Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
schemenhafte Gestalten …
    Schluss damit! War er so leichtgläubig, dass er sich von derlei Hirngespinsten schrecken ließ? Hal zog die Kapuze tiefer ins Gesicht und schritt wieder energischer aus.
    Den ganzen Morgen ging es immer steiler bergab und der nahe Fluss rauschte immer unbändiger, drängender, bedrohlicher. Die Wiesen hörten auf, zwischen verstreuten Findlingen und Geröllfeldern standen die ersten Nadelbäume. Hal schloss daraus, dass er den Besitz der Rurikssons verlassen hatte und dass die Schlucht nicht mehr weit sein konnte. Im Süden sah er im Nebel steile Hänge. Das war die schmalste Stelle des Obertals. Geradeaus hüllte sich die Spitze des Eckzahns in Wolken. Der Berg war beinahe so hoch wie die Hügel, die das Tal einfassten. An seinem Fuß fielen Fluss und Straße jäh ab und verschwanden in der tiefen gewundenen Schlucht, die ins Untertal führte.Wenn Hal stehen blieb und die Ohren spitzte, konnte er die Wasserfälle schon tosen hören.
    Aber er hörte noch etwas, und zwar hinter sich. Hal blieb reglos stehen und lauschte angestrengt. Es war eindeutig: Hufschläge näherten sich – nicht besonders schnell, aber doch schnell genug, um ihn über kurz oder lang einzuholen.
    Hal sah sich nach allen Seiten um: Felsbrocken, Büsche, Fichten. Kurz entschlossen hastete er durchs nasse Gras und versteckte sich hinter dem nächstbesten Baum.
    Dann wartete er ab. Die Hufschläge wurden lauter. Vielleicht war sein Vater oder sonst jemand von zu Hause auf der Suche nach ihm.Vielleicht war es aber auch jemand anders. Unter den gegebenen Umständen war Vorsicht geboten. Hal hielt den Blick fest auf die Straße gerichtet.
    Der Nebel verdichtete sich und nahm den erwarteten Umriss an: ein Reiter.
    Hal drückte sich an den Baum.
    Das Pferd hielt den Kopf gesenkt und war, nach seinen Bewegungen zu schließen, am Ende seiner Kräfte. Der Reiter saß aufrecht im Sattel, ein wuchtiger Schemen. Er hatte den Mantel gegen die Kälte um sich geschlungen und die Kapuze übergezogen. Sein Gesicht war nicht zu erkennen, aber Hal hatte aus dem weißen dunkelbraun gescheckten Fell des Pferdes bereits geschlossen, dass der Mann nicht aus Svens Haus kam.
    Sein erster Gedanke war, den Fremden vorbeireiten zu lassen, aber dann fiel ihm wieder ein, wie einsam diese Gegend war und dass die unheimlichen Gräber noch nicht allzu weit hinter ihm lagen. Da konnte ein Begleiter nicht schaden, außerdem verging auf diese Weise auch die Zeit beim Abstieg durch die Schlucht schneller.Was konnte ihm schon passieren, solange er nicht allzu vertrauensselig war? Jedenfalls würde er nie wieder so freimütig sein wie gegenüber Snorri.
    Hal trat hinter dem Baum hervor und grüßte den Reisenden, der sein Pferd scharf zügelte. Das Tier blieb stehen und machte sich, ohne den Kopf zu heben, sofort über die Grasbüschel zwischen den Steinplatten her.Von seinen Flanken stieg Dampf auf. Der Reiter streifte die Kapuze ab und zum Vorschein kam das rundliche Gesicht eines Mannes mit dem frischen Teint und dem rotblonden Haar der Leute aus dem Untertal. Der Fremde trug keinen Bart und seine Augen saßen wie glänzende Johannisbeeren in dem pausbäckigen teigigen Gesicht. Seine Miene verriet leichte Besorgnis.
    »Für einen Wegelagerer bist du aber ziemlich kurz geraten. Wo sind deine Kumpane?«
    Hal sah sich um. »Welche Kumpane?«
    »Ich dachte,Wegelagerer umzingeln ihre Opfer, zumindest sorgen sie dafür, dass sie in der Überzahl sind. Dein Auftritt ist ziemlich dürftig.«
    »Ich will dich gar nicht überfallen.«
    »Ach nein? Bist du denn überhaupt ein Wegelagerer?«
    »Nein.«
    »Warum versteckst du dich dann hinter dem Baum?«
    Hal erwiderte verlegen und abwehrend: »Nun ja...«
    Der Dicke schmunzelte. »Ach so, du musstest mal.Wolltest dabei nicht beobachtet werden, was?«
    »Wozu sollte ich mich sonst verstecken?«
    Die Johannisbeeraugen zwinkerten. »Vielleicht hast du ja etwas zu verbergen.Wie heißt du denn?«
    Hal räusperte sich. »Ich... heiße Leif. MeinVater ist Pächter bei den Gestssons im Obertal. Ich will zu den Hakonssons, meinen Onkel besuchen.Wenn du zufällig in dieselbe Richtung musst, würde ich mich dir gern ein Weilchen anschließen.« Er unterbrach sich, denn der Dicke betrachtete ihn mit einem belustigten, ja ironischen Blick, der ihm nicht gefiel. »Aber vielleicht würde ich dich auch bloß aufhalten«, fuhr er fort. »Schließlich habe ich kein Pferd. Dann zieh lieber ohne mich weiter.«
    »Aber nein«, erwiderte

Weitere Kostenlose Bücher