Vampir sein ist alles
erschienen. Das hier sah ihm gar nicht ähnlich.
Es musste wirklich etwas passiert sein.
„Er kommt nicht mehr“, unkte ich, und irgendwie wusste ich, dass ich recht behalten sollte.
Trotz meiner Prophezeiung wartete die Vereinspräsidentin noch fast eine halbe Stunde, bevor sie die Veranstaltung absagte. Ich blieb, um beim Wegräumen der Stühle zu helfen, und hoffte die ganze Zeit, dass Sebastian doch noch erscheinen würde. Mátyás lungerte am Eingang herum und grinste schadenfroh in sich hinein, aber ich sah, wie er immer wieder verstohlen auf sein Handy schaute. Also war er vielleicht auch ein bisschen in Sorge.
„Sie muss schon etwas Besonderes sein“, sagte Mátyás und lehnte sich neben einem Stapel Klappstühle gegen die Wand.
„Wer?“
„Die Blutspenderin“, entgegnete er und klang ein wenig enttäuscht, weil ich seine Spitze nicht auf Anhieb kapiert hatte.
„Gib mir noch mal dein Handy!“
„Ich habe es doch schon probiert!“, erwiderte er. „Er ist immer noch nicht zu erreichen.“
Ich zog eine Augenbraue hoch. Dass Mátyás zugab, sich Sorgen zu machen, überraschte mich. „Ich will mir ein Taxi rufen“, erklärte ich. „Ich will nach Hause. Vielleicht ...“ Ich hatte eigentlich sagen wollen, dass Sebastian vielleicht später bei mir auftauchte, doch mir gefiel die darin enthaltene Andeutung nicht, dass er auch für immer weg sein könnte. „Vielleicht ist er ja schon da.“
„Ich kann dich mitnehmen.“
Ich rieb mir das Ohr, weil ich dachte, ich hätte mich verhört. Mátyás hatte mir tatsächlich gerade angeboten, mich nach Hause zu fahren.
Er verdrehte die Augen. „Im Ernst. Komm schon. Mein Jaguar ist doch viel bequemer als ein Taxi.“
Ich sollte in sein Auto steigen? Nachdem er und seine Komplizen versucht hatten, mich zu töten? Nachdem er mich zum Sterben hatte liegen lassen? Ich sah ihn an. Die Haare fielen ihm ins Gesicht, und sein maßgeschneiderter Anzug kaschierte seine jugendlich schlaksige Statur. Er sah furchtbar jung aus. „Bist du sicher, dass du überhaupt schon fahren darfst?“
„Seit über hundertfünfzig Jahren“, entgegnete er grinsend und klimperte mit seinen Schlüsseln.
Im Vergleich zu dem kühlen Saal war es draußen wie in der Sauna. Obwohl die Sonne schon unterging, flimmerte die Hitze noch auf dem Asphalt, als wir zu Mátyás’ brandneuem,
tiefschwarzem Jaguar gingen. Ich hatte zwar einen Lover, der total auf Autos stand, aber auf mich übten Chrom und Motoren eigentlich keine besonders große Faszination aus. Dieser Wagen war allerdings ziemlich cool. Ein flacher Flitzer, raubtierhaft und gefährlich schnell. Mátyás merkte, wie ich ihn verstohlen bewunderte, und grinste, als wollte er sagen: Du findest ihn sexy, was? Verärgert darüber, dass er mich erwischt hatte, verzog ich das Gesicht.
Mátyás öffnete die Türen per Fernbedienung. Als ich mich auf den glühend heißen Ledersitz sinken ließ, zuckte ich unwillkürlich zusammen. Nachdem Mátyás die Klimaanlage eingeschaltet hatte, verstärkte sich der typische Neuwagengeruch. Ich wackelte mit den Beinen, bis der Sitz ein wenig abgekühlt war. Mátyás beobachtete mich aus dem Augenwinkel, während er die üblichen Vorbereitungen zum Fahren traf.
Ich wusste, was er hören wollte, doch ich sagte es spöttisch und herablassend: „Ja, ja, cooles Auto!“ Aber es stimmte. Auch das Armaturenbrett sah schick und futuristisch aus. Der Wagen musste ein Vermögen gekostet haben. Ich fragte mich, woher Mátyás so viel Geld hatte. Da ziepten jedoch plötzlich die Krusten an meinen Knien, und ich musste an die Vatikanagenten denken. Hatten sie ihn für den Verrat an seinem Vater bezahlt? „Für dreißig Silberlinge bekommt man heutzutage eine ganze Menge, was?“
Damit war unser vorübergehender Waffenstillstand gebrochen. Mátyás sah mich gekränkt an und schaltete den CD-Player ein. Der Wagen wurde vom dröhnenden Sound einer Speed-Metal-Gitarre erfüllt, der jede Unterhaltung unmöglich machte. Es war mir durchaus recht. Ich hätte nur
gern mein Handy gehabt, um nachsehen zu können, ob Sebastian mir eine Nachricht hinterlassen hatte.
Wo steckte er bloß?
Göttin, hoffentlich ging es ihm gut!
Ich schaute aus dem Fenster und kaute vor Sorge meine Fingernägel bis zum Nagelbett ab. Nach einer Weile ging die Sonne vollständig unter, und irgendwann merkte ich, dass die Abstände zwischen den Straßenlaternen immer länger wurden. Als ich plötzlich den Geruch von Dung wahrnahm,
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