Vampire Academy 04
ihrer Mutter trotzdem lieber nicht über den Weg laufen.
Wir gingen in Richtung Innenstadt, kreuz und quer durch die Seitenstraßen, bis wir hinter etwas landeten, das wie ein gewöhnliches Lagerhaus in einem verlassenen Stadtteil aussah. Alles war still, aber vor einer Tür zu diesem Gebäude stand ein kräftiger, knallhart aussehender Dhampir, der die Arme vor der Brust verschränkte. Viktoria blieb etwas abseits stehen und sagte, dass wir dort warten müssten. Eine Minute später kam eine Gruppe Moroi-Männer unterschiedlichen Alters herbeigeschlendert; die Männer unterhielten sich sehr angeregt und lachten. Der Dhampir unterzog sie einer kurzen Musterung, dann öffnete er ihnen die Tür. Licht und Musik quollen heraus, bis die Tür ins Schloss fiel – und alles wieder still wurde.
„Dies ist also Bajas geheime Dhampir-Welt“, murmelte ich. Viktoria hörte mich nicht, weil sie plötzlich abgelenkt war, sie strahlte über das ganze Gesicht.
„Da ist er!“
Sie zeigte auf zwei Männer, die immer näher kamen. Beide waren Moroi. Na, wer hätte das gedacht. Viktorias heimlicher Freund war kein Dhampir. Das allein fand ich im Grunde noch nicht sonderlich schockierend, doch die Art, wie sie sich heute Abend gekleidet hatte, machte mir immer noch zu schaffen. Sie umarmte ihn stürmisch und stellte uns einander vor. Sein Freund hieß Sergej, und er lächelte höflich, bevor er in das Lagerhaus eilte, wo er anscheinend ebenfalls mit einem Mädchen verabredet war.
Eines musste ich Viktoria lassen: Rolan war echt heiß. Sein Haar war von dunklem Kastanienbraun, weich und gewellt. Das Grün seiner Augen erinnerte mich – schmerzhaft – an Adrian. Und als er Viktoria anlächelte, war dieses Lächeln einfach überwältigend. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht unterschied sich kaum von Nikolais, sobald sie in seiner Nähe war.
Rolan nahm Viktorias Hände, führte sie an seine Lippen und küsste sie zärtlich. Diese unglaublich grünen Augen blickten in ihre, und er flüsterte etwas, das ich allerdings nicht hören konnte. Sie errötete und antwortete auf Russisch. Ich brauchte keine Übersetzung, um zu wissen, dass der Inhalt erotisch war und sie heftig mit ihm flirtete. Immer noch lächelnd, blickte er zu mir herüber, und obwohl sie uns miteinander bekannt gemacht hatte, schien es fast so, als bemerke er mich zum ersten Mal – und als sei er interessiert.
„Du bist neu hier, nicht wahr?“, fragte er.
Viktoria schlang die Arme um ihn und schmiegte ihren Kopf an seine Brust. „Rose ist bei uns zu Besuch. Sie ist eine Freundin der Familie.“
„Ah“, sagte er. „Jetzt erinnere ich mich daran, schon von dir gehört zu haben. Ich hatte ja keine Ahnung, dass eine so grimmige Strigoi-Jägerin so schön sein kann.“
„Das gehört zur Stellenbeschreibung“, erwiderte ich trocken.
„Hast du vor, zusammen mit Viktoria wieder zur Schule zu gehen?“, erkundigte er sich.
„Nein. Ich werde noch ein Weilchen hierbleiben.“ Ich hatte jedoch immer noch keinen blassen Schimmer, ob „ein Weilchen“ eine Stunde sein würde oder sogar ein Jahr.
„Hm“, machte er nachdenklich. Er blickte wieder auf Viktoria hinab, drückte ihr einen Kuss aufs Haar und strich mit den Fingern über ihren Hals. Seine nächsten Worte galten ihr. „Ich bin froh, dass du noch einmal herkommen konntest, bevor du wegmusst. Ich weiß gar nicht, wie ich ohne dich über die Runden kommen soll.“
Sie strahlte. „Ich hätte auf gar keinen Fall fortgehen können, ohne dich noch einmal zu sehen …“ Ihre Stimme versagte, als ihre Gefühle sie überwältigten, und als er sich zu ihr hinunterbeugte, eine Hand noch immer an ihrem Hals, dachte ich einen schrecklichen Moment lang, dass sie gleich an Ort und Stelle richtig loslegen würden.
Glücklicherweise wurden sie jedoch durch das Auftauchen eines Dhampir-Mädchens unterbrochen. Viktoria löste sich von Rolan und umarmte das Mädchen. Sie hatten einander offenbar seit einer Weile nicht gesehen und unterhielten sich in einem Wahnsinnstempo auf Russisch, wobei sie Rolan und mich völlig ignorierten. Da er sie für einen Moment los war, beugte er sich zu mir vor.
„Sobald Viktoria wieder in der Schule ist, werden Sie hier ganz allein sein. Vielleicht könnte ich Sie dann ein wenig herumführen?“
„Danke, aber ich habe bereits alles gesehen.“
Er behielt sein breites Lächeln bei. „Natürlich. Nun, dann könnten wir uns ja vielleicht einfach treffen und … reden?“
Es war nicht zu
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