Vampir-Expreß
viel haben sich noch hier in der Umgebung versteckt.«
»Wo?«
»Das werden wir herausfinden«, erklärte Marek. »Hat es was mit Baron von Leppe zu tun?«
»Nein, und jetzt geht. Verkriecht euch in die Häuser! Man weiß nie, was die Geschöpfe noch vorhaben.«
»Ja, ja, schon gut. Und viel Glück.« Die beiden Zurückgebliebenen hoben grüßend die Arme, als die Menschen verschwanden.
»Hoffentlich erscheinen sie noch vor Ankunft des Zuges«, sagte Suko.
»Dann hätten wir die Chance, mit dem Spuk aufräumen zu können.«
»Ja, das wäre wirklich gut.« Marek schaute sich um. Es war so gut wie unmöglich, die Dunkelheit zu durchdringen. Hinzu kam noch der verdammte Dunst, der in langen Schleiern vom Dorf her hochtrieb und in Richtung Bahnhof wanderte.
Die Luft war kalt. Der Wind schnitt in die Gesichtshaut, als Suko und Marek ihre Wanderung aufnahmen. Sie schritten parallel zu den Gleisen entlang, bis der Pfähler abrupt seine Wanderung unterbrach.
»Was ist los?« fragte Suko.
»Ich glaube, der Zug kommt. Moment.« Marek sprang vom Bahnsteig, betrat das Gleis, bückte sich und legte sein Ohr auf die Schiene. »Ja«, erklärte er. »Ja, da kommt der Zug. Ich höre ihn sehr deutlich.«
»Komm wieder hoch.«
Marek blieb neben Suko stehen. Beide schauten gespannt in die Richtung, aus der der Zug auftauchen musste. Sie befanden sich in einem Tal. Es wurde von ziemlich hohen Bergen flankiert. Auf den sonst so dunklen Tannen lag eine feine Schneeschicht, die wie ein Guss aus Puderzucker wirkte. Über dem dunklen Wald wallten die grauen Nebelschleier in trägen Wolken.
Beide Männer hatten sich an die Stille gewöhnt und erschraken fast, als sie den Pfiff der Lokomotive vernahmen. »Das ist er!« flüsterte Marek. Suko sagte nichts. Er hoffte nur, dass alles glatt ging, denn noch lauerten die beiden Blutsauger im Verborgenen…
***
Wir hatten Petrila erreicht!
Noch rollte der Vampir-Express, und ich hatte wieder die Tür aufgestoßen. Wir fuhren bereits durch den alten Bahnhof, ich sah das Gebäude und konnte auch das Dach erkennen, von dem so gut wie nichts mehr vorhanden war. Eingestürzt, eingekracht, vielleicht durch Wind, Wetter und Altersschwäche.
Was tatsächlich passiert war, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Der Bahnsteig präsentierte sich leer, bis auf zwei einsame Gestalten, die sich so aufgebaut hatten, dass sie direkt auf die vorbeischauenden Wagen blicken konnten. Ein Lächeln schwebte über mein Gesicht. Ich hatte Suko und Marek erkannt, winkte ihnen zu und sah noch soeben, dass die beiden zurückwinkten.
Wenig später stand der Zug. Ein dunkles, stählernes Ungeheuer, so musste er auf die Betrachter wirken.
Eine Tür wurde nur bis zum Ende aufgerammt. Das war die, deren Griff ich schon in der Hand hielt. Ich sprang auf den Bahnsteig, drehte mich und sah Suko herbeieilen. Wir begrüßten uns mit Handschlag. Dass Suko ramponiert aussah, war nicht zu übersehen. Noch sagte ich nichts, sondern begrüßte erst einmal Frantisek Marek.
»John«, sagte der Pfähler und fiel mir in die Arme. »Verflixt, ich freue mich, dich gesund wiederzusehen.«
»Na ja, Unkraut vergeht nicht.«
Er stemmte sich wieder ab. »Das sagst du so leicht. Uns wäre es fast an den Kragen gegangen.«
»Wieso?«
»Willst du es erzählen, Suko?« Mein Freund nickte.
»Okay, John.« Suko fasste das Wesentliche zusammen und vergaß auch nicht, Marek als seinen Lebensretter zu erwähnen. Frantisek winkte ab. »Lass doch den Zirkus! Es ist nicht der Rede wert.«
Ihm war es unangenehm, darüber zu sprechen. Statt dessen fragte er:
»Wo steckt Dragan?«
»Noch im Zug.«
»Und weshalb steig niemand aus?«
Die Augen meiner Freunde wurden groß, als sie von mir erfuhren, welch eine Katastrophe es im Zug fast gegeben hätte.
»Zwei sind noch übrig«, sagte Suko. »Und die holen wir uns auch.«
»Im Zug sind die Leute relativ sicher«, murmelte ich. »Obwohl ich lieber hätte, wenn er wieder abführe.«
Suko sprach dagegen. »Nein, nicht in der Nacht. Diese Riesenfledermäuse sind in der Lage, einen Zug zu stoppen.«
Das war nicht von der Hand zu weisen. »Dann bleibt er bis zum Sonnenaufgang stehen.«
»Wobei ich hoffe, dass die Passagiere mitspielen«, fügte Frantisek Marek hinzu.
Wie auf ein Stichwort hin hörten wir hinter uns das Geräusch einer sich öffnenden Tür. Wir drehten uns um. Ein Schaffner stieg aus. Er sprang auf den hölzernen Bahnsteig und lief winkend auf uns zu. Dabei hatte er mich
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