Vampire Academy 04
sich nun als eine Dummheit meinerseits herausstellte.
Meine benommenen Gedanken wurden jäh unterbrochen, als sich die Tür plötzlich öffnete. Dimitri drehte sich um und stieß mich dabei so hart von sich, dass er im nächsten Moment schützend vor mir stand. Zwei Leute traten ein und schlossen die Tür hinter sich, noch bevor ich auch nur in Erwägung ziehen konnte, einen Fluchtversuch zu unternehmen. Einer der Neuankömmlinge war ein Strigoi, ein Mann; der andere war eine menschliche Frau, die mit gesenktem Kopf ein Tablett in Händen hielt.
Den Strigoi erkannte ich sofort. Wie hätte ich ihn jemals vergessen können; sein Gesicht verfolgte mich noch immer in meinen Träumen. Blondes Haar, etwa so lang wie das Dimitris, umrahmte ein Gesicht, das so aussah, als sei er bei seiner Verwandlung Anfang zwanzig gewesen. Als Lissa und ich noch jünger gewesen waren, hatte er uns angeblich schon öfter gesehen, aber ich selbst war ihm bisher nur zweimal begegnet. Das erste Mal, als ich auf dem Gelände der Akademie mit ihm gekämpft hatte. Und das zweite Mal, als ich ihm in der Höhle begegnet war, die andere Strigoi als Unterschlupf benutzten.
Und er war derjenige, der Dimitri gebissen und verwandelt hatte.
Der Mann würdigte mich kaum eines Blickes und richtete stattdessen die volle Wucht seiner Wut gegen Dimitri. „Was zum Teufel geht hier vor?“ Ich hatte keine Probleme, ihn zu verstehen. Er war Amerikaner. „Du hältst dir hier oben ein Schoßtier?“
„Das geht dich nichts an, Nathan.“ Dimitris Stimme war reinstes Eis. Zuvor hatte ich noch geglaubt, dass er mit seinen Worten keinerlei Gefühle vermitteln konnte. Jetzt wurde mir klar, dass sie lediglich schwieriger wahrzunehmen waren. In diesem Moment lag eine klare Herausforderung in seiner Stimme, eine Warnung für diesen anderen Mann, ihm nicht in die Quere zu kommen. „Galina hat mir die Erlaubnis erteilt.“
Nathans Blick wanderte von Dimitri zu mir. Sein Zorn wich einem Schock. „Sie?“
Dimitri veränderte ein wenig seine Position, sodass er nun direkt vor mir stand. Die Rebellin in mir wollte ihn anfauchen, dass ich den Schutz eines Strigoi nicht brauchte, nur dass … nun ja, irgendwie brauchte ich ihn eben doch.
„Sie war in dieser Schule in Montana … Wir haben gekämpft …“ Nathan zog die Lippen zurück und zeigte mir seine Reißzähne. „Ich hätte ihr Blut gekostet, wenn dieses Feuer benutzende Moroi-Balg nicht dabei gewesen wäre.“
„Das hier hat nichts mit dir zu tun“, erwiderte Dimitri.
Nathans rote Augen waren groß und voller Eifer. „Machst du Witze? Sie kann uns zu dem Dragomir-Mädchen führen! Wenn wir diese Linie auslöschen, werden unsere Namen zur Legende werden. Wie lange willst du sie bei dir behalten?“
„Raus hier“, knurrte Dimitri. „Und das ist keine Bitte.“
Nathan deutete auf mich. „Sie ist wertvoll. Und wenn du sie schon als ein Bluthurenspielzeug behalten willst, dann teile wenigstens. Wir holen die Information aus ihr heraus und geben ihr dann den Rest.“
Dimitri trat einen Schritt vor. „Verschwinde. Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst, werde ich dich vernichten. Ich werde dir mit bloßen Händen den Kopf abreißen und dabei zusehen, wie er in der Sonne verbrennt.“
Nathan wurde wieder wütend. „Galina wird dir nicht erlauben, mit diesem Mädchen Vater-Mutter-Kind zu spielen. Selbst du stehst nicht so hoch in ihrer Gunst.“
„Zwing mich nicht, dir noch einmal zu sagen, dass du gehen sollst. Ich bin heute nicht besonders geduldig.“
Nathan erwiderte nichts, die beiden Strigoi standen nur da und starrten einander an. Ich wusste, dass Kraft und Macht eines Strigoi zum Teil mit seinem Alter zusammenhingen, und Nathan war offensichtlich als Erster verwandelt worden. Ich wusste zwar nicht, wie groß sein Vorsprung war, aber während ich die beiden beobachtete, gewann ich den Eindruck, dass Dimitri womöglich stärker war oder dass ein Kampf zumindest eine sehr, sehr knappe Angelegenheit werden würde. Ich hätte schwören können, einen Hauch von Furcht in Nathans roten Augen zu erkennen, aber er wandte sich ab, bevor ich genauer hinsehen konnte.
„Diese Sache ist noch nicht erledigt“, blaffte er, während er langsam zur Tür ging. „Ich werde mit Galina reden.“
Er verließ den Raum, und für einen Moment herrschte Stille, niemand regte sich. Dann sah Dimitri die menschliche Frau an und sagte etwas auf Russisch. Sie hatte die ganze Zeit nur wie erstarrt dagestanden.
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