Vampir sein ist alles
Großartig. Nun hatte ich also auch noch zur Verschmutzung der Seen beigetragen. Ich packte das kaputte Handy in meine Gürteltasche und fuhr nach Hause.
Mit blutigen Knien und aufgeschürften Händen humpelte ich die Treppe zu meiner Wohnung hoch und war ziemlich froh, dass dort kein knurriger Vampir auf mich wartete. Nachdem ich Barneys Schüssel mit Trockenfutter gefüllt und ihr frisches Wasser hingestellt hatte, ging ich ins Bett. Ich legte mich auf den Bauch und versuchte, mich zu entspannen und nicht an die schmerzenden Schrammen und Blutergüsse zu denken oder daran, wie gut es sich doch traf, dass die Werkstatt Sebastian ausgerechnet jetzt brauchte, nachdem er vergangene Nacht darauf verzichtet hatte, von meinem Blut zu trinken.
Hör schon auf, Garnet!, rief ich mich zur Ordnung. Dass Sebastian unterwegs war, bedeutete nicht zwangsläufig, dass er gerade einer anderen Frau in den Hals biss. Viel wahrscheinlicher war doch, dass er - genau wie ich - etwas Abstand von unserer komplizierten Beziehung gebraucht hatte.
Ich schloss die Augen und bemühte mich, zur Ruhe zu kommen. Nach einer Weile drehte ich mich auf den Rücken und lockerte meine Schultern, um mich besser entspannen zu können, wurde jedoch abgelenkt, als ich spürte, wie sich der Schweiß unter meinen Brüsten sammelte. Das Radeln war ziemlich anstrengend gewesen, und die Temperaturen und - was noch schlimmer war - die Luftfeuchtigkeit stiegen bereits wieder.
Ich fragte mich, was es mit diesen merkwürdigen wilden Hunden auf sich hatte. Vielleicht sollte ich eine Runde meditieren, dachte ich. Möglicherweise schickte mir die Göttin ja ein Zeichen. Ich schloss die Augen und entspannte, mit den Zehen beginnend, meinen Körper. Doch bevor ich beim Kopf ankam, war ich bereits eingeschlafen.
Anscheinend wollte die Göttin, dass ich etwas mit Orlando Bloom anfing, denn das war der einzige Traum, den ich während meines dreistündigen Nickerchens hatte. Ich wachte völlig erschlagen mit dem Gefühl auf, viel zu lange geschlafen zu haben. Nachdem ich ins Badezimmer getaumelt war, putzte ich mir die Zähne und ließ mir ein kaltes Bad ein.
Im Sommer war so ein kaltes Bad ein großes Vergnügen für mich. Sobald sich mein Körper von dem ersten Schock erholt hatte, fand ich es so erfrischend wie einen Sprung in den See. Es gehörte zwar ein bisschen Mut dazu, den Kopf unterzutauchen, doch wann immer ich es tat, spürte ich sofort, wie meine Körpertemperatur sank. So auch jetzt. Herrlich! Es dauerte keine zehn Minuten, bis sich das Wasser nicht mehr eiskalt, sondern fast schon lauwarm anfühlte.
Ich wusch mir die Haare und blieb noch ein paar Minuten im Wasser liegen. Dabei spitzte ich die Ohren und lauschte, ob Sebastian nicht wieder nach Hause kam. Als ich Schritte auf der Treppe zu hören glaubte, stieg ich rasch aus der Wanne und warf mir meinen Bademantel über. „Ich bin hier, Sebastian!“, rief ich.
Es kam keine Antwort, also ging ich nachsehen. Aber es war niemand da. Was ich gehört hatte, war wohl nur das Knarren des alten Hauses gewesen.
Ich starrte noch einen Moment lang hoffnungsvoll die Tür an, dann ging ich mit einem frustrierten Seufzer in die Küche, um mir etwas zu essen zu richten. Im Kühlschrank fand ich den Rest von der Tofu-Gemüsepfanne vom Vietnamesen und wärmte ihn mir auf. Das Gemüse war schon etwas matschig und der Reis klebrig, aber ich wurde davon satt. Nachdem ich gegessen hatte, musste ich mich für die Veranstaltung des Gartenbauvereins umziehen.
Da ich die Freundin - sorry, die Verlobte - des Redners war, musste ich mich wohl halbwegs anständig anziehen. Aus den Tiefen meines Kleiderschranks kramte ich einen gut knielangen braunen Rock hervor, und in meiner Kommode fand ich ein weißes Button-down-Hemd, das ich mir vor einiger Zeit von Sebastian geliehen hatte. Die beiden Teile passten ziemlich gut zusammen, und das Hemd war wunderbarerweise knitterfrei. Fast jedenfalls.
Die Schuhe stellten schon ein größeres Problem dar. Selbst mein konservativstes Paar hatte Schnallen in Form von Fledermausflügeln. Und alles, was ich an Strümpfen im Angebot hatte, glitzerte und/oder war aus Netz.
Weil es so warm war und ich schon etwas Farbe bekommen hatte (das heißt, ich war nicht mehr ganz so käsig wie im Winter), beschloss ich, auf Nylonstrümpfe zu verzichten – und außerdem, wenn meine Knie wieder anfingen zu bluten … also, es war schon eine ziemlich unschöne Angelegenheit, feinmaschiges Gewebe von einer
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