Vampire Academy 03 ● Schattenträume
oft Gefangene genommen, um sie als Imbiss für später aufzubewahren.
Manchmal schickte auch ein mächtiger Strigoi, der die Schmutzarbeit nicht selbst tun wollte, seine Untergebenen aus, um ihm Beute zu beschaffen. Ab und zu kam es vor, dass sie ganz bewusst Gefangene mitnahmen, um sie in Strigoi zu verwandeln. Welchen Grund sie auch gehabt haben mochten, es bedeutete, dass einige unserer Leute vielleicht noch lebten.
Die Schüler, Moroi wie Dhampire, wurden versammelt, sobald bestimmte Gebäude für Strigoi-frei erklärt wurden. Erwachsene Moroi wurden mit uns zusammen hineingeführt, damit die Wächter den Schaden einschätzen konnten. Ich wünschte mir verzweifelt, bei ihnen zu sein, zu helfen und meinen Anteil beizutragen, aber sie machten mir klar, dass meine Arbeit vorüber war. Ich konnte an dieser Stelle nichts anderes tun, als warten und mir mit den Übrigen zusammen Sorgen zu machen. Es kam mir immer noch unwirklich vor. Strigoi hatten unsere Schule angegriffen. Wie konnte das nur geschehen? Die Akademie war sicher. Das hatte man uns immer gelehrt. Sie musste sicher sein. Es war der Grund, warum unsere Schuljahre so lang waren und warum Moroi-Familien es ertrugen, für den größten Teil des Jahres voneinander getrennt zu sein. Ein sicherer Ort für ihre Kinder war dieses Opfer wert.
Das traf aber jetzt nicht mehr länger zu.
Es waren nur wenige Stunden nötig, um eine Zählung der Opfer vorzunehmen, doch das Warten, während diese Berichte durchdrangen, fühlte sich wie Tage an. Und die Zahlen.... die Zahlen waren grausam. Fünfzehn Moroi und zwölf Wächter waren getötet worden. Eine Gruppe von dreizehn Personen, sowohl Moroi als auch Dhampire, war verschleppt worden. Die Wächter schätzten, dass es annähernd fünfzig Strigoi gewesen sein mussten, was schlicht unfassbar war. Sie hatten die Leichen von achtundzwanzig Strigoi gefunden. Die Übrigen waren offenbar entkommen, und viele hatten Opfer mitgenommen.
Für eine so große Gruppe angreifender Strigoi war die Zahl unserer Opfer immer noch niedriger, als man vielleicht erwartet hätte. Einige Umstände hatten Schlimmeres verhindert. Einer war die frühzeitige Warnung gewesen. Die Strigoi waren kaum bis zum inneren Bereich der Schule vorgedrungen, als ich Stan gewarnt hatte. Die Schule war schnellstens - Gebäude für Gebäude - hermetisch abgeriegelt worden, und dass wegen der Sperrstunde fast alle bereits in ihren Wohnheimen gewesen waren, war dabei sehr vorteilhaft gewesen. Die meisten der Moroi-Opfer - tot oder entführt - waren jene, die beim Erscheinen der Strigoi noch im Freien gewesen waren.
Die Strigoi hatten es nicht bis in die Grundschulwohnheime geschafft, was, wie Dimitri sagte, größtenteils mir und Christian zu verdanken war. Es war ihnen jedoch gelungen, in eins der Moroi-Wohnheime einzubrechen - nämlich in das, in dem Lissa lebte. Als ich das hörte, wurde mir flau im Magen. Und obwohl ich durch das Band spüren konnte, dass es ihr gut ging, konnte ich doch nichts anderes sehen als diesen grinsenden blonden Strigoi, der mir erklärte, er werde den Dragomirs den Rest geben. Ich wusste nicht, was mit ihm geschehen war. Die angreifenden Strigoi waren dann glücklicherweise nicht weit in ihr Wohnheim vorgedrungen, aber es hatte Opfer gegeben.
Eines davon war Eddie.
„Was?”, rief ich, als Adrian es mir erzählte.
Wir waren gerade in der Cafeteria und aßen. Ich war mir nicht sicher, welche Mahlzeit es war, da der Campus zu einem Tageslichtzeitplan zurückgekehrt war, der mein Zeitgefühl außer Kraft setzte. In der Cafeteria war es fast vollkommen still, denn alle Gespräche wurden im Flüsterton geführt. Die Mahlzeiten waren der einzige Grund, warum Schüler ihre Wohnheime verlassen durften. Später würde es eine Zusammenkunft der Wächter geben, zu der man mich tatsächlich eingeladen hatte, aber für den Augenblick musste ich mich an die gleichen Regeln halten wie der Rest meiner Freunde.
„Er war bei euch”, sagte ich. Ich konzentrierte mich beinahe anklagend auf Lissa. „Ich habe ihn doch gesehen. Durch deine Augen.”
Sie blickte mich über das Tablett an, auf dem Essen stand, an dessen Verzehr sie kein Interesse mehr hatte, und ihr Gesicht war bleich und voller Trauer. „Als die Strigoi ins untere Stockwerk eindrangen, sind er und einige andere Novizen hinuntergegangen, um zu helfen.”
„Man hat seinen Leichnam nicht gefunden”, sagte Adrian. Auf seinem Gesicht lag kein Grinsen mehr, überhaupt keine Spur
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