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Vampir sein ist alles

Vampir sein ist alles

Titel: Vampir sein ist alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tate Hallaway
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fröstelnd. Ich war froh, dass das Haus von einem Geist bewacht wurde und Sebastian es außerdem mit Bannen schützte. Als ich beklommen aus dem Fenster schaute, rechnete ich fast damit, einen Wolf unter der Straßenlaterne am Friedhof stehen zu sehen, doch außer den hellen Marmorgrabsteinen und den hohen Grasbüscheln, die in den Ecken sprossen, wo der Rasenmäher nicht hinkam, konnte ich nichts erkennen.
    Ich stand auf und suchte meine Kleider zusammen. Dabei fiel mir der Bilderrahmen ins Auge, der neben dem kleinen schwarzen Buch auf der Kommode stand und zuvor von den Rückständen von Sebastians Energie verdeckt gewesen war. Ich nahm ihn in die Hand, wie Sebastian es wohl selbst unzählige Male getan hatte. Das alte Schwarz-Weiß-Foto zeigte eine Gruppe uniformierter Männer, die fröhlich vor einem Militärflugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg posierten. Ich versuchte, Sebastian zu finden, doch er schien gar nicht auf dem Foto zu sein. Komisch.
    Ich stellte es wieder weg und schaute auf die Uhr. Es war bereits halb elf. Zu spät, um noch bei Fremden anzurufen - wenigstens hatte meine Mutter es mir so beigebracht. Dennoch verharrte meine Hand über dem Buch, und schließlich nahm ich es doch mit, als ich ins Badezimmer ging, um mir ein Bad einzulassen.
    Nachdem ich zehn Minuten lang in dem beinahe siedend heißen Wasser gelegen hatte, wurde mir endlich wieder warm. Hatte sich mein Körper so abgekühlt, weil ich auf meiner kleinen Astralreise fast ums Leben gekommen wäre? Ich lehnte mich zurück und versuchte, diesen Gedanken zu verdrängen.
    Als es plötzlich klopfte, schrie ich erschrocken auf.
    „Ich bestelle jetzt Pizza! Was für eine willst du?“, fragte Mátyás durch die geschlossene Tür.
    „Viel Glück!“, rief ich nur und versank noch ein bisschen tiefer im Badeschaum.
    Es gab eine lange Pause, dann wollte Mátyás wissen: „Was soll das denn heißen?“
    „Sebastians Banne!“, sagte ich. „Der Fahrer findet das Haus doch gar nicht!“
    „Oh, stimmt.“
    Ich war mir nicht sicher, ob er noch vor der Tür stand, als ich nach einer Weile vorschlug: „Guck doch mal in die Gefriertruhe! Da müsste noch Pizza sein. Ich nehme die vegetarische!“
    Ich hörte ein Grunzen, das nach Zustimmung klang, dann Schritte, die sich entfernten.
    Mit einem tiefen Seufzer griff ich nach dem kleinen schwarzen Buch auf dem Waschbeckenrand. Meine Finger hinterließen nasse Abdrücke auf dem Einband. Ich nahm
meinen ganzen Mut zusammen und schlug es auf. Alison. Andrea. Cindy. Margaret. Susan. Traci (jawohl, mit „i“). Walter.
    Walter?
    Er wohnte sechs Blocks von mir entfernt. Walter? Ich konnte es nicht fassen. Walter klang nicht einmal besonders sexy. Ich hatte mir wohl vorgestellt, dass ich, wenn ich schon auf einen Männernamen in diesem Buch stoßen musste, etwas Heißes oder Exotisches wie Valentine oder Jean-Baptiste finden würde, aber ... Walter? Wer war dieser Typ?
    Dann merkte ich, dass es auch Einträge von Leuten mit Adressen in anderen Bundesstaaten, ja sogar anderen Ländern gab. Manche Namen waren durchgestrichen. Andere waren um eine neue Telefon- oder Handynummer oder auch E-Mail-Adresse ergänzt worden.
    Ich klappte das Buch wieder zu. Bei der Vorstellung, dass Sebastian kleine einschlägige Botschaften an Walter mailte, platzte mir der Kopf. Ich brauchte dringend Bier, etwas zu essen und Schlaf, und zwar in dieser Reihenfolge.
    Bis die Pizzen aus dem Ofen kamen, hatte ich einen bequemen Trainingsanzug angezogen und bereits mein drittes Bier geleert. Da ich nicht viel Alkohol trinke, war ich zu diesem Zeitpunkt schon völlig besoffen. Das hatte den entscheidenden Vorteil, dass ich alles, was Mátyás zu sagen hatte, urkomisch fand. Das ärgerte ihn offensichtlich sehr, weshalb ich nur noch mehr lachen musste. Ich verschlang zwei Drittel der vegetarischen Pizza, trank ein weiteres Bier und schlief
noch auf der Couch ein.
    Von Bier bekomme ich offenbar Albträume.
    Ich träumte, mein astrales Ich habe sich auf dem Lakewood-Friedhof in Minneapolis verirrt. Ich war von riesigen Grabmalen umgeben; von drei Meter hohen keltischen Kreuzen und Engeln mit steinernen Mienen, die mit hohlen, weißen Augen auf mich herabschauten. Hinter ihnen huschten Schatten vorbei. Plötzlich wurde ich von einem großen schwarzen Hund gejagt. Ich versuchte verzweifelt, zum Eingangstor zu gelangen, bewegte mich aber irgendwie immer tiefer in die Totenstadt hinein. Im Vorbeilaufen nahm ich aus dem Augenwinkel die Grabmale

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