Valeron der Barbar
Liebsten für eine Nacht näher kommen sahen. Die Soldaten grinsten über den Zustand des kräftigen Burschen, und musterten das Mädchen mit lüsternen Blicken. Offenbar war sie eine Sklavin, denn ihr Busen war unverhüllt, und eine Menge Busen war es, eine Augenweide. Nur ein kurzer smaragdgrüner Rock war um ihre üppigen Hüften unterhalb des Nabels geschlungen.
Als das Pärchen sich kaum noch zwei Meter entfernt befand, öffnete ein Wächter den Mund zu einer Bemerkung, da schwang der scheinbar Betrunkene den Umhang zurück und kam mit einer blanken Klinge von beachtlicher Länge auf die zwei Posten zu.
Für Männer, deren Blick einem aufreizend hübschen Mädchen gegolten hatte, legten sie ihre Hellebarden schnell an, doch der Angreifer war flinker. Er schlug die vorderste mit dem Schwert zur Seite und griff nach der zweiten. Er zog daran. Der Soldat stolperte vorwärts, und Valeron hieb ihm die rechte Hand am Gelenk ab. Blut spritzte, als der Bursche seine Waffe fallen ließ und die Linke auf den blutenden Stumpf drückte. Seine Augen rollten hoch, und er verlor vor Schmerz und im Schock das Bewusstsein. Der andere erstarrte und brach zusammen – mit Jherus Dolch in der Kehle.
Während Valeron sich nach dem Schlüsselring des einen Wächters bückte und den richtigen Schlüssel suchte, warf er dem Mädchen einen Blick zu. Das war eine Frau! Er hatte Branarierinnen mit weniger Mut gesehen. Gelassen wischte sie sich ihren gewellten Kris am Wams des Toten ab. Ihr Gesäß hob sich im Bücken wie zwei prächtige Kissen. Gebaut wie eine Kriegerin war Aleysha, und ein Kätzchen im Bett. Jheru dagegen war für das Bett gebaut – und sie war eine Kriegerin!
»Ich nehme die Drohung zurück, dich an den Fingern baumeln zu lassen. Jheru, wenn du dich für den Spott in deiner Stimme entschuldigst, als du mich ›Barbar‹ nanntest.«
Jheru schaute auf, und der Blick ihrer schwarzen Augen war völlig ernst. »Ich … ich meinte keinen Spott, mein Lord. Ich achte Euch.«
Valeron staunte über die ruhigen Worte, die so gar nicht zu ihrer vorherigen Einstellung zu passen schienen. Er nickte nur flüchtig. »Gut. Du könntest eine Branarierin sein. Und …«
Es blieb ihm keine Zeit, seine Bemerkung zu beenden. Der kurze Kampf war nicht ungehört geblieben. Die drei weiteren Wächter bogen gerade um eine Ecke des Gefängnisses. Valeron wirbelte herum. Er hatte das Schwert schwungbereit ausgestreckt.
Der Schlüssel, den er inzwischen ins Schloss gesteckt hatte, glitt heraus und landete mit dem Schlüsselring klirrend auf dem Boden.
Valeron car Nadh stand mit gespreizten Beinen. Die sich ausbreitende Blutlache hinter ihm benetzte bereits seine Absätze. Die herbeistürmenden Carmeianer wurden beim Anblick seiner drohenden Haltung und ihrer beiden in ihrem Blut liegenden Kameraden langsamer. Vorsichtiger kamen sie näher und duckten sich ein wenig, dann trennten sie sich, um von drei Seiten auf ihn zuzukommen.
Hinter dem Branarier klickte der Schlüssel im Schloss.
Jheru ließ den Schlüssel los und sprang zur Seite, als die Tür weit aufschwang und die Branarier blinzelnd herausschwärmten. Der vorderste hob das Schwert eines Gefallenen auf und war mit einem Satz an Valerons Seite.
Die drei Carmeianer blieben mit weitaufgerissenen Augen stehen und starrten auf den so fremdländisch Aussehenden: er war völlig kahl, und flammend goldene Augen brannten in einem wimpern- und brauenlosen Gesicht.
Er war eine furchteinflößende Erscheinung, die nicht nur Kindern einen Schrecken einjagte – auch den carmeianischen Wächtern.
»Heihhh Branari!«
Die drei Wächter gingen schnell hintereinander für immer zu Boden.
Wenige Minuten später stürmten eine etwa achtzehnjährige Sklavin, ein Mann in der Uniform der kaiserlichen Leibgardisten, und zwanzig bartstoppelige Fremdländer den Militärposten des Raumhafens – und ein haarloser goldäugiger – Mann?
Valerons Adjutant packte den Zügel eines nervösen Pferdes. »Das Schiff auf der Abschussrampe, mein Lord – ich werde es aufhalten!«
Er und drei weitere schwangen sich in die Sättel der vor dem Tor angebundenen Reittiere der Raumhafenwache, und galoppierten quer über das Feld.
Die Branarier lenkten ihre Tiere die Laderampe des großen Schiffes hoch, das die schlanke Nase dem Himmel entgegenstreckte. Die drei Carmeianer oben auf der Rampe starrten auf die schäumenden Pferde, dann schätzten sie hastig die Entfernung zur Schiffsschleuse ab,
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