Vampire Academy 04
beugte sie sich vor und stellte das Tablett vorsichtig auf dem Beistelltisch neben der Couch ab. Sie hob einen silbernen Deckel hoch, und zum Vorschein kam eine dick mit Käse überbackene Peperoni-Pizza. Unter anderen Umständen wäre es lächerlich und lustig zugleich gewesen, wenn mir jemand im Haus eines Strigoi eine Pizza gebracht hätte. Jetzt, nach Dimitris Drohung, mich zu einer Strigoi zu machen, und angesichts Nathans Wunsch, mich zu benutzen, um an Lissa heranzukommen, war gar nichts mehr komisch. Selbst Rose Hathaway kannte ihre Grenzen, wenn es darum ging, Witze zu reißen. Neben der Pizza lag ein riesiger Brownie mit Zuckerguss. Eins meiner Lieblingsgerichte, wie Dimitri sehr genau wusste.
„Mittagessen“, erklärte er. „Nicht vergiftet.“
Die Speisen auf dem Tablett sahen umwerfend aus, aber ich schüttelte den Kopf. „Ich werde nicht essen.“
Er zog eine Augenbraue hoch. „Möchtest du etwas anderes?“
„Ich möchte nichts anderes, weil ich überhaupt nichts essen werde. Wenn du mich nicht umbringen willst, dann tue ich es eben selbst.“ Mir kam der Gedanke, dass der Mangel an Waffen in dieser Suite wahrscheinlich nicht nur zu ihrem, sondern ebenso zu meinem eigenen Schutz diente.
„Indem du dich zu Tode hungerst?“ In seinen Augen lag dunkle Erheiterung. „Bevor es dazu kommt, werde ich dich längst erweckt haben.“
„Warum tust du es nicht einfach jetzt gleich?“
„Weil ich lieber warten möchte, bis du dazu bereit bist.“ Mann, er klang wirklich wie Abe, nur dass es vergleichsweise harmlos schien, jemandem die Knochen zu brechen.
„Da wirst du aber lange warten müssen“, antwortete ich.
Dimitri lachte laut auf. Als Dhampir hatte er nur selten gelacht, und es zu hören, hatte mich jedes Mal bewegt. Jetzt besaß sein Lachen jedoch nicht mehr die volle Wärme, die sich immer um mein ganzes Wesen gelegt hatte. Es war kalt und bedrohlich. „Wir werden sehen.“
Und bevor ich zu einer Gegenrede ansetzen konnte, trat er wieder vor mich hin. Er legte eine Hand in meinen Nacken, zog mich ganz nah heran, ließ meinen Kopf leicht nach hinten kippen und presste seine Lippen auf meine. Sie waren genauso kalt wie der Rest seiner Haut. Dennoch lag auch etwas Warmes darin. Irgendeine Stimme in mir schrie, das sei krank und abscheulich … aber gleichzeitig trat die Welt um mich herum in den Hintergrund, während wir uns küssten, und ich konnte beinahe so tun, als wären wir wieder in jener Hütte.
Dimitri zog sich genauso schnell zurück, wie er näher gekommen war, und ich blieb keuchend und mit weit aufgerissenen Augen auf der Stelle stehen. Lässig, als sei nichts weiter geschehen, deutete Dimitri auf die Frau. „Das ist Inna.“ Beim Klang ihres Namens blickte sie auf, und ich sah, dass sie nicht älter war als ich. „Sie arbeitet auch für Galina und wird sich um dich kümmern. Wenn du irgendetwas brauchst, lass es sie wissen. Sie spricht nicht besonders gut Englisch, aber sie wird dich schon verstehen.“ Er sagte noch etwas zu ihr, und sie folgte ihm unterwürfig zur Tür.
„Wo gehst du hin?“, fragte ich.
„Ich habe ein paar Dinge zu erledigen. Außerdem brauchst du Zeit zum Nachdenken.“
„Es gibt nichts, worüber ich nachdenken müsste.“ Ich zwang so viel Gegenwehr wie möglich in meine Worte.
Allerdings hatte meine Antwort wohl nicht allzu grimmig geklungen, denn ich erntete nur ein spöttisches Lächeln, bevor er mit Inna wegging und mich in meinem luxuriösen Gefängnis allein zurückließ.
19
Für jemanden, der Denis diverse Predigten über Impulskontrolle gehalten hatte, gab ich kein besonders gutes Vorbild ab. Denn sobald ich wieder allein in der Suite war, probierte ich weiter alles Mögliche aus, um hinauszukommen – mit der Betonung auf „probieren“.
Nathans Verhalten hatte darauf hingedeutet, dass hier nur selten Gefangene untergebracht wurden, aber soweit ich das beurteilen konnte, war diese Suite eigens zu dem Zweck eingerichtet worden, Leute festzuhalten. Die Tür und das Fenster erwiesen sich nach wie vor als unüberwindbar, ganz gleich, wie hart ich dagegen schlug oder welche Gegenstände ich warf. Anstelle des Stuhls nahm ich diesmal einen der Beistelltische aus dem Wohnzimmer, in der Hoffnung, dass dessen Gewicht mehr ausrichten würde. Fehlanzeige. Als das nicht funktionierte, versuchte ich es sogar damit, willkürlich irgendwelche Codes in den Ziffernblock des Türschlosses einzutippen. Ebenfalls völlig sinnlos.
Schließlich
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