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Valeron der Barbar

Valeron der Barbar

Titel: Valeron der Barbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew J. Offut
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bedauerlicherweise nicht. Wie sehr er sich wünschte, er trüge die Rüstung eines Kriegers, nicht den Zierharnisch einer Palastwache. Ein echter Krieger hatte immer Feuerstein und Stahl bei sich.
    Wie lange er so hochgestarrt hatte, wusste er nicht. Die Kreatur über ihm bewegte sich weder, noch gab sie den leisesten Laut von sich. Als könne ihr Atem ihm etwas verraten, strengte Valeron seine Ohren an. Aber er hörte absolut nichts. Wird wohl ein Wesen aus der Schattenwelt der Hexer und Dämonen sein, dachte er, und dann: irgendein Geschöpf Lord Kroys aus der Endlosen Finsternis, keine atmende Kreatur. Er würde etwas ausprobieren! Gedankenschnell schwang er den Totenschädel zurück, zielte auf die Augen und warf.
    Die Augen bewegten sich! Der Schädel prallte von der Wand hinter der Kreatur ab und klapperte zerbrochen auf den Boden.
     
    Es bestand kein Zweifel mehr, die Augen befanden sich etwa zwei Mannshöhen über ihm, und sie waren dem Geschoß rechtzeitig ausgewichen. Wie hatte der oder das, dem diese goldenen Augen gehörten, gewusst, dass er den Totenschädel nach ihm schleuderte?
    Die Augen kehrten wieder in ihre vorherige Stellung zurück – und starrten.
    Valeron starrte zurück. Weder Angst noch Erleichterung bewegten ihn, sondern Grimm. Er hatte genug von diesem stummen Augenduell in der Finsternis. Er zog das Schwert und rief herausfordernd: »He! Was bist du? Komm, greif schon an, du Dämon Kroys! Ich spieß’ dich als Frühstück auf, das ich deinetwegen versäume!«
    Schweigen. Schweigen und der beharrliche Blick.
    Valeron dachte daran, selbst anzugreifen, kam jedoch gleich wieder von diesem Gedanken ab. Vor langem schon hatte er gelernt, nicht einfach auf etwas Unbekanntes einzustürmen; hatte gelernt, dass jeder, der sagte: »Im Zweifelsfall angreifen!« falschen Mut oder Dummheit bewies. Gewiss, es war sein Motto, und seinem Volk gefiel es, aber er wusste es besser, als dass er es hätte zur Gewohnheit werden lassen.
    Er duckte sich wieder und tastete um sich, bis er einen Knochen berührte, offenbar einen Oberarmknochen, und gleich daneben einen zweiten, vermutlich den des Unterarms. Er erhob sich und schob das Schwert in die Scheide zurück. Er balancierte einen Knochen in jeder Hand, dann schwang er die Linke zurück und warf, und gleich hinterher schickte die Rechte den Ellenknochen und zwar etwas rechts von den Augen – die Richtung, in die sie auswichen.
    Er traf. Mit fast metallischem Krachen prallte die Elle auf.
    Ein Zischen war zu hören, ein Scharren, die Augen tauchten höher, dann vernahm Valeron ein Klacken (von gewaltigen Kiefern?) – und wieder starrten die Augen reglos auf ihn hinab. Valeron fluchte. Er bedachte die Kreatur mit allen Schimpfworten, die ihm einfielen, und mit neu erdachten. Dann zog er das Schwert wieder aus der Hülle.

 
     
     

Er tat einen Schritt, zwei Schritte, fünf, sechs – die Augen waren näher, immer noch unbewegt –, sieben, und plötzlich wich die Schwärze dem blauweißen Licht der Alten. Es kam direkt aus den Wänden, und es blendete ihn, dass er blinzeln und die Augen halb zusammenkneifen musste. Er blieb überrascht, aber nicht übermäßig beeindruckt stehen, denn diese automatisch aufglühenden Lichter der Alten waren ihm nicht fremd.
    Er legte schirmend eine Hand über die Augen und blickte sich um.
    Die goldenen Augen gehörten einem monströsen Reptil: einer gestrandeten Seeschlange, vielleicht war es auch ein Drache. Es hatte schillernde Schuppen, und die fantastisch goldenen Augen glitzerten wie Edelsteine. Gold und Silber und Topas!
    Was bewachte diese Riesenschlange, deren Hals und Schädel sich mehrere Meter über dem Boden befanden und fast die Decke berührten? Ihr ausgestreckter Leib war gewiss zehn Meter lang.
    Das hier war auch weder Grube noch Gemach, sondern ein Tunnel. Wände und Decke waren aus dem glänzenden Trinitit der Alten. Der Boden war mit Gebeinen übersät, mit fast erhaltenen und zerstückelten Skeletten. Knochenschädel grinsten. Stoff-Fetzen lagen herum. Valeron nahm an, dass das Ungeheuer das Fleisch fraß und Knochen und Kleidung ausspuckte. Rüstungen oder Waffen sah er nirgends.
    Der Wächter dieses Todestunnels zischte. Er öffnete den Rachen und offenbarte glänzende Zähne, die aussahen, als wären sie aus dem gleichen bläulichen Metall wie das Schwert in seiner Hand – und sie waren so groß wie die halbe Klinge. Die Augen starrten zu ihm herunter. Die Kreatur schwang leicht hin und her,

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