Valentina 3 - Geheimnisvolle Verführung: Roman (German Edition)
damit beschäftigt, Bilder zu machen, und drängeln um den besten Platz. Niemand bemerkt Valentina und ihre Furcht. Es scheint ihr als grausame Ironie, dass diese Leute Valentina und ihre Qual nicht sehen, weil sie fotografieren. Als befände sich eine unsichtbare Wand zwischen ihnen. Hat sie die Fotografie ihr Leben lang so benutzt? Wie eine Rüstung, die sie davor schützte, wirklich am Leben teilzuhaben?
Glen führt sie die Stufen hinunter und um die untere Aussichtsplattform herum. Die Besucher versammeln sich auf der Ecke zum Empire State Building, Glen jedoch führt sie zur Rückseite der Plattform mit Blick auf den Park, ein schwarzes Loch in der New Yorker Skyline.
Er geht auf die Plexiglasscheibe zu.
»Na, du weißt doch, dass ich ein Perfektionist bin, Valentina. Und ich habe viele Talente.«
Er legt seine Hand gegen die Plexiglasscheibe. »Ich habe das seit Tagen, vielmehr seit Wochen vorbereitet. Ich habe auf dich gewartet, bis der richtige Moment gekommen war.«
Valentina sieht, wie Glen etwas Druck auf die durchsichtige Wand ausübt, und bemerkt entsetzt, dass sie sich bewegt. Aus den Augenwinkeln blickt sie zu Glen, und zum ersten Mal glaubt sie, dass er seine Drohung tatsächlich wahrmachen wird. Er wird sie umbringen. Valentina versucht, sich von ihm loszureißen. Sie achtet nicht mehr auf das Messer. Soll er sie doch erstechen. Das ist ihr lieber, als über den Rand des Gebäudes zu stürzen.
»Benimm dich«, zischt er und versucht, sie mit der freien Hand zu bändigen, während er mit der anderen stärker gegen die Plexiglasscheibe presst. Sie knackt und gibt allmählich nach. Unter Valentina blitzt die Stadt auf. Sie kämpft mit einer Ohnmacht, ihr Kopf dreht sich, und das Schwindelgefühl macht es ihr unmöglich, sich zu wehren.
»Ach, hast du Höhenangst?« Glen kichert.
»Lass sie los!«
Glen reißt den Kopf herum, und Valentina schlägt das Herz bis zum Hals. Sie erblickt Thomas, der zusammen mit Leonardo auf der anderen Seite der Aussichtsplattform steht. Ihre zwei Männer sind bereit, für sie zu töten.
Ein Sicherheitsbeamter läuft auf sie zu.
»He, was ist hier los?«
Glen zückt das Messer. Wieder spürt Valentina die kalte Klinge an ihrem Hals. Der Wachmann bleibt abrupt stehen und zieht sein Funkgerät aus dem Holster.
»Nein, nein, nein«, mahnt Glen, als würde er ein böses Kind schelten. »Steck das weg, sonst schlitz ich ihr den Hals auf!«
Die erschrockenen Touristen sammeln sich in einer Traube hinter dem Sicherheitsbeamten. Jemand schreit.
»Jetzt bleiben wir alle schön ruhig«, wendet sich Glen an die Zuschauer. »Das hier ist in Kürze vorbei.«
Er versetzt der Plexiglasscheibe einen letzten Stoß, sie fällt heraus und saust pfeifend wie ein Wurfgeschoss an der Seite des Rockefeller Centre hinunter. Die Menge schnappt nach Luft, ein Kind beginnt zu weinen. Glen drückt das Messer gegen Valentinas Hals. Sie spürt, dass sich die Spitze ganz allmählich in ihre Haut bohrt. Ihr Gesicht ist gen Himmel gerichtet, aber aus dem Augenwinkel sieht sie Thomas und Leonardo, die wie zwei Raubtiere aussehen, jeden Moment zum rettenden Sprung bereit.
»Halt dich zurück, Thomas. Ich schlitze ihr den Hals auf, mein Freund …«
Inmitten ihrer Angst, inmitten des Durcheinanders aus wirren Gedanken durchschießt Valentina für einen kurzen Moment die Erkenntnis glasklar. Ihr kann niemand helfen, sie muss sich selbst retten. Wenn Leonardo oder Thomas einen Schritt nach vorn machen, wird Glen ihr den Hals aufschlitzen. Denk nach, Valentina, denk nach ! Aber ihr Herz schlägt so heftig, und ihr ist so schwindelig so weit oben. Wäre es nicht leichter, einfach nachzugeben und zu fliegen?
Glen zerrt sie mit sich auf das Sims. Sie spürt, wie der heftige Wind sie umfängt, zum Glück kommt er von hinten, sodass er sie hält. Es wird nicht leicht werden, dort hinauszuspringen. Valentina stellt sich den letzten Moment ihres Lebens vor. Glen und sie fliegen. Sein schwarzer Mantel bläht sich wie die Flügel eines Raben, während er Valentina mit sich in den Tod reißt. Werden sie sich auf dem Weg nach unten vereinen, oder wird Valentina bis zum Schluss gegen Glen kämpfen, während sie an den endlosen Mauern des Rockefeller Centre vorbeistürzen?
»Nein!«, hört sie Leonardo schreien. Seine Stimme drückt den Schmerz über ihren Verlust aus, bevor sie überhaupt gegangen ist. Valentina ignoriert den Druck des Messers an ihrem Hals, bewegt sich und tritt Glen heftig gegen das
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