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Vampir sein ist alles

Vampir sein ist alles

Titel: Vampir sein ist alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tate Hallaway
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Gedanken. „Hätte das nicht vor einer halben Stunde passieren müssen, als es noch gestürmt hat?“
    Barney pirschte sich in geduckter Haltung an die Äste heran und nieste abermals. Ich nahm sie auf den Arm, weil ich Angst hatte, sie in dem ganzen Chaos zu verlieren. Sie nieste mir auf die Schulter und rieb ihre Nase an meiner Achselhöhle. Der Regen pladderte leise durch das Loch in
der Wand auf meinen Holzboden.
    Ich stieg über verstreute Bücher und meine zerbrochene Kali-Statue und fasste einen knorrigen Ast an. Fast erwartete ich, dass er sich wie ein Trugbild in Luft auflöste, aber er war echt.
    Es klopfte an der Wohnungstür, die der Baum blockierte. „Alles in Ordnung, Frau auf der Flucht?"
    „Frau auf der Flucht?“, fragte Mátyás, und ein amüsiertes Lächeln spielte um seine Lippen. „Eine neue Identität?“
    „Mir geht es gut!“, rief ich in Richtung Tür, ohne Mátyás zu beachten. „Ein Baum ist aufs Haus gestürzt.“
    „Echt? Wie ist das denn passiert?“
    Dann hörte ich eine andere Stimme im Flur. „Erzähl ihr von dem Licht!“
    „Von was für einem Licht?“, wollte ich wissen.
    „Bevor es gekracht hat“, erklärte mein Nachbar, „haben wir ein lila Licht rumschwirren sehen.“
    „Lavendelfarben“, korrigierte die andere Stimme.
    „Fliederfarben.“
    „Wie auch immer, es war ziemlich unheimlich“, sagte mein Nachbar. „Aber wie konnte der Baum überhaupt u mstürzen? Ich dachte, der Sturm wäre vorbei.“
    „Er war auch vorbei“, murmelte Mátyás und sah mich vielsagend an. „Das hier war Absicht. Du wurdest angegriffen.“
    „Was? Das habe ich nicht verstanden“, rief mein Nachbar. „Aber ich wollte sowieso nur nachsehen, ob du okay bist und so. Oh, hey, und ich habe den Vermieter schon angerufen.“
    „Danke!“, rief ich zurück.
    „Kein Problem“, hörte ich ihn brummen, dann polterten sie die Treppe hinunter.
    Mátyás hatte bereits sein Handy am Ohr. „Ich rufe die Versorgungsbetriebe wegen des Stroms an. Der Verteilerkasten ist im Keller?“ Ich nickte. „Ich gehe kurz mal runter und vergewissere mich, dass alles aus ist. Das Gas stelle ich sicherheitshalber auch ab“, fügte er hinzu.
    Ich war froh, dass Mátyás sich um diese Dinge kümmerte. Ich sperrte Barney im Schlafzimmer ein und versuchte, im Wohnzimmer zu retten, was noch zu retten war. Als Mátyás aus dem Keller zurückkehrte, hatte ich die Bücher ordentlich aufgestapelt und saß auf dem Boden und überlegte, ob sich meine Kali-Statue wieder zusammenkleben ließ oder nur noch zum Wegwerfen gut war.
    Mátyás kniete sich neben mich und gab mir ein Seidentaschentuch. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich geweint hatte, aber bei seiner freundlichen Geste verlor ich vollends die Fassung. Als er unbeholfen einen Arm um mich legte, sank ich schluchzend an seine Schulter.
    Nach einer Weile löste ich mich wieder von ihm, und wir sprachen nicht weiter darüber. Mátyás half mir schweigend, die wichtigsten Dinge aus dem Wohnzimmer ins Schlafzimmer zu tragen, und wartete geduldig, bis ich Barney in ihren Transportkorb verfrachtet und meine Tasche gepackt hatte. Es hatte schon etwas Ironisches, dass ich mich dagegen gesträubt hatte, bei Sebastian einzuziehen. Nun war sein Hof die einzige Bleibe, die ich noch hatte.
    „Den Rest können wir morgen machen“, sagte ich.
    „Natürlich“, entgegnete Mátyás sanft und nahm mir meine Reisetasche ab. „Jetzt bringe ich dich erst mal nach Hause.“
    Wenn er nicht aufhörte, so verdammt verständnisvoll und fürsorglich zu sein, würde ich gleich wieder zu heulen anfangen.
    Als wir bei Sebastian waren, weigerte sich Barney, den Transportkorb zu verlassen. Sie blieb mit angelegten Ohren in der hintersten Ecke hocken, und unter ihr unaufhörliches Knurren mischte sich gelegentlich ein herzzerreißendes Jaulen.
    Mátyás hatte sich auf die Ledercouch gesetzt und beobachtete mich dabei, wie ich sie zu trösten und hervorzulocken versuchte. Er schwenkte sein Martiniglas in Richtung des Transportkorbs und sagte: „Es gibt Momente, in denen ich mich genauso fühle, Mieze.“
    Ich stellte eine Schüssel mit Thunfischstückchen vor den Transportkorb. „Guck mal, wie lecker“, flötete ich. „Das willst du dir doch bestimmt nicht entgehen lassen!“
    Sie fauchte mich an.
    Hausgeist Benjamin, der meine Katze anscheinend als störenden Eindringling empfand, rüttelte an den Fenstern.
    „Ihr zwei werdet lernen müssen, miteinander klarzukommen“, sagte ich.

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