Vampirdämmerung / Roman
es in der Außenwelt keinen geeigneten Platz gab.
Die primitive Schönheit war das Erste, was ihm auffiel: die zarten Schädelknochen, das beinahe katzenhafte Gesicht, umrahmt von einem leuchtenden Fächer aus Haut und Knochen. Die Haut war glatt, ziegelrot mit cremefarbenen Punkten.
Der Drache kam noch näher, so dass Alessandro nun auch die kurzen Beine erkennen konnte, die von schillernden Schuppen bedeckt waren, die hakenförmigen Krallen schwarz. Er war niedriger als ein Mensch, aber um die sieben Meter lang.
Kurz vor Alessandros Versteck blieb der Drache stehen, blinzelte mit seinen rubinroten Augen und strahlte eine Hitze ab, als würde man vor einem Hochofen stehen. Alessandro atmete bewusst nicht, um seine Lunge vor dem Drachenatem zu schützen, aber er hörte, wie Ashe hustete.
Das hatte den Drachen veranlasst stehenzubleiben. Er schnupperte, wobei seine geweiteten Nüstern den Blick auf das dampfende Rot in seinem Innern freigaben. Die Bestie interessierte sich ein bisschen zu sehr für das, was sie roch. Alessandro musste schnell handeln.
Wie klug waren Drachen? Intelligenter als Hollys Kater? Alessandro holte ein paar lose Münzen aus seiner Tasche und warf eine so weit er konnte den Gang hinunter vor das Untier. Klimpernd landete sie auf dem Steinboden.
Mit unheimlicher Geschwindigkeit wandte der Drache den Kopf um und glotzte sturmbereit in den Korridor hinter sich. Sturmbereit. Lautlos holte Alessandro aus und warf eine zweite Münze. In einem komischen Wiegeschritt lief der Drache los. Die ganze Gestalt wippte von einer Seite zur anderen, und der Bauch schabte über den harten Boden.
Ashe sprang aus ihrem Versteck, und Alessandro folgte ihr keine Sekunde später. Sie rannten hinter dem Drachen her, konnten jedoch kaum mit der Bestie mithalten. Für eine solch große Kreatur bewegte er sich blitzschnell, und der muskulöse hin- und herschlagende Schwanz war lebensgefährlich für jeden Verfolger. Alessandro musste einige Male beiseitespringen, um den Peitschenhieben auszuweichen.
Dann erreichte der Drache die Stelle, an der die Münzen lagen, und schnüffelte wie ein Hund auf dem Boden. Enttäuscht schnaubte er einen Schwall Qualm und Rauch aus, der sich wie ein Fragezeichen über seinem Schädel krümmte. Dann lief er wiegend noch ein Stück weiter, wobei sein Kopf weit zu den Seiten ausschwang.
Ein Hoffnungsschimmer regte sich in Alessandro. Sie waren hinter dem Drachen, sicher vor seinen Flammen, und er stand still. Bisher verlief alles gemäß Alessandros hastig geschmiedetem Plan. Der nächste Schritt wäre, von beiden Flanken gleichzeitig anzugreifen.
Im Laufen bedeutete er Ashe stumm, was sie tun sollte, und sie schien zu verstehen.
Aber dann lief der Drache wieder vorwärts. Er musste einen neuen Geruch aufgenommen haben.
Gar nicht gut.
Sollte er das Ende des Korridors erreichen, wären die Höllenhundfamilien tot.
Alessandro sprang in die Luft und überbrückte fliegend die Distanz, ehe der Drache mit dem Maul oder seinen Flammennüstern zielen konnte. Er schlug mit dem Schwert zu, wollte die Kehle erwischen, doch der Drache drehte sich zur Seite. Alessandro duckte sich, und die Bestie schnappte in die Luft, wo eben noch Alessandro gewesen war.
Ashe schoss der Kreatur in die Seite, und sie zuckte. Die kurze Kugelsalve durchschlug die Schuppen zwar nicht, musste aber dennoch wehgetan haben. Mit einer sehnigen Seitwärtsbewegung wandte der Drache sich um, das Maul weit offen und Zähne so groß wie Messer entblößend. Er spie einen Feuerschwall aus, und Flammen züngelten über die Steine.
Ashe!
Sie warf sich auf den Boden, so dass das Feuer über sie hinwegrauschte. Ihr Gewehr klapperte, als es aufschlug.
Alessandro landete und rammte der Kreatur beidhändig das Schwert in den Nacken. Er hätte lieber eine verwundbarere Stelle gewählt, doch es war keine Zeit für eine Strategie geblieben. Der Feuerschwall brach ab, und nur noch wenige kleine Flammen stiegen in die Luft auf, ehe sie sich in Nichts auflösten. Es folgte ein Brüllen voller Zorn und Schmerz, das den dunklen Korridor zum Erbeben brachte.
Alessandro riss an seinem Schwert, doch es steckte fest. In seinem verzweifelten Bemühen, Ashe zu retten, hatte er die Schuppen und den darunterliegenden Muskel durchbohrt, dem Drachen jedoch keine ernste Verletzung zugefügt. Er hatte ihn bloß wütend gemacht.
Merda!
Das Biest zuckte, und ein Schaudern durchfuhr den schlangenähnlichen Körper bis zur Schwanzspitze. Von der
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