Valeron der Barbar
sicher.«
Valeron biss sich nachdenklich auf die Lippe. Über des Mädchens Schulter blickte er durchs Fenster. Schließlich gab er ihre Arme frei und schaute ihr ins Gesicht.
»Es wird nicht lange dauern, Aleysha. Und doch – jede Welt ist von der anderen zwei Tagesreisen entfernt und genauso viel von Carmeis – das sind allein schon vierzehn Tage im Schiff. Dann brauche ich eine Weile, alles zu erklären, alle unter einen Hut zu bringen, zu organisieren, die Schiffe zu beladen. Alles in allem können leicht fünfundzwanzig Tage vergehen, Aleysha.«
»Viel zu lange«, murmelte sie und schmiegte erneut ihr Gesicht an seine Brust. »Aber – es wird mir schon etwas einfallen. Ich werde auf Euch warten, Valeron. Ich werde warten.«
Als er ihr Kinn hob, um sie zu küssen, spürte er, dass sie zitterte.
Dann wurde sie ganz Kaiserin. Sie redete schnell.
»Ich werde einen Brief an Lexton von Maruthia schreiben – nicht diktieren, mit eigener Hand werde ich ihn schreiben. Und Jheru wird Euch begleiten, um Euch zu zeigen, wo Eure Männer gefangen gehalten werden. Ihr dürft sie nicht zurückschicken – zweifellos würde Darcus Cannu einen Weg finden, ihr die Wahrheit zu entringen. Und sie wird Euch auch von Wert mit Lexton sein. Ich werde behaupten, dass sie entführt wurde.«
Valeron lächelte. »Sie wirklich zu entführen, bedürfte es bestimmt dreier kräftiger Männer.«
Aleysha achtete nicht darauf. Sie war aufgestanden und beugte sich über ein Tischchen. Mit Federkiel und Tinte kritzelte sie Buchstaben auf dünnes Binsenpapier, Buchstaben, die der Kriegslord von Branarius nicht lesen konnte. Nach einem letzten Schnörkel legte sie die Feder zur Seite, hauchte auf das Papier und rieb Feuerstein auf Stahl, um eine Kerze anzuzünden. Sie ließ Wachs auf das gefaltete Papier tropfen und drückte ihren Ring darauf, ehe es erstarrte. Sie drehte sich um, um ihm das Schreiben auszuhändigen und blickte nachdenklich auf ihren Ring.
»Mein erster Brief als Kaiserin«, murmelte sie fast ehrfürchtig, »und ich schrieb ihn mit eigener Hand!«
Aus einem reichgeschnitzten Kästchen nahm sie einen Ring. »Lexton schenkte ihn mir zu meinem zehnten Geburtstag. Zeigt ihn ihm.«
Valeron nahm ihn und betrachtete ihn. Winzige feingearbeitete Silberröschen bildeten einen zarten Reif, der selbst für seinen kleinen Finger zu schmal war.
Aleysha schritt aufrecht und mit straffen Schultern durch das Gemach. Ihr weiches Haar wallte wie windbewegte Wogen. Sie sagte ein paar Worte zu der jungen Frau im vorderen Raum. Langsam kehrte sie zurück und blickte ihn an, der im Wams ihrer Palastwache am Rand ihres kissenübersäten Bettes saß.
»Mir ist innerlich plötzlich so kalt, Valeron. Wusstet Ihr, dass heute morgen alle Lichter – die Lichter der Alten – erloschen? In weniger als einer Minute flammten sie wieder auf.« Sie schaute zu den sieben Kugeln über ihrem Kopf hoch. »Doch während dieser kurzen Zeit erfüllte uns, uns alle, große Angst. Wo immer Ihr auch wart, auf Eurem Weg hierher – Ihr kanntet keine Furcht, nicht wahr?«
Doch, dachte der Kriegslord von Branarius. Auch ich empfand Furcht, doch aus einem anderen Grund! Ihre Worte bestärkten seinen Entschluss, über das zu schweigen, was er unter dem Palast gefunden hatte.
»Ja, Furcht ist in mir, Valeron, und ich darf sie niemandem zeigen – bis Ihr zurück seid. Furcht und Kälte!« Sie stellte sich dicht vor ihn. »Wärmt mich, Valeron«, flüsterte sie und war nicht mehr Kaiserin. »O bitte, wärmt mich, ehe Ihr mich verlasst, damit mir Eure Wärme und Stärke Kraft und Mut gibt, bis Ihr zurückgekehrt seid.«
Und Valerons gute Vorsätze kamen ins Wanken wie Mauern unter dem Ansturm von Belagerungsmaschinen. Er wärmte Aleysha, und so wurde die Kaiserin zur Frau.
11
Schwert und Raumschiff
Ein angeheiterter Krieger torkelte engumschlungen mit seinem Mädchen auf den fensterlosen Block zu, in dem die branarischen Soldaten gefangen gehalten wurden. Das quadratische Gebäude befand sich außerhalb der Stadt, etwa einen Kilometer vom Raumhafen entfernt. Täglich hörten die Gefangenen das verlockende Brausen der landenden und startenden Raumfähren. Von fünf Carmeianern wurden die Branarier Tag und Nacht bewacht. Ihre Zahl bewies den Respekt ihres Offiziers vor den Barbaren, und sie versicherte auch, dass die Wächter mit keiner Gefahr rechneten.
Schon gar nicht hegten sie Misstrauen, als sie den betrunkenen Palastgardisten mit seiner
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