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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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mir sagen?«
    Obwohl Hal inzwischen schon blau im Gesicht war, wiederholte er seine kleine Vorführung genauso sorgfältig wie vorher.
    Olaf schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Ich werd einfach nicht schlau draus.«
    Diesmal waren Hals Gebärden von rätselhaftem Geröchel und einem vielsagenden Heben der Augenbrauen begleitet.
    »Spar dir die Mühe, Kleiner! Wenn du dich nicht verständlich ausdrücken kannst, lass es bleiben!«
    Nun deutete Hal ausgesprochen bestimmt auf die Hand, die ihm die Luft abdrückte. Olaf verdrehte die Augen und lockerte seinen Griff ein wenig.
    »Was ist denn?«
    »Du brennst.«
    Olaf machte große Augen. Dann blickte er an sich hinunter und sah, dass gelbe Flammen den Saum seines Nachthemds emporzüngelten. Sie wurden rasch größer, der Wollstoff leuchtete erst weiß auf, dann wurde er schwarz.
    Olaf stieß ein heiseres Angstgeheul aus, ließ Hal fallen, rannte, wild um sich schlagend, quer durch die Halle und versuchte, die Flammen zu löschen.
    Hal rieb sich den Hals und stolperte in die andere Richtung. Er blieb nur einmal kurz stehen und bückte sich nach dem glimmenden Ast, dann humpelte er hinter das Podest und unter die Empore. Als er sich umdrehte, sah er Olaf blindlings umherhüpfen – eine schmale schwarze, in Flammen gehüllte Gestalt. Olaf taumelte gegen einen Wandteppich und hielt sich daran fest.Vielleicht wollte er mit dem Stoff die Flammen ersticken. Stattdessen brannte das Gewebe sofort wie Zunder und orangegelbe Flammen züngelten die Wand hoch.
    Das brachte Hal auf eine Idee. Er hielt seinen Ast an die Vorhänge am Fenster und sah zu, wie der Stoff Feuer fing.
    Da fiel der brennende Teppich von der Wand und begrub Olaf unter sich.
    Von der Empore über Hal ertönten plötzlich Rufe und eilige Schritte. Das waren bestimmt Hord und Ragnar und die waren sicherlich besser zu Fuß als ihr kranker Onkel. Hal nahm es zum Anlass, sich schleunigst in einen Durchgang zu verdrücken.
    Der Flur dahinter war lang, dunkel und verwinkelt. Die Türen zu den Schlafräumen der Diener standen halb offen. Hal sah die Leute zusammengerollt auf ihren Betten liegen. Aber nicht mehr lange! Hal rannte schneller und überlegte im Laufen fieberhaft, wie er das Gebäude verlassen könnte.
    Dank der stürmischen Flucht brannte der Ast inzwischen heftig. Um mögliche Verfolger aufzuhalten, legte Hal überall, wo er konnte, Feuer – an einem Vorhang hier, einem Wäschekorb dort. Schon erfüllte dicker Qualm den Flur hinter ihm.
    Endlich ein Fenster, hoch, schmal, die Läden geschlossen. Hal riss sie weit auf, kletterte auf das Sims und spähte geduckt in die dunkle Nacht hinaus. Kalter Regen peitschte ihm ins Gesicht, seine verschwitzte Stirn juckte.
    Tief unter sich und in einigem Abstand zu den Außenwänden der Halle konnte er einen breiten grauen Streifen ausmachen – es war die hohe Troldmauer, die das Haus umgab. Was sich dahinter befand, war nicht zu erkennen. Gleich unter dem Fenster gähnte ein schwarzer Abgrund. Hal ahnte, dass er sich alle Knochen brechen würde, wenn er dort hinuntersprang.
    Er drehte sich um. Die hastigen Schritte kamen immer näher, inzwischen hörte man auch Rufe und Geschrei. Weiter weg, irgendwo in der finsteren Halle, fing jetzt eine Glocke an zu läuten.
    Jetzt oder nie! Hal warf den brennenden Ast in den Flur, nahm auf dem schmalen Sims, so gut es ging, Schwung und stieß sich mit dem gesunden Bein kräftig ab.
    Einen Augenblick verstummten alle Geräusche jäh. Regen prasselte ihm ins Gesicht.
    Hal landete unsanft auf der Mauer, rollte sich ab, sprang auf und spürte einen stechenden Schmerz. Das schlimme Bein – verstaucht oder Ähnliches. Egal. Hier draußen dröhnte das Glockengeläut furchtbar laut. Andere Glocken fielen ein, überall im ganzen Haus.
    Die Steine oben auf der Troldmauer waren verwittert, glatt und rutschig vom Regen. Hal hüpfte darauf wie ein verwundetes Tier entlang und hielt immer wieder nach allen Richtungen Ausschau – über die Schulter, in die Nacht hinter der Mauer hinaus, nach unten auf die vielen kleineren Gebäude, die sich um die Halle der Hakonssons scharten, in deren Fenstern jetzt Licht aufflackerte. Immer mehr Glocken läuteten immer lauter.Was sollte er tun? Was hinter der Mauer lag, erschien ihm kein verlockendes Ziel. Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie hoch die Troldmauer war und wie schwarz und tief der Wassergraben.
    Allerdings war die Vorstellung, noch länger auf Hakons Hof zu bleiben, genauso

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