Valeron der Barbar
abwesende Jallad, dessen Minister man nicht als seine Vertretung bei dieser Ratsversammlung der Könige zugelassen hatte. Ihre Gewandung war aus kostbarer Seide und feinem Samt mit Pelzbesatz, Goldborten und Stickerei, von Weiß bis Schwarz in allen Farben des Regenbogens. Doch drei von ihnen hatten militärische Kleidung Prunkgewändern vorgezogen.
Der Kriegerkönig von Lavian, dessen schwarze Augen über einem dichten schwarzen Bart unter schwarzem Haar blitzten, das in den Fransen der Lavikrieger bis zu den buschigen schwarzen Brauen gekämmt war, war aufgestanden. Er brachte es nicht fertig, lange zu sitzen. In regierenden Kreisen der anderen Welten machte man sich Gedanken darüber, ob er mit seiner inneren Unruhe fähig war, auf längere Zeit zu herrschen. Während Valeron stehend sprach, und die anderen im Sitzen zuhörten und ihre Fragen stellten, stapfte Vidul vom Tisch zum Fenster und zurück und ließ sich hin und wieder kurz auf dem einen oder anderen Stuhl nieder.
Valeron beugte sich über den Tisch, und seine Augen, die Jheru manchmal so angsteinflößend und durchdringend fand, wanderten von einem zum anderen.
»Zwölf Tage sind vergangen, seit ich Carmeis verließ oder vielmehr entfloh – als des Hochverrats und Mordes beschuldigt. Das tapfere Mädchen, dem wir alle zur Lehnstreue bis zum Tod verpflichtet sind, verhalf mir zur Flucht. In zwei Tagen soll sie mit Darcus Cannu vermählt werden. Sie hofft, die Hochzeit verschieben zu können. Aber es besteht kein Zweifel, meine Lady und meine Lords Könige, dass dieser Mann über skrupellose Klugheit verfügt. Er wird dafür sorgen, dass die Zeremonie so schnell wie möglich stattfindet.« Wieder wanderte Valerons Blick über alle Anwesenden. »Sobald Kaiserin Aleysha die Gemahlin dieses Verräters und Mörders ist, befindet sie sich in Lebensgefahr.«
Er richtete sich auf und vergewisserte sich, dass aller Blicke auf ihm ruhten. »Solltet Ihr Zweifel daran hegen, dass Darcus Cannu ihren Tod früher oder später herbeiführen wird, so schüttelt sie ab. Er will die Kaiserkrone haben und zwar für sich allein, ohne die Bürde einer Frau, die als Velquens Tochter mächtiger ist als er. Sobald er es für sicher hält, wird er sich ihrer entledigen.«
»Dieser Mann hatte unser aller höchste Wertschätzung«, sagte Eshara. »Was mag sein Motiv sein, die Krone für sich zu erstreben – und das in seinem Alter?«
»Vielleicht«, sagte Narran ol-Shalkh Premn ruhig, und alle wandten ihm ihre Aufmerksamkeit zu, »das Reich. Ich meine das Imperium. Wir sind alle Könige. Er – oder sie – den oder die wir Kaiser nennen, ist kaum mehr als König über Könige. Er hat wenig Amtsgewalt über unsere Welten, und Carmeis überhaupt keine. Möglicherweise beabsichtigt Darcus Cannu, der Geschichtsforscher und von übertriebenem Ehrgeiz ist, Carmeis über alle anderen Welten zu stellen und sich zum Herrscher über alle zu machen. Wir würden dann nicht mehr Macht denn Barone haben und uns der Person des Kaisers unterwerfen müssen.«
»Mit kaiserlichen Einheiten auf jeder unserer Welten und einem Statthalter, der bestimmt, was wir tun dürfen und was nicht?« rief Eshara entsetzt.
Mit tonloser Stimme und unbewegtem Gesicht sagte Vidul: »Er wird sterben – auf schreckliche Weise!«
Jheru erschauderte hinter der Treppenbrüstung. Sie kannte die Gerüchte über die Weise, auf die Vidul sich des verhaßten Königs entledigt hatte – und einige seiner Minister ebenso. Sie war alles andere als angenehm gewesen. Die Lavi waren keineswegs für ihre Milde bekannt, und Vidul sah bestimmt nicht aus, als wäre er des Mitgefühls fähig – oder der Geduld. Von einem General, der die Krone an sich gerissen hatte, konnte man nicht erwarten, dass er über Nacht zum Diplomaten wurde. Selbst die Könige fürchteten ihn.
Wieder beugte Valeron sich über den polierten Tisch und schlug die Faust heftig auf die Platte. Gleichmütig und ohne den Blick von ihm zu nehmen, griff Eshara nach ihrem umkippenden Weinkelch. Valerons Augen unter den halb zusammengekniffenen Lidern brannten in schrecklichem Grimm.
»Darcus Cannu muss aufgehalten werden. Darcus Cannu muss sterben! Die Offiziere seiner Streitkräfte, die Palastwachen, die Leibgarde, die kriecherischen Würmer, die er zu Abgesandten machte – sie alle müssen bestraft werden. Und seine Mitverschwörer müssen sterben, genau wie er. Die Hauptstadt der Hauptwelt muss befreit werden, und unser alter Thron gesichert werden
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