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Valentine

Valentine

Titel: Valentine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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wohl gehofft, das Elfenblut würde sich nicht mehr durchsetzen, als Aliénor erwachsen wurde. Elfenmischlinge sind äußerst selten, es fehlen Erfahrungswerte.«
    Aha . Der Kerl war wohl Gedankenleser und befürchtete offenbar nicht, dass Maurice seinem Vater von diesem Gespräch erzählen würde. »Und was hat Aliénor zu alldem gesagt?« Auch wenn sie und Geoffrey sich nie besonders gut verstanden hatten, so war er immerhin ein vertrauter Mensch für sie gewesen. Ausgerechnet von ihm so brutal behandelt zu werden musste ein weiterer großer Schock gewesen sein.
    »Ihre Meinung hat deinen Vater nicht interessiert. Du hast ja selbst erlebt, wie er sein kann. Und am nächsten Tag war sie fort.«
    Allmählich begann Maurice zu begreifen. Seine Schwester – nein, meine Cousine, verbesserte er sich in Gedanken – war also aus Angst geflohen. Die Ungewissheit, eine Zukunft als Elfe zu führen, irgendwo in der Fremde, war offenbar weniger beängstigend, als sich Geoffreys Brutalität auszusetzen. Dennoch gab es da etwas, was er überhaupt nicht verstand.
    »Wie schafft er es, sie so sehr zu hassen? Sie hat doch bei uns gelebt, als wäre sie seine Tochter! Ich hatte nie das Gefühl, da ss irgendetwas anders gewesen wäre.«
    »Für ihn macht das keinen Unterschied, ob Familie oder nicht. Das solltest du doch eigentlich wissen, hm?« Ryads helle Augen funkelten im spärlichen Licht der Zigarettenglut, als er einen Zug nahm. »Er hasst einfach alles Paranormale , und ihm ist jedes Mittel recht, um es zu vernichten.«
    »Warum eigentlich? Warum ist er so?« Maurice versuchte , sich zu erinnern, wie er selbst als Kind und Jugendlicher seinen Vater erlebt hatte. Aber alles , was ihm einfiel, war, dass sein Vater viel gearbeitet hatte, teilweise auch am Wochenende , und sich wie ein Despot benommen hatte, wenn er zuhause war. An irgendeine liebevolle Geste oder ein normales Gespräch erinnerte er sich nicht.
    »Wenn du schon so viele verstümmelte Leichen gesehen hättest, die auf das Konto von Vampiren gehen, würdest du ihn verstehen. Das deformiert dich.«
    »Ach, als ob wir Menschen so viel besser wären«, spottete Maurice. »Krieg, Folter … Menschen können auch zu Bestien werden. Mein Vater ist dafür ein lebendes Beispiel.«
    Ryad zuckte mit den Schultern. »Mag sein. Aber es geht immerhin um die Verteidigung unserer Art.«
    »Hm. Und Elfen? Wie sind die so?«
    »Darüber ist nichts bekannt. Spielt letztlich auch keine Rolle, wenigstens nicht für Geoffrey. Er macht Aliénors Elfenvater dafür verantwortlich, dass seine Schwester Marie den Kontakt mit ihm abbrach. Geoffrey gibt ihm sogar die Schuld für ihren frühen Tod, obwohl ich das für Blödsinn halte. Sie wird halt im Kindbettfieber gestorben sein.«
    Maurice schoss ein klärender Gedanke durch den Kopf: sein Vater musste mehr für Marie empfunden haben als brüderliche Liebe. Er war womöglich eifersüchtig gewesen und hatte sie für sich behalten wollen. Hatte er Aliénors wahre Eltern umgebracht?
    Ryad stand auf und gab dem Bierkasten einen Tritt, so dass er im Dunkeln verschwand . »Geoffrey wird Aliénors Elfengestalt niemals akzeptieren. Entweder kann sie erfolgreich operiert werden , oder sie stirbt. In seinen Augen wäre es die größte Schande für ihn, wenn herauskäme, dass die Ziehtochter des großen Vampirjägers ein paranormales Wesen ist.«
    »Wie kann ich Aliénor finden?«, entgegnete Maurice hilflos. »Ich habe keine Ahnung, wo ich sie suchen soll. Und auf ihrem Handy meldet sich immer nur die Netbox.«
    »In Frankreich, vermutlich irgendwo im weiteren Umkreis von …«, erwiderte Ryad ton los.
    Maurice wollte gerade fragen, warum ausgerechnet dort, da riss Ryad plötzlich den Kopf herum, um zu horchen, legte einen Finger auf die Lippen und lenkte den Lichts trahl der Taschenlampe in die entgegengesetzte Richtung. Er gab Maurice ein Handzeichen, ihm leise zu folgen, stieg vorsichtig über den Unrat hinweg, um jede s Geräusch zu vermeiden, und folgte einem schmalen Pfad entlang der Schienen bis zu einer Ausbuchtung in der Tunnelwand. Dort verschwand er, nachdem er vorsichtig um die Ecke gesehen hatte.
    Verflixt. Leise fluchend über die Unterbrechung im ungünstigsten Augenblick , folgte Maurice dem Vampirjäger, der unerwartet losspurtete. Der enge Gang mündete nach etwa zweihundert Metern in einer anderen Röhre. Quietschen und Rumpeln künd ig te n eine sich nähernde Untergrundbahn an. Ryad sprang hinab auf die Gleise und lief auf der

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