauche ich das Rohr in die Tinte und schreibe auf das feinste Pergament, das ich sonst nur für meine Gedichte benutze, einen Brief an Ismael Ibn Jeschulla, den Vater Kasmunas. Darin bitte ich ihn, aus meiner Hand zurückzunehmen, was seiner Tochter gehörte. Falls ihm zu Ohren gekommen sein sollte, aus welchem Anlass ich den Schmuck getragen habe und wie es dazu kam, dass die Kette zerriss, so wird er, schreibe ich, hoffentlich verstehen, dass es geschah, um seine Tochter zu ehren und sie, auch wenn sie nicht mehr unter uns weilt, teilhaben zu lassen am großen Geschehen.
Ich schreibe ihm, dass in meinem Herzen immer eine Wohnstatt für Kasmuna ist. Und ich schreibe, dass er und seine Gemeinde, gleich mit welcher Bitte sie zu mir kommen würden,
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