Vampire Academy 04
warf ich mich erschöpft auf das Ledersofa und versuchte, alle meine Möglichkeiten abzuwägen. Dieser Denkprozess dauerte jedoch nicht sehr lange. Schließlich wurde ich in einem Haus voller Strigoi gefangen gehalten. Okay, das konnte ich zwar nicht mit Bestimmtheit sagen, aber ich wusste immerhin von mindestens drei Strigoi, und das waren für meinen Geschmack schon viel zu viele. Dimitri hatte diesen Ort als ein „Landgut“ bezeichnet, was mich nicht gerade aufmunterte. So ein Landgut war zumeist ziemlich riesig, und die Tatsache, dass ich mich vermutlich im dritten Stock befand, war der Beweis dafür. Ein großes Haus bedeutete, dass es jede Menge Platz für jede Menge Vampire bieten konnte.
Der einzige Trost, den ich hatte, war das Wissen, dass Strigoi nicht sehr gut im Team zusammenarbeiten. Große Gruppen, die gemeinsam vorgehen, sind selten anzutreffen. Das hatte ich bisher erst zwei Mal beobachtet – wobei einer dieser Anlässe der Angriff auf die Akademie gewesen war. Damals hatten sich die Strigoi auch nur zusammengetan, weil die Schutzzauber der Schule ausgefallen waren. Selbst wenn sie tatsächlich einmal zusammenzuarbeiten versuchten, waren die Bündnisse normalerweise recht kurzlebig. Die Spannung, die ich zwischen Dimitri und Nathan wahrgenommen hatte, sprach Bände.
Dimitri.
Ich schloss die Augen. Dimitri war der Grund, warum ich hier war. Ich kam her, um ihn aus diesem Zustand lebendigen Todes zu befreien, und war, genau wie er gesagt hatte, prompt gescheitert. Und jetzt sah es so aus, als stünde ich kurz davor, mich zu ihm zu gesellen. Na klasse. Gut gemacht, Rose. Ich schauderte bei dem Gedanken, selbst eine von ihnen zu sein. Rote Ringe um meine Pupillen. Gebräunte, bleich gewordene Haut. Ich konnte es mir einfach nicht bildlich vorstellen, aber vermutlich würde ich mich, sollte es tatsächlich dazu kommen, ohnehin niemals sehen müssen. Denn Strigoi warfen kein Spiegelbild. Somit würde es zu einer ausgesprochen nervigen Angelegenheit werden, mir die Haare zu machen.
Die schrecklichste Veränderung würde im Innern stattfinden, der Verlust meiner Verbindung zu meiner Seele. Sowohl Dimitri als auch Nathan waren grausam und feindselig. Selbst wenn ich nicht da gewesen wäre und den Streit ausgelöst hätte, wäre wahrscheinlich nicht viel Zeit vergangen, bis sie einen anderen Grund gefunden hätten, gegeneinander anzutreten. Ich war zwar auch kampfbereit, aber diese Bereitschaft wurde immer von Leidenschaft für andere angetrieben. Strigoi kämpften hingegen, weil sie das Blutvergießen genossen. So wollte ich nicht sein, auf der Suche nach Blut und Gewalttätigkeit, weil es mir womöglich Spaß machte.
Im Grunde wollte ich das auch von Dimitri nicht glauben, doch seine Taten hatten ihn bereits als einen Strigoi gebrandmarkt. Ich wusste natürlich auch, wovon er sich die ganze Zeit ernährt haben musste, um zu überleben. Strigoi konnten zwar länger auf Blut verzichten als Moroi, aber seit seiner Verwandlung war inzwischen mehr als ein Monat ins Land gegangen. Es stand also außer Frage, dass er Nahrung zu sich genommen hatte, und Strigoi töteten ihre Opfer fast immer. Ich konnte mir das bei Dimitri eigentlich gar nicht vorstellen … nicht bei dem Mann, den ich einmal gekannt hatte.
Ich öffnete die Augen. Beim Thema Nahrungsaufnahme musste ich an mein Mittagessen denken. Pizza und Brownies. Zwei der perfektesten Speisen auf dem Planeten. Die Pizza war während meiner Fluchtversuche natürlich längst kalt geworden, aber als ich den Teller anstarrte, sahen sowohl sie als auch der Brownie einfach köstlich aus. Wenn das Tageslicht draußen als Hinweis gelten konnte, waren zwar noch nicht ganz vierundzwanzig Stunden vergangen, seit Dimitri mich gefangen genommen hatte, aber es fehlte nicht mehr viel daran. Das war eine ziemlich lange Zeit ohne Nahrung, und ich wollte diese Pizza unbedingt essen, ob sie nun kalt war oder nicht. Ich wollte keinesfalls verhungern.
Natürlich wollte ich auch keine Strigoi werden, doch die Angst davor trat schnell hinter dem zurück, was ich zunächst einmal wollte. Es dauert lange, bis man verhungert, und ich vermutete, dass Dimitri recht hatte: Er würde mich verwandeln, lange bevor ich eine Chance bekam, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Ich würde wohl eine andere Möglichkeit finden müssen, um zu sterben – Gott, nicht, dass ich das überhaupt wollte –, und in der Zwischenzeit konnte ich genauso gut einfach zusehen, dass ich bei Kräften
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