Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
hervor. Offenbar hatte unsere Vereinbarung, die er scherzhaft aufgesetzt hatte und die besagte, dass er seine Laster zurückfahren wolle, in meiner Abwesenheit keine Gültigkeit. „Ich glaube jedenfalls nicht, dass ihre Freunde oder die Wächter Sie in ihre Nähe lassen werden.“
„Oh, ich bekomme sie schon zu fassen“, erwiderte Abe. „Sie weiß eine Menge Antworten. Wenn sie die vor diesen anderen Idioten verheimlicht hat, dann freut mich das für sie. Aber mir wird sie bestimmt alles sagen.“
Ein plötzlicher Gedanke durchfuhr Lissa. „Sie müssen mit Ian sprechen. Das ist dieser Bursche von den Alchemisten. Er kennt den Mann auf dem Foto – ähm, ich meine, den Mann, den Eddie getötet hat.“
„Sind Sie sich sicher?“, fragte Abe.
„Ja“, sagte Adrian zur allgemeinen Überraschung. „Ian hat eindeutig eine Reaktion gezeigt. Außerdem ist er in diese Sydney verknallt.“
„Das habe ich allerdings auch gesehen“, bestätigte Lissa.
„Sie wirkt irgendwie verklemmt.“ Adrian runzelte die Stirn. „Aber vielleicht fahren solche nun mal darauf ab.“
„Diese Schwärmerei könnte tatsächlich nützlich sein“, überlegte Abe laut. „Ihr Frauen wisst ja gar nicht, wie viel Macht ihr besitzt. Haben Sie diesen Wächter gesehen, mit dem Ihre Tante ausgeht? Ethan Moore?“
„Ja“, stöhnte Christian. „Erinnern Sie mich nicht daran.“
„Aber Tasha ist doch ziemlich heiß“, bemerkte Adrian.
„Das ist nicht cool“, sagte Christian.
„Seien Sie nicht so verschnupft“, meinte Abe. „Ethan gehört zur Palastwache. Er war in der Nacht des Mordes dort – was sehr nützlich für uns sein könnte, wenn sie sein Interesse wachhalten kann.“
Christian schüttelte den Kopf. „Diese Wachen haben doch schon ausgesagt. Es wird keine Rolle spielen. Ethan hat erzählt, was er weiß.“
„Da bin ich mir aber nicht so sicher“, entgegnete Abe. „Es gibt immer Dinge, die nicht in den offiziellen Unterlagen auftauchen, und ich bin davon überzeugt, dass die Wächter alle strikte Anweisungen hatten, was sie sagen und was sie nicht sagen sollten. Ihre Tante könnte charmant genug sein, etwas für uns in Erfahrung zu bringen.“ Abe seufzte und wirkte nach wie vor sehr unglücklich darüber, dass seine wohlgeordneten Pläne plötzlich so durcheinandergeraten waren. „Wenn Sydney doch nur charmant genug gewesen wäre, sich aus diesem Verhör herauszureden, damit ich sie verhören kann! Jetzt muss ich an diesen Alchemisten und den Wächtern vorbei, um zu ihr zu kommen und herauszufinden, wo sich Rose aufhält. Oh, und Sie müssen unbedingt zu Ihrer Prüfung gehen, Prinzessin.“
„Ich habe gedacht, das sei nur ein Vorwand gewesen, um mich zu finden“, erwiderte Lissa.
„Nein, sie wollen Sie sehen.“ Er beschrieb ihr den Weg zu der Prüfung. Sie fand in dem Gebäude statt, in dem sie auch schon die zweite Prüfung abgelegt hatte. „Geht alle zusammen hin und lasst euch dann von einem Wächter zurückbegleiten. Verlasst euer Zimmer nicht, bis Janine oder Tad vorbeikommen.“ Tad war einer von Abes Gefolgsleuten. „Keine Überraschungsangriffe mehr!“
Lissa wollte eigentlich noch einwenden, dass sie sich gewiss keinem Hausarrest fügen werde, fand dann aber doch, dass es das Beste sei, Abe für den Augenblick einfach seinen Willen zu lassen. Er eilte davon, wobei er immer noch Erregung ausstrahlte, und sie und die Männer wandten sich dem Gebäude zu, in dem die Prüfung stattfinden sollte.
„Mann, ist der aber sauer!“, sagte Adrian.
„Kannst du ihm einen Vorwurf daraus machen?“, fragte Christian. „Er hat gerade die Mitgliedschaft im Club der bösen Drahtzieher verloren. Sein brillanter Plan hat sich in seine Bestandteile aufgelöst, und jetzt ist auch noch seine Tochter verschwunden, obwohl er sie an einem sicheren Ort glaubte.“
Adrian wahrte beredtes Schweigen.
„Ich hoffe, es geht ihr gut“, sagte Lissa, in deren Magen sich etwas verknotete. „Und was um alles in der Welt hat Jill mit der ganzen Geschichte zu tun?“
Auf diese Frage wusste niemand eine Antwort. Als sie das Prüfungsgebäude erreichten, fand Lissa eine Situation vor, die beinahe identisch mit der letzten war. Unmengen an Zuschauern säumten den Flur. Wächter versperrten die Tür. Mehr Leute als je zuvor riefen ihren Namen; einige von ihnen waren gewöhnliche Moroi und andere Royals, deren Kandidaten aus dem Rennen waren. Eine ganze Anzahl hatte die Angstprüfung nicht bestanden, also favorisierten diese
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