Vampir sein ist alles
Punkt recht gehabt: Traci war schon
so etwas wie eine „weiße Rose“ - nur wollte sie kein Vampir werden, sondern vielmehr eine Hexe. „Oh, mein Gott“, sagte sie noch einmal langsamer. „Das ist ja der Hammer!“
„Äh, ja“, murmelte ich.
„Hättest du Lust?“
„Wozu?“ Das Funkeln in ihren Augen beunruhigte mich. Ihre Frage klang fast nach einem Annäherungsversuch.
„Ein bisschen zu zaubern.“
„Äh.“ Mir war immer noch nicht ganz klar, was Traci wollte, zumal sie sich immer weiter über den Tisch zu mir vorbeugte. „Ich weiß nicht, ob das so gut ist“, sagte ich. Schließlich durften sich Blutspender nicht mit Magie beschäftigen.
„Oh, nicht mit mir zusammen natürlich. Aber du könntest doch zum Beispiel mal einen Blick in die Kugel werfen oder so“, sagte sie. „Ich meine, um Sebastian zu finden.“
Ich konnte nicht fassen, dass diese Frau mir allen Ernstes vorschlug, in eine Kristallkugel zu schauen, um Sebastians Aufenthaltsort ausfindig zu machen. Im nächsten Moment fand ich es genauso unfassbar, dass ich nicht selbst darauf gekommen war. „Gute Idee“, sagte ich.
Nachdem Alison sich vergewissert hatte, dass Traci keinen SM-Keller in ihrem Haus versteckt hatte, erklärten wir ihr unseren Plan - besser gesagt, Traci tat es, und zwar voller Begeisterung.
Alison baute sich in ihrer ganzen Größe vor uns auf. „Das ist verboten!“
„Wir beide sehen doch nur zu“, erwiderte Traci und hüpfte aufgeregt vor ihr auf und ab. „Was brauchen wir dafür?“, fragte sie in meine Richtung.
„Das ist absolut inakzeptabel“, protestierte Alison. „Da mache ich nicht mit!“ Und schon stürmte sie aus dem Haus und knallte die Tür hinter sich zu.
Traci und ich sahen uns an. „Bekommst du jetzt Probleme?“, fragte ich.
„Keine Sorge! Sebastian hat mit mir Schluss gemacht. Ich bin keine Versorgerin mehr, also gelten die Regeln auch nicht mehr für mich. Abgesehen davon ist Zugucken doch nichts
Schlimmes, oder?“
Außer dass es mir ein bisschen voyeuristisch vorkam? Ich schüttelte den Kopf. „Ich brauche irgendetwas Reflektierendes. Normalerweise nimmt man eine Kristallkugel, aber ein Spiegel oder eine Schüssel mit Wasser geht auch.“
„Ich habe eine Kugel“, sagte Traci. „Warte, ich hole sie schnell.“ Kurze Zeit später kehrte sie mit einer Drachenstatue zurück, die eine Rosenkugel in Metalliclila in ihren Klauen hielt, wie man sie in fast jedem Garten fand. „Geht die?“
„Ah, ja, die ist gut“, sagte ich und ließ mir die Statue geben. „Dann können wir ja anfangen.“ Ich wollte die Sache so schnell wie möglich hinter mich bringen.
Keine zehn Minuten später saßen Traci und ich im kühlen Wohnzimmer auf einer ziemlich hart gepolsterten Couch und starrten in die Kugel des Drachens. Traci hatte darauf bestanden, vorher noch ein mit glänzenden Perlen und Ringen besticktes Bauchtänzerinnenkostüm anzuziehen. Dann hatte sie eine CD mit Buckelwalgesängen eingelegt, um uns „in Stimmung zu bringen“. Wahrscheinlich glaubte sie, ich bräuchte so etwas zur Entfaltung meiner magischen Kräfte.
Ich kam mir ein bisschen albern vor. Aber ich war zu allem bereit, wenn es mir nur half, Sebastian zu finden. Traci fragte mich, ob ich sonst noch etwas brauchte, und ich hob theatralisch die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. Dann schloss ich die Augen. Ich spürte, wie Lilith erwachte, und konzentrierte mich: Wo bist du, Sebastian?
Ich öffnete die Augen wieder. Zuerst sah ich rein gar nichts in der Kugel, doch dann blitzte ganz kurz ein lüsternes Grinsen in ihr auf. Im nächsten Moment war es schon wieder verschwunden, aber ich wusste sofort, dass es nicht Sebastians Grinsen gewesen war, sondern Micahs.
MARS
Schlüsselwörter:
Gewalt, Macht, animalische Natur
Ich stand auf. „Ich muss gehen.“
Traci war komplett aus dem Häuschen. „Du hast etwas gesehen! Oh mein Gott! Was hast du gesehen?“
Die Sache mit Micah zu erklären war mir zu kompliziert. „Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, ich habe jemanden gesehen, den ich kenne. Er könnte ein paar Tipps für mich haben.“
Traci nickte ernst. „Dann musst du wirklich gehen“, sagte sie. „Soll ich dich irgendwohin fahren?“
Ich wollte zwar so schnell wie möglich mit Micah sprechen, doch bei der Vorstellung, noch einmal mit einer Fremden Auto fahren zu müssen - vor allem mit einer Fremden, die so fasziniert von mir war schüttelte ich energisch den Kopf. Als Traci mich ansah wie ein
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