Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
können.
„So“, sagte Stanton. „Das ist jetzt genau das, was wir Ihnen schon zuvor erzählt haben. Wir müssen nun gehen.“ Sie drehte sich zur Tür um, aber einige Wächter verstellten ihr den Weg.
„Unmöglich“, sagte Hans. „Das ist eine ernste Angelegenheit, und Miss Sage ist unsere einzige Verbindung zu einem Mord – dem Mord an einer Königin. Und einer Entführung.“
Stanton lachte höhnisch, und mir fiel ein, dass Sydney einmal gesagt hatte, die Alchemisten hielten das königliche System der Moroi für töricht. „Sie kann Ihnen jetzt wohl nicht mehr sehr von Nutzen sein. Aber keine Sorge – wir werden sie festhalten. Setzen Sie sich mit uns in Verbindung, wenn Sie weitere Fragen haben sollten.“
„Das ist ganz inakzeptabel“, lehnte Hans ab. „Sie bleibt hier.“
Ian, der andere Alchemist, mischte sich in die Auseinandersetzung ein und stellte sich schützend vor Sydney. „Wir werden keine von uns hier zurücklassen!“ Wieder hatte ich so ein seltsames Gefühl bei ihm. Er war in Sydney verliebt, das musste es sein. Er war in sie verliebt, und es ging für ihn hier nicht nur um Geschäftliches. Stanton warf ihm einen Blick zu, der besagte, dass sie die Angelegenheit in die Hand nehmen werde. Da verstummte er.
„Dann können Sie alle hierbleiben“, stellte Hans fest. „Mir ist es gleich. Wir werden Ihnen Zimmer zuweisen.“
„Das ist inakzeptabel.“ An diesem Punkt gerieten sie und Hans in einen heftigen Streit. Ich glaubte zwar nicht, dass es zu tätlichen Auseinandersetzungen käme, aber die anderen Wächter waren vorsichtshalber ein klein wenig näher gerückt.
Ians Blicke huschten zwischen Stanton und Sydney hin und her, doch er mischte sich nicht ein. Einmal glitt sein Blick über den Tisch, an dem Hans lehnte, und angesichts des Fotos stutzte er plötzlich. Es war nur ein kurzes Innehalten, die Augen weiteten sich lediglich ganz leicht .... aber Lissa bemerkte es doch.
Sie machte einen Schritt auf Ian und Sydney zu. Einer der Wächter beobachtete sie und kam wohl zu dem Schluss, dass Lissa keine Gefahr drohe. Dann wandte er sich nämlich wieder Stanton zu. „Sie kennen ihn“, murmelte Lissa und sprach dabei so leise, dass ihre Stimme in dem Geschrei unterging. Tatsächlich war sie so leise, dass sie zur Antwort nur leere Blicke seitens Sydney und Ian erhielt. Beide konnten nicht hören, was ein Moroi oder Dhampir gehört hätte.
Lissa sah sich unbehaglich um, weil sie keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte. Dann versuchte sie es etwas lauter noch einmal. „Sie kennen ihn. Den Mann auf dem Foto.“
Ian starrte Lissa an, mit einer Mischung aus Staunen und Wachsamkeit auf dem Gesicht. Zweifellos hatte er die gleiche ablehnende Einstellung gegenüber Vampiren, aber ihre Worte trafen ihn unvorbereitet. Und selbst wenn sie eine böse Kreatur der Nacht war, so war sie doch eine sehr hübsche.
„Ian“, sagte Sydney leise. „Was ist denn?“ In ihrer Stimme schwang ein drängender Unterton mit, einer, der seine Schwärmerei ungewollt ansprach, glaube ich. Er öffnete den Mund, um zu sprechen, aber dann verstummte das Gespräch der anderen Personen im Raum. Sydney stand abermals im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, und Ian wandte sich von Lissa ab.
Der Kompromiss, zu dem Stanton und Hans gekommen waren, war genau das – ein Kompromiss. Keine der Parteien schien darüber glücklich zu sein. Knapp fünfundvierzig Minuten vom Hof entfernt lag eine kleine Stadt, und die Alchemisten würden dort Quartier nehmen – in Begleitung mehrerer Wächter. In meinen Ohren klang es wie Hausarrest, und Stantons Gesichtsausdruck schien das Gleiche anzudeuten. Ich glaube, sie stimmte auch nur deshalb zu, weil es eine menschliche Stadt war. Bevor er alle gehen ließ, befragte Hans meine Freunde noch ein letztes Mal, wobei er jedes Gesicht aufmerksam beobachtete.
„Und keiner von Ihnen – keiner von Ihnen – kennt diese Alchemistin oder hatte Kontakt zu ihr? Keiner weiß von ihrer Beziehung zu Hathaway?“
Wiederum leugneten Lissa und die anderen, und wieder blieb Hans nichts anderes übrig, als die Antworten widerstrebend zur Kenntnis zu nehmen. Alle gingen auf die Tür zu, doch Hans erlaubte Eddie nicht, den Raum zu verlassen. „Du nicht, Castile. Du bleibst hier, bis noch andere Dinge geklärt sind.“
Lissa schnappte nach Luft. „Was? Aber er .... “
„Mach dir deswegen keine Sorgen“, sagte Eddie mit einem angedeuteten Lächeln. „Es wird alles gut gehen. Pass nur auf
Weitere Kostenlose Bücher