Vampirblut (German Edition)
an der Tür des Schlafzimmers vorbeirannte, wurde mir klar, dass ich daneben lag. Wie dumm auch von mir, zu glauben, das er vorhatte, was ich mir insgeheim wünschte, wovor ich aber Angst hatte, weil ich das noch nie getan hatte. Bisher gab es niemanden, mit dem ich das hätte tun wollen – nur William.
Aber in Williams derzeitiger Verfassung wäre das wohl sowieso nie infrage gekommen. Er war ja kaum in der Lage in meiner Nähe zu bleiben, ohne dass ihm das unerträgliche Schmerzen zufügte. Mit mir zu schlafen, würde für ihn dann wohl unmöglich sein.
Mit hochrotem Kopf lief ich hinter ihm her und bemühte mich, mich wieder unter Kontrolle zu bringen, bevor William etwas merkte, wenn er das nicht schon getan hatte.
Er blieb vor einem Bild stehen. Verwirrt starrte ich auf das Gemälde. Ein Porträt eines Mannes, der William sehr ähnlich sah, aber älter war als er. Etwa Ende sechzig.
Der Mann auf dem Gemälde trug eine Art Mantel aus grünem Samt mit großen, reich verzierten, goldenen Knöpfen. Er lehnte an einem Kamin und hatte sein Gesicht, nicht wie auf den meisten Porträts, die ich bisher gesehen hatte, gerade aus auf den Betrachter gerichtet, sondern seitlich auf ein Bild, das auf dem Kamin stand.
„Wer ist das?“, fragte ich William.
„Mein Großvater.“
„Vater hat ein Auge darauf. Du denkst, dein Vater meinte seinen Vater?“
„Das wäre das Einzige was mir einfallen würde. Ich bin sicher er meinte dieses Gemälde.“
„Zumindest wäre anzunehmen, dass wenn dieser Hinweis für dich war, er einen gegeben hätte, den du auch entschlüsseln kannst“, überlegte ich.
Beide standen wir vor dem großen, in einen breiten, goldenen Rahmen gefassten Bild, fast als würden wir in einer Galerie oder in einem Museum vor einem Gemälde eines berühmten Künstlers stehen.
„Erkennst du das Porträt, das er da anschaut?“, fragte ich, fast ehrfürchtig.
„Das ist Papst Leo der XII. Er war zu der Zeit Papst, als mein Vater für den Vatikan gearbeitet hat.“
Ich wandte meinen Blick von William ab, wieder auf das Gemälde von Williams Großvater. „Aber wie sollte uns das weiterhelfen?“
„Ich weiß nicht.“ William zuckte die Schultern.
„Vielleicht hat es ja nichts mit dem Bild des Papstes zu tun. Eher mit etwas hinter oder in dem Bild? Du weißt schon, so wie im Kino? Da findet man auch immer etwas versteckt in einem Bild“, grübelte ich.
Die ganze Zeit strengte ich mich an, William nicht anzusehen, und doch wanderten meine Augen immer wieder wie Magneten zu seinem Gesicht. Und jedes Mal, wenn das passierte, musste ich mit mir ringen, ihn nicht zu berühren. Nicht seine Hand wie zufällig zu streifen, nicht sein Haar aus seinen Augen zu streichen, nicht über ihn herzufallen und ihn einfach zu küssen.
William nickte. Er hob das Bild von der Wand und ging damit runter in die Bibliothek. Er lehnte das Gemälde an seinen Schreibtisch, ging ein paar Schritte zurück und betrachtete es noch einmal aus etwas Entfernung. Dann wendete er das Bild und betrachtete die Rückseite.
Diese war leer. Nur ein Stück vergilbten Papiers, das das Bild von hinten schützen sollte.
William zog ein Messer aus seinem Stiefel und schnitt das Papier auf, dann riss er es hastig und geräuschvoll aus dem Rahmen. Zum Vorschein kam nur die Leinwand des Bildes. Neugierig stellte ich mich zu William und betrachtete die Rückwand des Gemäldes. Auch ich konnte nichts sehen.
William runzelte die Stirn. „Und jetzt?“
Ich strich ihm zaghaft mit den Fingern über den Handrücken. William lächelte und küsste mich, kaum dass er meine Lippen wirklich berührte. Nur ein flatterndes Streichen seiner wundervollen Lippen auf meinen. Ich seufzte.
Am liebsten hätte ich meine Arme um seinen Hals geschlungen, ihn an mich gezogen und ihn nie wieder los gelassen. Aber ich wusste, ich durfte das nicht tun, nicht wenn ich nicht riskieren wollte, dass er wieder vor mir flüchtete. Also begnügte ich mich mit diesem sanften Zeichen seiner Zuneigung. William wendete das Bild wieder um und betrachtete das Gemälde wieder von der richtigen Seite.
In diesem Moment kamen Dakota und Tucker in die Bibliothek. Wie vom Blitz getroffen blieben beide in der Tür stehen, als ihre Blicke auf William fielen.
„Du bist wieder da?“, fragte Dakota, etwas unsicher.
„Ich wohne hier“, gab William angestrengt zurück. Seine Augen wechselten von Kornblumenblau auf Schwarz wie die Nacht und ich wusste; drei Menschen waren drei zu
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