Valentine
selbst nicht, wie schnell sich die Dinge auf einmal veränderten. Zu schnell. Als liefe die Zeit davon.
Lächelnd wandte sie sich zu den beiden um.
»Du hast recht , Frédéric . Es ist etwas passiert .« Er hob erwartungsvoll die Augenbrauen. » Ich war in Köln und habe mir das Pentagramm angesehen.«
»Das Pentagramm unterm Dom?«, hakte Aliénor mit aufgerissenen Augen nach.
Valentine nickte.
E igentlich e ine merkwürdige Häufung von Zufällen , wenn sie es recht bedachte . Frédéric war zufällig zur rechten Zeit am richtigen Ort gewesen, um Aliénor zu retten. Andernfalls wäre sie bei dem Überfall der Unreinen, wie man eine Gruppe radikale r Vampire nannte , ebenfalls umgekommen. Und nun war sie selbst an genau de m selben Ort, nur weil sie die Inschrift mit eigenen Augen hatte sehen wollen, zufällig einem Menschen begegnet .
Waren das tatsächlich alles Zufälle? Der Hüter, ihr oberstes heiliges Wesen, hätte dies bestimmt verneint und eine Deutung parat gehabt.
»Und das – das sagst du so ganz nebenbei? Das ist ein Grund zum Feiern!« Ein Jauchzer kam über Aliénors Lippen, während Frédéric sprachlos vor Erstaunen seine Schwester anstarrte. Sie las in seinen Augen, dass in seinem Kopf ein Film ablief, was ihr hätte zustoßen können.
»Erzähl! Wie war es?« Aliénor umarmte Valentine impulsiv und packte sie dann an den Händen, um sie zu der antiken Recamière zu ziehen, die in Valentines Salon stand. Die Elfe war die E inzige, von der Valentine spontane Berührung en annehmen konnte, ohne sich dabei schlecht zu fühlen.
Sie sah abwechselnd vo m eine n zum anderen. »Ich konnte ja nicht auf ewig zuhause bleiben. Du selbst hast mich bedrängt , Frédéric, ich soll mir den Stein mit der Inschrift und dem Pentagramm ansehen , und das habe ich jetzt getan.« Endlich war es raus , und sie fühlte sich besser, als wenn sie ihn weiter belog .
Frédéric setzte sich den beiden Frauen gegenüber in einen Sessel und verdrehte kopfschüttelnd die Augen. Ihre Antwort war ihm zu einfach. Jemand anderem hätte sie wei s machen können, dass dies alles war. Hoffentlich drang er nicht auf weitere Erklärungen. Am besten kam sie ihm zuvor.
» Nun, ich finde ja schon, dass diese Inschrift und die Lage des Steins …«
Während sie zum Besten gab, für wie wichtig sie den Text einordnete und dass sie demnächst auch die Dombibliothek aufsuchen wolle, um die dort lagernden Schriften zu studieren, blieb Frédérics Gesicht ausdruckslos. Dann winkte er plötzlich ab.
»Okay, okay. Du willst uns nicht erzählen, was du noch erlebt hast – das ist in Ordnung. Ich will dich nicht bevormunden , und du darfst deine Geheimnisse für dich behalten . Aber denk immer dran, ich bin nicht nur für deine Sicherheit verantwortlich . Ich könnte es persönlich auch nicht ertragen, wenn dir etwas Schlimmes zustoßen würde .«
Jetzt redete er ihr ein schlechtes Gewissen ein. Nein, das würde sie nicht zulassen. Sie wollte und würde nicht auf ewig in seiner Abhängigkeit stehen. Jeder von ihnen hatte ein Recht auf ein eigenes Leben, auch wenn sie im selben Schloss wohnten.
Als er sich erhob , tat Aliénor es ihm nach , hauchte Valentine einen Kuss auf die Wange und flüsterte: »Manche Geheimnisse sind unter Frauen besser aufgehoben, nicht wahr?«
Hatte Aliénor etwas bemerkt?
Die beiden waren fast zur Tür hinaus, als Valentine etwas einfiel. »Frédéric?«
»Ja?« Er blickte sie erwartungsvoll an.
»Wieso bist du allein nach Hause gekommen ? « Sie verkniff es sich , darauf hinzuweisen, dass er Aliénor beschützen müsse. Bestimmt verstand er auch so, was sie meinte. » Ich dachte, ihr beiden trefft euch mit Aldin?«
Aliénor lachte. »Das Gespräch schweifte viel zu schnell von der Politik im Elfenland zu banaleren Problemen ab . « Sie sah Frédéric von der Seite an, grinste, dann bewegte sie ihre Flügel einige Male hin und her, und plötzlich waren diese nicht mehr zu sehen.
»Dein Vater hat dir gezeigt, wie du seine Flügel verbergen kannst!«, stellte Valentine staunend fest. »Wow, super.«
»Ja, jetzt könnte ich sogar mal unter Menschen gehen, ohne erkannt zu werden. Nur wird sich die Gelegenheit dazu kaum ergeben.«
»Wenn Elfen anfangen zu reden, ich sag dir …«, schmunzelte Frédéric.
»Na ja«, Aliénor sah ihn zärtlich an und kuschelte ihren Kopf an seinen Oberarm, » d a hat er sich ganz leise und unauffällig verkrümelt.«
Valentine machte eine an ihren Bruder gerichtete
Weitere Kostenlose Bücher