Vampire Academy 04
Welt reichte nicht, um es jetzt geschehen zu lassen. Verdammt. Welchen Nutzen hatten derart Furcht einflößende Kräfte, wenn ich sie nicht zu meinem Vorteil nutzen konnte?
Stattdessen zog ich den DVD-Player aus dem Regal und riss dabei die Kabel aus der Wand. Das war zwar keine richtige Waffe, aber inzwischen war ich richtiggehend verzweifelt. Plötzlich hörte ich ein seltsames, primitives Kriegsgeheul, und ein ferner Teil meiner Selbst begriff, dass ich selbst es ausstieß. Wieder rannte ich auf Dimitri zu und schleuderte mit aller Kraft den DVD-Player nach ihm. Es hätte wahrscheinlich sogar ein wenig wehgetan – falls er Dimitri getroffen hätte. Was er jedoch nicht tat. Dimitri fing auch diese Waffe ab und warf sie zu Boden. Der DVD-Player zersprang in tausend Stücke. Mit der gleichen Bewegung packte er meine Arme, um mich daran zu hindern, ihn zu schlagen oder mir das nächste Objekt zu schnappen. Sein Griff war so fest, als könnten meine Knochen brechen, aber ich setzte mich weiterhin zur Wehr.
Er versuchte es erneut mit Vernunft. „Ich werde dir nicht wehtun. Roza, bitte, hör auf.“
Roza. Mein alter Spitzname. Der Name, bei dem er mich zum ersten Mal genannt hatte, als wir Victors Lustzauber zum Opfer gefallen waren und einander nackt in den Armen gelegen hatten …
Dies ist nicht der Dimitri, den du einst gekannt hast.
Meine Hände waren kampfunfähig, also setzte ich, so gut ich konnte, meine Knie und Füße ein. Es bewirkte allerdings nicht viel. Ohne genügend Abstand waren meine Tritte viel zu kraftlos. Was Dimitri betraf, so wirkte er eher entnervt als ernstlich besorgt oder wütend. Mit einem lauten Seufzer packte er meine Schultern, riss mich herum, presste mich gegen die Wand und machte mich mit vollem Körpereinsatz bewegungsunfähig. Ich wand mich hin und her, aber ich saß genauso fest, wie die Strigoi es getan hatten, wenn ich mit den anderen auf die Jagd gegangen war. Das Universum hatte wirklich einen kranken Sinn für Humor.
„Hör auf, gegen mich zu kämpfen.“ Ich spürte seinen warmen Atem in meinem Nacken, seinen Körper direkt an meinem. Ich wusste, dass sein Mund nur wenige Zentimeter entfernt war. „Ich werde dir nicht wehtun.“
Ich versuchte noch einmal, mich herauszuwinden, doch es war sinnlos. Mein Atem ging in rauen Stößen, und mein verletzter Kopf pulsierte. „Du wirst sicher verstehen, dass es mir schwerfällt, dir das zu glauben.“
„Wenn ich dich töten wollte, wärst du schon längst tot. Solltest du also weiter kämpfen wollen, werde ich dich fesseln müssen. Sobald du aufhörst, darfst du dich wieder frei bewegen.“
„Hast du keine Angst, dass ich fliehen könnte?“
„Nein.“ Seine Stimme war vollkommen ruhig, und mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. „Habe ich nicht.“
Wir standen beinahe eine Minute lang reglos da. Meine Gedanken überschlugen sich. Es stimmte, dass er mich wahrscheinlich bereits getötet hätte, wäre das seine Absicht gewesen, doch dies gab mir keinen Grund zu glauben, dass ich hier auch nur annähernd sicher war. Nichtsdestoweniger steckten wir in diesem Kampf in einer Pattsituation. Okay, Patt traf es nicht ganz. Ich war wohl eher matt gesetzt. Er spielte mit mir. Mein Kopf dröhnte immer noch von seinem ersten Schlag, und dieses vergebliche Kämpfen forderte ebenfalls seinen Tribut. Ich musste meine Kräfte schonen, um eine Möglichkeit zur Flucht zu finden – falls ich noch so lange lebte. Außerdem musste ich aufhören, darüber nachzudenken, wie nahe unsere Körper einander waren. Nachdem wir monatelang so sehr achtgegeben hatten, uns nicht zu berühren, war allein dieser Kontakt schon allzu berauschend.
Ich entspannte mich in seinem Griff. „In Ordnung.“
Er zögerte, bevor er mich losließ, wahrscheinlich weil er sich fragte, ob er mir trauen konnte. Dieser ganze Augenblick erinnerte mich an den Tag, als wir in der kleinen Hütte am Rand des Akademiegeländes zusammen gewesen waren. Ich war zornig und aufgebracht gewesen, voller Dunkelheit des Geistes. Auch damals hatte Dimitri mich festgehalten und es geschafft, mich mit Worten aus diesem schrecklichen Zustand herauszuholen. Wir hatten uns geküsst, dann hatte er meine Bluse angehoben und – nein, nein. Nicht hier. Ich durfte jetzt nicht daran denken.
Schließlich löste Dimitri seinen Griff und ließ mich los. Ich drehte mich um, und all meine Instinkte wollten zuschlagen und ihn abermals angreifen. Streng ermahnte ich mich, den richtigen
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