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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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wieder gesund wird! Er ist ein vortrefflicher Mann, genau wie sein Bruder.«
    »Der Ärmste.« Hal fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Da muss er doch bestimmt das Bett hüten. Wo das wohl steht? Vielleicht in der Halle?«
    Aber Einar wurde plötzlich abgelenkt. Er reckte den Hals und schaute suchend über die Menge hinweg, dann leuchteten seine Augen auf. »Du hast wirklich Glück, mein Freund! Da kommt unser Familienoberhaupt gerade!«
    Hal bekam einen Schreck, drehte sich aber trotzdem um und erkannte weit hinten, wo sich die Feiernden am dichtesten drängten, Hord Hakonsson. Er war gut zu sehen, denn er überragte alle anderen Anwesenden um einen Kopf. Seine breiten Bärenschultern drehten und wendeten sich.Wo er hinkam, machte man ihm Platz, und er klopfte fleißig Schultern, schüttelte Hände und brüllte allen Bekannten, die er erspähte, einen Gruß zu.
    »Ist er nicht eindrucksvoll?«, fragte Einar.
    »Sehr«, antwortete Hal beklommen und zog sich die Kapuze ins Gesicht.
    »Vielleicht lernst du ihn ja sogar persönlich kennen. Er kommt in unsere Richtung.«
    Hal trat ein paar Schritte zurück und sah sich unauffällig nach einem Fluchtweg um. Einar hatte recht, Hord kam immer näher. Er trug einen pelzverzierten Mantel, der unter dem Kinn von einer goldenen Schwanenspange zusammengehalten wurde. Seine Stimme, sein stolzer Gang, allein schon das Wehen des Mantels – alles kündete von Macht und Einfluss.
    »He, mein Freund!«, rief Einar. »Wo willst du hin? Bestimmt richtet er das Wort an dich!«
    »Nein, nein, das hab ich nicht verdient.«
    »Sag so was nicht. Am Hakonstag stört sogar den edlen Hord deine Erbärmlichkeit nicht.Warte, ich will ihn rufen.« Er hob die Stimme: »Herr!«
    »Bitte nicht...«
    »Hier bin ich, Herr!«
    Unter seiner Kapuze hervor sah Hal erschrocken, wie Hord den Kopf wandte und grüßend die Hand hob. Dann steuerte er auf Einar zu, wurde jedoch von drei zeternden Frauen abgefangen.
    Einar grinste Hal an. »Keine Bange. Er kommt gleich.« Er packte den Jungen am Arm. »Nur nicht so schüchtern. Ich gehe oft mit ihm auf die Jagd und kenne ihn gut. Du brauchst dich nicht zu genieren, weil du so verwahrlost aussiehst. Seinen Freunden lässt er manches durchgehen.«
    Hal versuchte verzweifelt, sich loszumachen. »Jetzt hör mir doch mal zu! Er darf mir nicht zu nahe kommen!«
    Einars Lächeln wurde unsicher. »Wieso denn nicht?«
    »Ich... ich... Du hast vorhin richtig geraten. Ich leide an etlichen seltenen Krankheiten und darf niemanden anstecken, schon gar nicht eine Persönlichkeit wie Hord.« Hal ging im Sprechen rückwärts. »Eitrige Geschwüre und so was. Die Einzelheiten erspare ich Euch. Aber ich halte mich von Eurem Familienoberhaupt lieber fern.«
    Das Lächeln erlosch endgültig. »Aber mich hast du doch auch nicht gemieden.«
    »Stimmt schon, aber ich... ich habe immer aufgepasst, dass ich gegen den Wind stehe. Unten auf der Straße hat der Wind den beißenden Gestank meiner Geschwüre aufs Meer hinausgeweht. Aber hier, wo alles eng und feucht ist, kann ich für nichts garantieren. Aber was soll’s? Lasst uns irgendwo hingehen, wo es Bier gibt, die Arme verschränken und auf unsere Freundschaft trinken, einer aus des anderen Becher.«
    Einar war etwas blass geworden. »Ach, nein danke.Vielleicht ist es das Beste, wenn du unser Haus wieder verlässt.«
    »Ja, das will ich tun.« Hal ging weiter rückwärts. »Trotzdem vielen Dank für alles! Lebt wohl!« Dann hatte die Menge Einar verschluckt.
    Hal hatte keine Zeit zu verlieren. Jetzt, wo sich Hord – und vielleicht auch Ragnar – auf dem Platz aufhielten, musste er sich schleunigst verdrücken. Er bahnte sich zwischen den Marktständen einen Weg bis zur großen Halle. Irgendwo in dem weitläufigen weißen Gebäude lag Olaf im Bett. Ein kranker, wehrloser, troldsiecher Olaf. Ein flüchtiges Lächeln umspielte Hals Lippen. So gesehen war er schon so gut wie am Ziel.
    Trotzdem war es kein Kinderspiel, in das Gebäude hineinzugelangen, einen Mord auszuführen und ungesehen wieder zu entwischen. Er fasste nach dem Silbergürtel unter seiner Jacke. Wie immer verlieh ihm die Berührung neues Selbstvertrauen und im selben Augenblick entdeckte er an der Seitenwand der Halle eine kleine Veranda samt Tür.
    Hal steuerte darauf zu, so schnell er in der wogenden Menge eben vorankam. Ein Mann in Dienerkleidung rollte durch die bewusste Tür ein Bierfässchen in die Halle und ließ die Tür angelehnt.
    Hal blieb

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