Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vampire Academy 04

Vampire Academy 04

Titel: Vampire Academy 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Mead
Vom Netzwerk:
zu überqueren, immer einen Schritt nach dem anderen. Als ich auf der anderen Seite ankam, stand ich vor der Wahl, dem Fluss oder der Straße zu folgen? Sie verliefen nicht genau parallel zueinander, führten jedoch in etwa in die Richtung, in der die Stadt lag. Ich entschied mich für die Straße. Ich mochte nicht in der Nähe des Flusses bleiben. Ich wollte nicht daran denken, was gerade geschehen war. Ich konnte nicht daran denken. Mein Gehirn weigerte sich. Kümmere dich zuerst darum, am Leben zu bleiben. Dann kannst du dir immer noch Sorgen darüber machen, wie du weiterleben wirst.
    Obwohl es sich eher um einen Feldweg handelte, war er eben und gleichmäßig und somit leicht begehbar – zumindest wäre er das für jeden anderen gewesen. Dann fing es plötzlich an zu nieseln, was alles nur noch schlimmer machte. Ich wollte mich einfach nur hinsetzen und ausruhen, wollte mich zu einem Ball zusammenrollen und an nichts mehr denken. Nein, nein, nein. Das Licht. Ich musste auf das Licht zugehen. Fast hätte ich laut gelacht. Das klang doch zu lustig. So als machte ich gerade eine Nahtoderfahrung. Da musste ich allerdings tatsächlich lachen. Die ganze Nacht war voller Nahtoderfahrungen gewesen, von denen die hier nun wirklich die ungefährlichste war.
    Es war aber auch die letzte, und obwohl ich mich so nach der Stadt sehnte, war sie einfach zu weit entfernt. Ich weiß nicht, wie lange ich gegangen war, als ich schließlich doch haltmachen und mich hinsetzen musste. Nur eine Minute, sagte ich mir. Ich würde mich eine Minute ausruhen und dann weitergehen. Ich musste weitergehen. Falls ich durch irgendeinen dummen Zufall sein Herz verfehlt hatte, konnte Dimitri jeden Augenblick aus dem Fluss geklettert kommen. Oder vielleicht wurde ich bereits von anderen überlebenden Strigoi aus der Villa verfolgt.
    Doch ich stand nicht nach einer Minute wieder auf. Vermutlich war ich eingeschlafen, aber ich konnte ehrlich nicht sagen, wie lange ich dort gesessen hatte, als ich plötzlich von zwei Scheinwerfern geweckt wurde. Ich war sofort hellwach. Ein Wagen drosselte das Tempo und blieb stehen. Etwas wackelig kam ich auf die Füße, riss mich dann aber zusammen.
    Kein Strigoi stieg aus. Sondern ein alter männlicher Mensch. Er musterte mich und sagte etwas auf Russisch. Ich schüttelte den Kopf und trat einen Schritt zurück. Er beugte sich in den Wagen, sprach mit jemandem, und einen Moment später stieg auf der anderen Seite eine ältere Frau aus. Sie sah mich an, und ihre Augen weiteten sich, waren voller Mitgefühl. Sie sagte etwas mit einem sanften Klang und hielt mir eine Hand hin, sehr vorsichtig, als würde sie sich einem wilden Tier nähern. Ich starrte die Frau ein paar Sekunden lang an, dann deutete ich auf den purpurnen Horizont.
    „Nowosibirsk“, sagte ich.
    Sie folgte meiner Geste und nickte. „Nowosibirsk.“ Sie zeigte auf mich und dann auf den Wagen. „Nowosibirsk.“
    Ich zögerte noch einen Moment, dann ließ ich mich von ihr zur Rückbank des Wagens führen. Sie zog ihren Mantel aus und breitete ihn über mich, und da bemerkte ich erst, dass ich vom Regen nass bis auf die Haut war. Nach allem, was ich heute Nacht durchgemacht hatte, musste ich furchtbar aussehen. Ein Wunder, dass sie überhaupt angehalten hatten. Der alte Mann fuhr los, und mir kam der Gedanke, dass ich soeben durchaus zu Serienmördern in den Wagen gestiegen sein konnte. Aber andererseits hätte das doch ganz gut zu dieser Nacht gepasst, oder?
    Die mentalen und körperlichen Schmerzen gewannen langsam die Oberhand, und mit letzter Kraft befeuchtete ich meine Lippen und stieß ein weiteres Juwel meines russischen Wortschatzes hervor.
    „Pazvaneet?“
    Die Frau sah mich überrascht an. Ich war mir nicht sicher, ob ich das Wort richtig ausgesprochen hatte. Möglicherweise hatte ich gerade nach einem Münzfernsprecher gefragt statt nach einem Handy – oder vielleicht auch nach einer Giraffe –, aber ich hoffte, dass sie meine Bitte trotzdem verstand. Einen Moment später griff sie in ihre Handtasche und reichte mir ein Handy. Selbst in Sibirien waren alle vernetzt. Mit zitternden Händen wählte ich die Nummer, die ich inzwischen auswendig kannte. Eine weibliche Stimme antwortete.
    „Alló.“
    „Sydney? Hier ist Rose …“

 
    27
    Den Mann, den Sydney nach Nowosibirsk schickte, kannte ich nicht, aber er hatte die gleiche goldene Tätowierung wie sie. Sein Haar war sandfarben und er vermutlich in den Dreißigern – und natürlich

Weitere Kostenlose Bücher