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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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zusammen, die Bäume am Wegrand standen dicht an dicht. Die Luft wurde kalt, das Licht fahl. Im Zickzack ging es auf einem abschüssigen, bemoosten Pfad zwischen dunkelblau verschatteten Hängen abwärts, durch Nebelschwaden und das Tosen der Wasserfälle. Der Fluss hielt sich immer in ihrer Nähe, schoss schäumend bergab, erst links, dann rechts von ihrem Pfad, gurgelte zu ihren Füßen unter alten gemauerten Brücken hindurch, toste, tobte und besprühte sie mit Gischt.
    Wenn es die Felswände gestatteten, schlängelte sich der Pfad vom Fluss weg und folgte einem sanfteren Gefälle. An solchen Stellen konnte man sich vorübergehend wieder unterhalten, was Björn wiederholt zu Fragen nach Hals Herkunft nutzte, nach seiner Familie und dem Besuch bei dem angeblichen Onkel. Hal schwindelte nach Kräften, aber die Hartnäckigkeit seines Reisegefährten wurde ihm immer unangenehmer. Am liebsten hätte er sich unter irgendeinem Vorwand von ihm getrennt, aber hier konnte man nirgendwohin ausweichen.
    Die Sonne zog sich aus der Schlucht zurück, es wurde Abend. Sie wanderten durch graugrüne und schwarze Schattenlachen. Der alte Gaul rutschte ein paarmal aus und strauchelte, worauf der Händler im Sattel jäh nach vorn rutschte.
    »Elendes Gerippe!«, schimpfte er und schlug dem Tier klatschend auf den Hals. »Ich schick dich zum Abdecker, der macht Leim und Sehnen aus dir! Das Vieh hat Hunger«, rief er Hal zu. »Hat heute noch nicht viel gefressen. Heut Morgen habe ich versucht, einem verrückten Alten in einer Hütte einen Armvoll Rübenkraut abzuhandeln, aber der Kerl hat sich geweigert. Als ich mir das Zeug einfach nehmen wollte, hat er ein Messer gezückt und mich verscheucht. Was ist das doch für eine selbstsüchtige Welt, in der jeder seinen Besitz so eifersüchtig bewacht.« Er warf Hal einen Seitenblick zu. »Es wird bald dunkel, mein Freund. Lass uns ein Nachtlager aufschlagen. Nicht weit von hier kenne ich eine Stelle, wo wir es uns bequem machen können.«
    Hal verzog das Gesicht. »Schaffen wir es heute denn nicht mehr bis nach unten?«
    »Ausgeschlossen. Wir würden bloß in irgendeinen Abgrund stürzen und das war’s dann.Wozu die Eile? Ich weiß ein paar unterhaltsame Geschichten und mein Weinschlauch ist noch nicht leer. Klingt das nicht verlockend?«
    Hal vertrug nicht so viel Wein wie Katla, die noch nach zwei Bechern in der Küche herumwirtschaftete und munter die dürren Beine schwang. Er zuckte die Achseln. »Meinetwegen.«
    »Recht so. Da wären wir auch schon.«
    Zwischen den Bäumen am linken Wegrand öffnete sich eine kleine, grasbewachsene Lichtung. Versengte Stellen zeugten von früheren Lagerfeuern. Dort gab es genug Platz, um die Pferde anzuleinen, und mehrere Wanderer konnten dort einigermaßen behaglich lagern, vorausgesetzt sie wagten sich nicht zu dicht an den Rand. Da fiel die Lichtung nämlich erst sanft ab, dann jedoch wurde der Abhang unvermittelt steiler und mündete in einen Abgrund.Während Björn sein Pferd festband, sah sich Hal ein wenig um und wurde mit einem atemberaubenden Blick über die Schlucht belohnt, über bewaldete Felshänge bis hinab ins Untertal.Tief unten, wo noch die letzten Sonnenstrahlen leuchteten, erhaschte er einen Blick auf goldene Felder, doch zu seinen Füßen gähnte der Abgrund. Hal trat vorsichtig an den Rand der Böschung und spähte in die Tiefe, wich aber gleich wieder zurück. Ihm bot sich eine von Nebeldunst verhangene Aussicht auf kreuz und quer liegende Felsbrocken, dahinschießende Wasserfluten und abgeknickte Bäume, von der ihm ganz flau im Magen wurde.
    »Pass bloß auf, Leif!«, rief der Händler Björn. »Da kann man sich leicht das Genick brechen! Setz dich lieber zu mir und lass uns plaudern.«
    Sie sammelten Reisig, entfachten ein Feuer und brieten Streifen rohen Fleisches. Während der Mahlzeit goss Björn Hal immer wieder Wein nach, aber Hal kippte den Becher meistens ins Gras aus, wenn ihm der Händler zwischendurch den Rücken zuwandte. Außerdem holte Björn mit großem Getue allerlei Kuriositäten aus seinen Satteltaschen. »Das hier, Kleiner, ist eine Flöte, die Eirik persönlich geschnitzt hat. Es heißt, wer darauf spielt, weckt den Helden in seinem Hügelgrab! Natürlich habe ich es schon versucht, aber das Ding ist verstopft und gibt keinen Ton mehr von sich. Und hier, dieses eigenartig gemusterte Stück Leder, was glaubst du wohl, was das ist? Nichts Geringeres als die Haut eines Seeungeheuers, die am Kahlen Ufer

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