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Valeron der Barbar

Valeron der Barbar

Titel: Valeron der Barbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew J. Offut
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nicht Lady genannt hatte. Ihre Haut hob sich nußbraun und kupferfarben von dem Gelb und Orangegold ihres Gewandes ab. Eine kleine Frau war sie, doch von kräftigem Knochenbau und üppigen Rundungen. Der König von Maruthia war weder zu alt noch zu erhaben, als dass ihm ihr geschmeidiger Gang und die langen braunen Beine entgangen wären, die die Schlitze ihres Rockes offenbarten. Nein, Lady würde ich sie auch nicht nennen, dachte der König, sondern Katze, und es würde mir gar nichts ausmachen, mich ihren Krallen auszusetzen …
    Graylon meldete Valeron formell. Er konnte das Staunen nicht schnell genug unterdrücken, das seine Miene verriet, als sein Monarch die Stufen der Thronplattform hinab- und seinem Besucher entgegenschritt. Der Branarier nahm die ausgestreckte Hand.
    »Lord König.«
    »Lord König«, wiederholte Lexton.
    Valeron stellte seine Begleiter vor. Lexton bat die drei, ihm aus dem Thronsaal in ein kleineres, weniger formelles Gemach zu folgen, wo sie sich an einem langen Tisch mit vielen Stühlen, doch alle ohne Lehnen, niederließen. Über Kelchen mit dem gekühlten Wein von Nyor legten die Besucher ihre Lage dar.
    »… Es ist mir bewusst, dass die Beweise gering sind«, fuhr Saldon, der den Wortführer machte, fort, »Euch, Lord König, zu überzeugen, dass wir die Wahrheit sprechen und die carmeianischen Abgesandten lügen – trotz der Schreiben Ihrer kaiserlichen Hoheiten. Aber wenn sie sich bei einer Gegenüberstellung weigern, die Wahrheit zu gestehen, könnte man doch vielleicht ein wenig nachhelfen, bis sie einsehen, dass lügen keinen Sinn hat.«
     
    »Mein Lord König bemerkt gewiss, mit welch feinen Worten dieser ehrwürdige Ältere Foltern vorschlägt«, sagte Valeron mit einem Lächeln und legte, um zu bekunden, dass es nicht böse gemeint war, eine Prankenhand auf Saldons knochige Schulter. »Manchmal ist es schwierig zu erkennen, wer von uns in Wahrheit der ›Barbar‹ ist. Aber natürlich stimme ich seinem Vorschlag bei, falls es sich als erforderlich erweisen sollte.«
    Lexton erwiderte das Lächeln. »Ihr werdet feststellen, mein Lord König Valeron, wenn es euch nicht ohnedies bereits klar geworden ist, dass ›Barbarentum‹ nicht auf den Planeten beschränkt ist, den wir so lange ›Barbarenwelt‹ nannten. Die Tatsache, dass ich die Mittel zu einer ›Nachhilfe‹, wie Euer Älterer sie erwähnte, zur Verfügung habe, erschwert das Problem, zu bestimmen, wer nun zivilisiert ist und wer nicht. Wir Maruthier sind stolz auf unsere Kultur und unsere gepflegten Manieren. Der Unterschied ist eigentlich nur, dass wir unsere Methoden – verfeinert haben.« Die Herrscher tauschten ein Lächeln. »Und offenbar«, fügte Lexton hinzu, »hat das auch Darcus Cannu.« Er hob die Stimme: »Wache!«
    Der König hatte das Wort kaum zu Ende gesprochen, als der Gardist auch schon im Gemach stand. Lexton lächelte. »So schnell? Fürchtest du für deinen König? Wäre dieser Mann ein Feind, was er nicht ist, glaubst du, du würdest mit ihm fertig? Nein, antworte nicht. Bring die Gesandten von Carmeis hierher – und kein Wort darüber, wer hier ist!«
    Der Gardist salutierte und verließ das Gemach. Lexton lehnte sich auf dem Hocker zurück und lächelte Jheru an, die sein Lächeln schwach erwiderte. Obgleich sie fast elf Jahre im Kaiserpalast zugebracht hatte, war sie noch nie so beeindruckt gewesen, noch hatte sie eine solche Scheu wie jetzt empfunden, da sie an der Seite der Mächtigen saß.
    »Denkt doch nur an den hochkultivierten Verehrer der Künste, der feinen Küche und geschmackvoller Kleidung, den Priester-König, Narran ol-Shalkh Premn IV. von Ghulan«, sagte Lexton, während sein Blick über das beachtliche kupferfarbene Bein von unübertrefflich herrlicher Form wanderte. »Auf seiner Welt  wurde die Folterung zu einer Kunst verfeinert, einer Kunst, die auf Hochschulen gelehrt wird. Und das, obwohl Ghulan eine ausgesprochen religiöse Welt ist, und eine Welt von beachtlicher Schönheit. Es ist schwer zu sagen, wer auf Ghulan größere Künstler sind, seine Architekten oder seine Foltermeister. Nein, ganz sicher hat Branarius kein Monopol auf das, was wir so selbstgefällig ›Atavismus‹ oder ›Barbarei‹ nennen, meine Lords, meine Lady.«
    Valeron saß mit überkreuzten Beinen und zufriedener Miene, als drei carmeianische Gesandte in die Ratskammer geleitet wurden. Er kannte keinen von ihnen, und sie schienen ihn nicht zu kennen. Neue Männer, vermutlich, dachte er.

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