Vampir sein ist alles
damit der Papst Teréza das „dämonische“ Blut austrieb.
Falls es funktioniert hatte und sie wieder auf den Beinen war, dann war sie vermutlich nicht besonders begeistert von unserer Hochzeit. Sie war eine Roma, eine Zigeunerin. Es lag immerhin im Bereich des Möglichen, dass sie Sebastian weggelockt hatte, um ihn für sich allein zu haben.
„Ja, genau“, sagte ich. „Wie ist die ganze Sache mit dem Papst überhaupt ausgegangen?“
Mátyás sah mich grimmig an und kniff die Lippen zusammen. „Halt meine daia aus dieser Sache raus!“
Das war schon das zweite Mal, dass er an diesem Abend etwas in seiner Muttersprache sagte.
„Ich finde es nur interessant, dass du genau dann aufgetaucht bist, als Sebastian verschwunden ist. Hast du deine Mama mitgebracht?“
Mátyás erhob sich langsam mit den Händen an den Seiten, als hätte ich ihn zum Duell gefordert. „Ich habe dir doch schon gesagt, warum ich hergekommen bin. Ich wollte ihm ausreden, dich zu heiraten!“
„Du hast meine Frage nicht beantwortet. Was ist mit Teréza? Wo ist sie?“
„Mutter ... erholt sich. Woanders.“
Na, wenn das nicht eigenartig klang! „Sie erholt sich?“
„Ja.“ Er taxierte mich aufmerksam, wie zum Kampf bereit. Ich ahnte, dass er mir nicht viel mehr über Teréza verraten würde. Und ich wusste auch gar nicht, ob ich es wissen wollte - solange sie nur nicht in Sebastians Nähe war. „Sag mir bitte, dass sie nicht in Amerika ist.“
„Sie ist in Italien.“
Obwohl der Himmel immer noch recht dunkel war, wirkte er längst nicht mehr so bedrohlich wie zuvor. Der Regen trommelte leise gegen die Fensterscheibe. Es war zwar möglich, dass Teréza mit Sebastians Verschwinden zu tun hatte, ohne dass Mátyás davon wusste, doch das bezweifelte ich. War sie zu so etwas überhaupt in der Lage, nachdem sie so lange scheintot gewesen war? Und selbst wenn sie sich allmählich erholte, wachte Mátyás sicherlich mit Argusaugen über sie. Es überraschte mich, dass er sich so weit von ihr entfernt hatte. „Du hast deine Mutter in Italien gelassen?“
Seine Wangenmuskeln zuckten abermals, und er seufzte. „Sie ist bei Freunden. Bei Leuten, denen ich vertraue.“
Mátyás hatte Freunde?
„Hör mal“, meinte er, „ich weiß, worauf du hinauswillst, aber meine Mutter ist im Moment gar nicht in der Lage, irgendetwas zu tun. Ich weiß nicht, ob sie es jemals sein wird. Sie hat eine lange Zeit in Dunkelheit verbracht. Es geht ihr nicht gut.“
Über hundert Jahre lang in einem Zustand zwischen Leben und Tod zu verharren, davon konnte man leicht verrückt werden. „Aber sie ist wach, oder?“
Er kniff die Lippen noch fester zusammen. „An manchen Tagen.“
Bedeutete das, dass sie manchmal lebendig war und manchmal wieder tot? Die Sache klang ziemlich kompliziert. Allmählich verstand ich, warum Mátyás nicht darüber reden wollte.
Plötzlich hatte ich Mitleid mit dem Jungen. Sein Leben war ohnehin schon seltsam genug - er hatte einen Vampir als Vater, dessen Blut ihn zum ewigen Teenager gemacht hatte, der dazu verdammt war, durch die Träume anderer zu geistern - und nun war auch noch seine tote Mutter aus dem Jenseits zurückgekehrt.
Ich wollte gerade etwas Aufmunterndes sagen, als es unglaublich krachte. Sämtliche Lampen gingen mit einem Knall aus. Das Haus erbebte. Die Küchentür flog auf, und eine Wolke aus Staub und Eichenblättern fegte herein.
„Was war das?“, fragte Mátyás, zog eine kleine Taschenlampe aus der Hosentasche und leuchtete mir ins Gesicht.
Ich sah ihn hilflos an. Es klang, als wäre gerade mein Wohnzimmer explodiert.
Ein riesiger Baum hatte meine Couch gekillt. Der dicke Stamm hatte sie in zwei Teile gehauen, und aus dem aufgeplatzten Polster quoll gelber Schaumstoff. Die Äste des Baumes hatten außerdem drei Fenster kaputt gemacht, die Hälfte der hundertfünfzig Jahre alten Außenwand eingerissen und meinen Beistelltisch, eine Lampe und mein Bücherregal zerlegt.
Der nasskalte Wind zerfledderte meine Mountain-Astrologer- und I n-touch -Ausgaben, die im ganzen Raum verstreut waren. Es roch verwirrend angenehm nach Holz und Harz, wie im Wald. Der Boden war mit Eichenblättern bedeckt.
Ich konnte es nicht fassen: Die gewaltige Eiche des Nachbarn war in mein Wohnzimmer gekracht.
Barney, die von irgendwo aufgetaucht war, um mit uns den Schaden zu begutachten, strich mir um die Beine. Dann hielt sie plötzlich inne, schnüffelte und nieste.
Magie?
Mátyás hatte offenbar den gleichen
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