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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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und jämmerlich aussieht wie du. Abgesehen davon ist es ein Tag der Mildtätigkeit. Soll ich dir dein Bündel abnehmen?«
    »Nein danke.«
    Sie setzten ihren Weg gemeinsam fort, der hohen Halle entgegen, die lange Rampe hinauf, hoch über Felder und Salzwiesen.
    »Die Anlage macht ganz schön was her«, meinte Hal.
    »Kann man wohl sagen. Hord hat die Mauern erhöhen und neu befestigen lassen. Das Haus wird Tag und Nacht bewacht. Als sein Vater noch lebte, ging es da lascher zu.«
    »Vor wem fürchtet Hord sich denn?«
    Der Tiefländer Einar lachte. »Vor niemandem! Aber so hielt man es zu Hakons Zeiten und Hord will es ihm gleichtun! Viele Männer hier üben sich in den alten Fertigkeiten – gehen mit Pfeil und Bogen oben in den Hügeln jagen.«
    »Jenseits der Hügelgräber?«
    Einar riss erschrocken die Augen auf und machte eine Schutzgebärde. »Spinnst du? So, da wären wir – das ist das neue Tor aus Eichenholz und Eisen!«
    Sie hatten die Brücke überquert und schlossen sich dem stetigen Menschenstrom an, der durch das Tor zog. Man ging durch einen hohen gewölbten Torbogen und betrat eine enge, gepflasterte Gasse. Mit einem Schlag wurde es dämmrig, alles war in blaugraue Schatten getaucht, nur hier und da fielen dort, wo zwischen den dicht an dicht stehenden Gebäuden der blaue Himmel hindurchlugte, helle Lichtdreiecke auf die Steinplatten. Die Gebäude waren aus Holz gezimmert und weiß getüncht, Blumenschalen hingen an den Dachkanten. Hal ging eine kleine Steigung hinauf. Hier im Zwielicht war ihm nicht mehr so heiß, die glatten Steinplatten waren von unzähligen Füßen ausgetreten. Essen und Wein hatten ihre Wirkung getan, Hal war wieder voller Tatendrang. Trotzdem versetzte ihn die unbekannte Umgebung in Staunen. Er kam an offenen Läden vorbei, einem Sattelmacher, einem Töpfer, einem Spielzeugmacher, einer Weberin, einem Stand mit blinkenden Ketten und Broschen. Zwar stellte man auch bei den Svenssons alle diese Dinge her, aber in den Hinterzimmern der kleinen Hütten, wenn die Männer von der Feldarbeit zurückkamen. Man tauschte die Waren einfach im großen Hof, solche prächtigen Auslagen gab es nicht.
    Die Gasse verbreiterte sich, die Gebäude wichen zurück. Vor Hal öffnete sich ein großer Platz, auf dem sich so viele Menschen tummelten wie Blumen auf einer Frühlingswiese. Dahinter erhob sich, steil und hoch wie die Felsen über der Schlucht, Hakons Halle. Allein die von dicken Holzpfeilern gerahmte Flügeltür unter dem Giebeldach war so hoch wie die große Halle der Svenssons. Hal musste den Kopf weit in den Nacken legen, als er zum Dach emporspähte.
    »Pfff!«, machte er mit finsterer Miene. Gut, das Ganze war riesig! Gut, es machte ganz schön was her! Aber das spielte alles keine Rolle. Er würde trotzdem tun, wozu er hergekommen war.
    Bis jetzt war alles wie geschmiert gegangen. Er war unbehelligt durchs Tor gelangt. Jetzt kam der nächste Schritt. Er sah sich suchend auf dem Platz um, ließ den Blick über die Menge gleiten und wunderte sich, wie bunt zusammengewürfelt sie war – erstaunlich viele drahtige dunkelhaarige Hochländer mischten sich unter die hochgewachsenen, kräftiger gebauten Einheimischen.
    Hier und da standen Buden mit scharlachroten Vordächern, wo man Geschicklichkeits- und Glücksspiele spielen, etwas trinken oder Geschichtenerzählern und Sängern lauschen konnte. Überall ertönte Gelächter, sah man fröhliche gerötete Gesichter. Hals Miene war ungerührt. Es würde nicht schwer sein, sich von Einar zu trennen und in dem Gewimmel unterzutauchen. Aber was dann? Sollte er sich irgendwo verstecken, bis es dunkel wurde?
    Einar stieß ihn mit dem Ellbogen an. »Na, wie gefällt’s dir hier, mein Freund? Freibier und Unterhaltung! Wenn die Leute Feierabend haben, kommen sie hier zusammen. Und heute Abend dürfen die geladenen Gäste in der Halle auf unseren Ahnen anstoßen!«
    »Gibt es ein Festessen?«
    »Leider nicht für dich. Nach Einbruch der Dunkelheit darf sich kein Fremder mehr auf dem Hof aufhalten. Dann wird das Tor geschlossen.«
    »Nehmen Olaf und Hord auch an dem Festessen teil?«, fragte Hal scheinbar beiläufig. »Und Ragnar Hakonsson auch?«
    »Hord und Ragnar auf jeden Fall, Olaf nicht. Der ist krank.«
    Hal bekam Herzklopfen. »Krank?«
    »Troldsiech. Sein Pferd ist unweit der Grenze gestrauchelt und Olaf ist in den Schatten eines Hügelgrabes geraten.« Einar vollführte abermals eine schützende Geste. »Möge Hakon ihm beistehen, dass er

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