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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Wanderer ist dort lange ganz allein unterwegs. Aber Gefahren...«
    »Also keine, oder?«
    »Nun ja, um diese Jahreszeit gibt es öfter mal Steinschläge. Schon ein kleiner Felsbrocken kann einen in die Tiefe reißen und in die Stromschnellen befördern. Außerdem sind die Hügelgräber nicht weit. Der Wind fegt die Schlucht hoch und trägt die Witterung der Wanderer geradewegs ins Hochmoor hinauf, sodass die Trolde nachts vor Gier brüllen und lärmen. Nicht zu vergessen die Geister der Toten in den Schlachtengräbern am Wegesrand. Die lass auf keinen Fall merken, dass du ein Svensson bist, weder durch Worte noch durch Taten! Sonst suchen sie dich im Traum heim – die Rurikssons, weil du ein Feind ihres Hauses bist, und die Svenssons, weil ihnen seinerzeit ordentliche Hügelgräber verwehrt blieben, was sie wiederum dir vorwerfen werden. Am besten vermeidest du es in den höher gelegenen Abschnitten der Schlucht überhaupt, ein Auge zuzutun.«
    Hals Tatendrang kam ein wenig ins Wanken. Er warf einen bedauernden Blick auf das Messer seines Vaters, das jetzt Snorri am Gürtel trug. Aufgrund seiner albernen Großzügigkeit war er nun unbewaffnet, und es würde ihm wohl kaum gelingen, eine andere Waffe aufzutreiben, ehe er die Schlucht betrat …
    Er holte tief Luft. Immer mit der Ruhe. Hätte sich der große Sven etwa vom Gebrabbel eines Greises einschüchtern lassen? Niemals! Abgesehen davon, was konnte man schon mit einem Messer gegen Geister ausrichten?
    »Ach, das schreckt mich alles nicht«, sagte er leichthin. »Wie lange ist man denn in der Schlucht unterwegs?«
    »Es ist eigentlich keine besonders lange Strecke, aber der Pfad verläuft oberhalb der Wasserfälle im Zickzack. Darum braucht man bis zu den saftigen Weiden von Eiriks Haus mindestens zwei Tage.« Der Alte hob zum Abschied die Hand. »Ich wünsch dir viel Glück bei deinem unsinnigen Vorhaben. Und danke für das Messer. Damit wird das Rübenausbuddeln das reinste Vergnügen! Ich werde dir dieses prachtvolle Geschenk nie vergessen. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass du hinterher wieder hier vorbeikommst, kann ich mich ja vielleicht dafür revanchieren.«
    Hal lächelte höflich, winkte dem Alten flüchtig zum Abschied und ging wieder zur Straße zurück. Nach der ersten Biegung hatte er die Hütte und ihren Bewohner, der in der Tür stehen blieb und ihm nachschaute, aus den Augen verloren.
    Die Straße folgte dem glucksenden Fluss zwischen dunklen, mit Nebeldunst und Wolken verhangenen Feldern talabwärts. Hal stapfte daran entlang, den Blick nachdenklich auf den Boden vor seinen Füßen gerichtet.Was nützte es, den Alten zu verurteilen? Nach dem jahrelangen beschwerlichen, abgeschiedenen Leben ohne Freunde oder Verwandte war er offenbar nicht mehr recht bei Verstand. Und doch hatten seine Worte Hal getroffen. Zugegeben, äußerlich glich er nicht unbedingt einem tapferen Krieger, aber letztlich kam es auf die innere Stärke an, wie Olaf Hakonsson schon bald erfahren würde.
    Trotzdem war es Hal bald, wenn auch mit einiger Anstrengung, gelungen, Snorris Einwände beiseitezuwischen, und er war wieder obenauf. Darum überraschte es ihn, als sich zumindest eine Vorhersage des Alten als wahr erwies, denn vor ihm tauchten am Straßenrand drei längliche, niedrige Erhebungen im Nebel auf. Zwei lagen ein Stück zurückgesetzt in einem Feld, die dritte – kleiner, eingefallener und am Rand bereits von Wagenrädern beschädigt – grenzte dicht an die Straße. Sie war mit Gras bewachsen, das hier viel üppiger wuchs als das Gras ringsum, als sei der Boden an dieser Stelle besonders fruchtbar. Obendrauf hockte eine ungewöhnlich große, einäugige Krähe und wandte den Kopf nach dem vorübergehenden Wanderer. Hal vollführte eine Schutzgebärde, ärgerte sich aber im selben Augenblick, dass er so abergläubisch war. Es war bloß ein Vogel, nicht mehr und nicht weniger.
    Allerdings wies nichts darauf hin, dass hier Svensson-Gebeine begraben lagen. Hal hielt Snorris Geschichte für zweifelhaft.Weder Brodir noch Katla noch sonst irgendwer hatte ihm je davon erzählt. Und doch: ein Grab ohne einen einzigen richtigen Hügel, das ging einem schon an die Nieren.Was für ein trauriges Los, so fern vom Hügelkamm und von seinesgleichen begraben zu sein! Man konnte sich gut vorstellen, dass an diesem Ort, wenn sich die Nacht über das Tal senkte, Geister ruhelos durchs lange Gras streiften... Schon um diese Tageszeit wirkte der Nebel irgendwie lebendig, als ob

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