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Valeron der Barbar

Valeron der Barbar

Titel: Valeron der Barbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew J. Offut
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kindhaft, und er nahm den Duft ihres Haares auf.
    Ändert man sich wirklich? fragte er sich. Werden kleine Mädchen je erwachsen? Ändern feurige Burschen sich, wenn ihr Haar ergraut, ihre elastischen Muskeln zu harten Bändern werden und Furchen sich durch ihr Gesicht ziehen? Haben wir uns wirklich verändert, Aleysha und ich? Ist sie so anders? Oder ist sie noch die gleiche, nur in anderen Kleidern, mit Juwelen – in der Rolle einer Frau?
    Während sie sich an ihn klammerte, fiel Valeron eine Bewegung hinter ihm auf. Jheru spitzte durch die Vorhänge. Valeron warf ihr einen finsteren Blick zu, und sie verschwand.
    Das Mädchen, das zur Kaiserin geworden war, löste sich sanft aus seiner Umarmung und hob die Krone vom Haupt. Sie ließ sie achtlos auf seinen vergessen auf dem Boden liegenden Umhang fallen. Mit den Händen zu ihrem hochgesteckten Haar erhoben, wandte sie ihm den Rücken zu. Sie streckte den Kopf vor, so dass er den glatten blaßolivfarbenen Hals vor sich sah – einen Hals, den keine Peitsche verunstaltet hatte.
    »Dieser schreckliche schwere Kragen, Valeron. Öffnet ihn, bitte!«
    Er tat es und nahm ihn ihr ab. Er staunte über sein Gewicht und fragte sich automatisch, was er wohl wert sein mochte. Sie senkte die Hände, die sich noch mit ihrer Frisur beschäftigt hatten. Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, konnte er nicht anders, als bewundernd tief Luft zu holen.
    Perlen rollten über den Boden und eine Wolke seidenweichen Haares fiel herab. Es rahmte ihr feines Gesicht ein, umschmeichelte die brokatbedeckten Schultern und eine kleine feste Brust. Er streckte die Hand aus und strich über das unvorstellbar weiche Haar.
    Aleysha schleuderte den schweren Silberlamégürtel von sich und atmete erleichtert auf. Sie lächelte durch die Tränen, die an ihren langen Wimpern glitzerten und feuchte Spuren auf ihren  Wangen hinterlassen hatten. Ihre Arme hoben sich zu Valerons Schultern und sie schmiegte sich an ihn, dass er ihre Wärme durch den Stoff ihres Gewandes spürte.
    »Küsst mich noch einmal«, hauchte sie.
    Ohne zu überlegen tat er es, während sie sich noch fester an ihn schmiegte. Dann legte sie den Kopf ein wenig zurück, um unter den seidigen Wimpern zu ihm hochzublicken. »Die Küsse des Mannes, in den ich mich als Kind verliebte. Die Küsse des Eroberers von Branarius – und von Aleysha«, murmelte sie. Sie senkte den Kopf und drückte ihr Gesicht an seine Brust. »Ich habe die kaiserlichen Symbole abgelegt«, sagte sie leise. »Alles, außer diesem schrecklich steifen Gewand aus kaltem Satin.«
    Er hielt sie, hörte ihre Worte und erkannte sie als Aufforderung, als indirekte, scheue Einladung eines Mädchens, das noch nicht Zeit gehabt hat, sich an ihr Frausein zu gewöhnen. Sie hat noch keine Erfahrung, dachte er, ist nicht selbstsicher, wie eine Kaiserin sein müsste – oder zumindest so zu scheinen.
    Seine Gedanken überschlugen sich, beschäftigten sich mit dieser grazilen jungen Frau, ihrer Sanftheit und der erstaunlichen Festigkeit der Äpfel ihres Busens, die so warm an seine Brust drückten. Er dachte an den riesigen Thron in der prunkvollen Halle. Und ein flüchtiger Blick auf den Boden zeigte ihm die Krone des Kaiserreichs zu seinen Füßen. Er dachte auch an das unwiderstehlich weiche Bett hinter sich.
    Valeron konnte sich nicht erinnern, je zuvor so gezaudert zu haben, je von so vielen aufreizenden Gedanken gequält worden zu sein – und von derartigen Bedenken zugunsten anderer.
    Was ist denn los mit mir? fragte er sich. Hat diese verdammte Bestie mit den Krakenarmen, die wir »Zivilisation« nennen – und voll Ehrfurcht noch dazu! – mich gepackt?
    Ihr Vater ist tot, sagte er sich. Ermordet. Und der Mann, der sofort ihr Protektor hätte werden sollet, ist der Mörder, ist ein Verräter. Jetzt fällt ein wenig ihrer Sorgen und ihrer Anspannung von ihr ab – und geht auf mich über! Auf mich, den starken barbarischen Helden, an den sie sich voll Romantik aus sonnigeren Tagen erinnert. Aus dieser Romantik heraus will sie sich mir  schenken, will mir das geben, was branarische Mädchen mit zwölf oder noch früher voll Eifer verschenken. Doch mit ihr und mir ist es etwas anderes. Die Frage ist, was aus uns werden wird.
    Er beschloss, sie nicht zu ermutigen, ihre mädchenhafte Scheu abzulegen, ja sogar dafür sorgen, dass sie es nicht tat.
    Sie ist nicht vom Branarius, sagte er sich. Ich werde ihre verschämte Aufforderung nicht mit Taten beantworten, die ihre

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