Vampire Academy 04
Herkunft sie sich niemals erkundigt hatte. Was diese Flecken betraf, so wollte ich nicht, dass sonst irgendjemand davon erfuhr.
„Und du siehst …“ Ich musterte ihn. Er war wie immer schick angezogen mit seinem dreiviertellangen Wollmantel und einem grünen Schal, der gut zu seinen Augen passte. Seine dunkelbraunen Haare standen sorgfältig, wie er es wollte, in alle Richtungen, aber sein Gesicht – na ja, hm. Wie bereits erwähnt, hatte Simon ein paar ziemlich gute Treffer gelandet. Eins von Adrians Augen war richtig dick angeschwollen und mittlerweile dunkelblau. Aber wenn ich über ihn nachdachte und über all das, was er getan hatte … spielte keiner dieser kleinen Schönheitsfehler irgendeine Rolle. „… großartig aus.“
„Lügnerin“, sagte er.
„Hätte Lissa das blaue Auge nicht heilen können?“
„Es ist ein Ehrenzeichen. Lässt mich männlicher wirken. Komm schon, deine Kutsche wartet.“
„Warum haben sie dich hergeschickt?“, erkundigte ich mich, als wir zum Parkplatz gingen. „Du bist doch wohl nüchtern, oder?“
Adrian reagierte nicht darauf. „Na ja, die Schule trägt nicht mehr offiziell die Verantwortung für dich, da du doch eine Schulabbrecherin bist. Also waren sie im Grunde nicht dazu verpflichtet, dich abzuholen. Keiner deiner anderen Freunde kann den Campus verlassen … Und ich? Ich bin nur ein Freigeist, der in der Akademie herumhängt. Also habe ich mir einen Wagen geliehen, und hier bin ich.“
Seine Worte weckten gemischte Gefühle in mir. Einerseits war ich natürlich gerührt, dass er den ganzen Aufwand betrieben hatte, um mich abzuholen, andererseits machte mir der Hinweis, dass die Schule keine Verantwortung mehr für mich trug, ziemlich zu schaffen. Auf allen Reisen hatte ich St. Vladimir immer wieder als mein Zuhause betrachtet … doch jetzt war es das ganz offiziell nicht mehr. Ich würde zukünftig nur noch eine Besucherin sein.
Als wir losfuhren, informierte Adrian mich über die jüngsten Entwicklungen in der Schule. Nach dem großen psychischen Showdown war ich nicht mehr oft in Lissas Geist eingedrungen. Oksana hatte zwar meinen Körper geheilt, aber gefühlsmäßig war ich immer noch erschöpft und voller Trauer. Und obwohl mir gelungen war, was ich mir vorgenommen hatte, verfolgte mich noch immer das Bild von Dimitri, wie er in die dunkle Tiefe stürzte.
„Wie sich herausstellte, hattest du recht damit, dass Avery mit Simon und Reed verbunden ist“, sagte Adrian. „Nach allen Informationen, die wir bisher bekommen konnten, klingt es so, als sei Simon vor einigen Jahren in einem Kampf, den Avery miterlebt hat, getötet worden. Alle hielten es für ein Wunder, dass er überlebte, ohne die Wahrheit zu erkennen.“
„Sie hat ihre Kräfte verborgen, genau wie ihr am Anfang auch“, überlegte ich laut. „Und Reed ist dann später gestorben?“
„Nun, das ist das Seltsame an der ganzen Sache“, antwortete Adrian stirnrunzelnd. „Niemand kann sich daran erinnern, wann er gestorben sein soll. Ich meine, er ist doch ein Royal. Irgendjemand müsste es eigentlich wissen. Er ist sein Leben lang verhätschelt worden, richtig? Aber nach allem, was wir aus ihm herausbekommen konnten – was allerdings nicht sehr viel war, weil alle drei in einem ziemlich üblen Zustand sind –, hört es sich so an, als hätte Avery ihn vielleicht mit Absicht getötet und dann zurückgebracht.“
„Genau wie bei Lissa“, bemerkte ich und dachte an Simons Worte während des Kampfes. „Avery wollte sie töten, zurückbringen und dann mit ihr verbunden sein. Aber warum ausgerechnet Lissa?“
„Soll ich mal raten? Weil sie eine Geistbenutzerin ist. Seit das Element Geist nicht länger geheim gehalten wird, war es nur eine Frage der Zeit, bis Avery von Lissa und mir erfuhr. Vermutlich dachte Avery, ein Band mit Lissa würde ihre eigene Macht vergrößern. So wie es aussah, hat sie von den beiden anderen sehr viel Energie abgezogen.“ Adrian schüttelte den Kopf. „Das war kein Witz, als ich sagte, ich hätte diesen Geist quer über den ganzen Campus wahrgenommen. Die Menge an Energie, die Avery aufbringen musste, um so viele Leute unter Zwang zu nehmen, ihre Aura zu verbergen und wer weiß was sonst noch alles … nun, es war schwindelerregend.“
Ich starrte auf die Schnellstraße vor uns und dachte über die Folgen von Averys Taten nach. „Und das ist auch der Grund, warum Reed so verkorkst war – so wütend und immer kampfbereit. Er und Simon haben all diese
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