Valentine
Hose.
Maurice verzog angewidert das Gesicht. Entweder waren ihm die schlechten Gepflogenheiten seines Vaters früher nicht aufgefallen , oder es war schlimmer geworden. Eigentlich kein Wunder, dass Maman mit einem solchen Mann nicht mehr zusammenleben wollte. Aber wenigstens ihm , ihrem Sohn, hätte sie mal eine SMS schicken können, wo sie jetzt war und ob sie Aliénor gefunden hatte. Ihr Handy meldete stets , sie wäre nicht erreichbar.
»Na und? Wenn du sie aufgestöbert hast, setzt du sie dann auf den Folterstuhl?«
» Wenn ’s dich stört, geh zurück nach Oxford. Wäre sowieso besser, wenn du dich um dein Studium kümmerst. Versteh eh nicht, was du hier willst.«
» Papa! Aliénor ist fort, Maman ist fort – soll ich so tun, als ob nichts passiert wäre? Ich will wissen, wo die beiden sind und ob ’ s ihnen gutgeht! Wieso kapierst du das nicht? «
Geoffreys Grinsen war breit und gehässig. »Ach, Mister Superschlau. Glaubst wohl, du hast mehr drauf als meine Leute? Was haste denn bisher dafür getan? Verfolgste schon eine heiße Spur? «
Maurice schwieg. Leider hatte sein Vater recht. Er hatte nicht den Funken einer Ahnung, wie er es anstellen sollte, die beiden zu finden. Es gab keinerlei Hinweise auf ihren Verbleib.
»Also, was haben wir?« Grußlos betrat Geoffrey den Besprechungsraum, in dem die Projektion eines Beamers die Großaufnahme eines Vampirgesicht s zeigte, das mit gefletschten Zähnen direkt in die Überwachungskamera eines Nachtclubs starrte.
» Sie waren zu dritt .« Ryad schaltete auf zwei weitere Fotos um, eines davon war durch die schnelle Bewegung des Vampirs unscharf.
»Vier Uhr dreiundzwanzig. Der Club hat um vier Uhr geschlossen«, kommentierte Ryad. »Sie haben ganz gezielt gewartet.«
In kurzer Folge waren mehr Bilder des Überfalls zu sehen. Die Vampire hatten ihren Opfern vor dem rückwärtigen Eingang aufgelauert, der ausschließlich von den Angestellten des Clubs benutzt wurde. Die beiden Barkeeper, eine Barfrau und zwei Stripperinnen verließen gemeinsam das Etablissement. Sie hatten keine Chance. Ehe sie begriffen, was geschah , und um Hilfe rufen konnten, streckten die Vampire sie nieder und saugten ihnen ihr Blut aus. Dabei gingen sie ähnlich brutal vor wie bei anderen Überfällen und verstümmelten die Leichen fast bis zur Unkenntlichkeit. Dass sie dabei gefilmt wurden, schien sie nicht zu stören.
Maurice schloss zwischendurch immer mal wieder die Augen. Die Bilder waren unerträglich brutal. Überall Blut, Sehnen, Leichenteile. Er versuchte , sich einzureden, dass dies nur ein Film wäre, aber natürlich half das nichts. Sein Magen rebellierte , und er stand kurz davor , sich zu übergeben.
»Da!« Ryads Stimme veranlasste ihn, die Augen wieder zu öffnen. »Dort müssen wir sie suchen.« Das letzte brauchbare Bild zeigte, wie die Mörder die Treppe der nahe gelegenen U-Bahn -S tation hinunterliefen. Dabei waren sie nicht allein. Sie zerrten eine junge Frau mit sich.
»Wer ist sie? Ein Gast aus der Bar oder eine Nutte vom Straßenstrich ? «, fragte Geoffrey in nüchternem Tonfall .
»Nein , eher ein Opfer, das sie schon längere Zeit mit sich schleppen «, erwiderte Ryad und klickte um einige Bilder zurück. Dann leuchtete er mit dem Spot der Fernbedienung auf eine bestimmte Stelle im Bild. Die Fremde lehnte mehr tot als lebendig an einer Hauswand, vollkommen unbeteiligt am Geschehen.
»Vorschläge?«, knurrte Geoffrey.
»Die sind längst über alle Berge«, meinte Jens, einer der Vampirjäger. »Hat keinen Sinn , nach ihnen zu suchen. Die sind zu schnell.«
» Eher nicht «, widersprach Ryad. »Die sind so satt und fühlen sich so sicher im Untergrund , dass sie wahrscheinlich in nächster Nähe des Tatorts ihren Blutrausch ausschlafen. Wir sollten auf jeden Fall versuchen, das Mädchen zu befreien .«
Geoffrey winkte ungehalten ab. Dass sich anscheinend eine Frau in der Gewalt der Vampire befand, schien ihn nicht zu interessieren, als trügen die Opfer selbst Schuld daran, wenn sie in eine solche Lage gerieten. »Es ist gar nicht sicher, dass es sich um einen Menschen handelt, kann genauso gut eine Vampirin sein«, knurrte er. »Was geht uns das an ? «
»Hm, ich denke, dass es ein junges Mädchen ist, das sie schon länger mit sich herumschleppen«, wandte Ryad ein. »Eine Art Lustsklavin.«
Geoffrey bedachte ihn mit einem Blick, der so viel bedeuten konnte wie »Woher willst du das wissen?«, widersprach jedoch nicht. Offensichtlich hielt er
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