Vampire Earth 3 - Donnerschläge
rechnen …«
Sie schnitt ihm mit einer energischen Handbewegung das Wort ab. »Oh Gott, nicht das schon wieder!«, sagte sie, dieses Mal laut und deutlich. Beide mussten grinsen. Was würde Mrs. Kineen wohl daraus schließen?
Valentine träumte von den Ozarks. Eine herbstliche Brise raschelte in Millionen von Blättern, kühle Bäche strömten talwärts, das Plätschern von springenden Fischen erfüllte den Morgen …
Er fühlte, wie Duvalier ihn an der Schulter rüttelte. Die gerade einstündige Ruhepause war nicht annähernd genug, aber sie würde reichen müssen. »Letzte Chance, Valentine«, signalisierte sie, nachdem sie ihm seinen Mantel gereicht hatte. »Abbrechen. Es gibt jede Menge Gründe, das zu rechtfertigen. Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Absolut nicht.«
Seine Zweifel hatten ebenfalls eine Pause eingelegt und kehrten nun in neuer Frische zurück. Nein! Ignorier sie! »Ich bin damit auch nicht glücklich. Aber wenn du mehr wüsstest, dann würdest du verstehen, dass ich keine Wahl habe. Das könnte für uns eine Gezeitenwende einleiten.«
»Du und dein Könnte .« Sie nahm ihn in die Arme, drückte das Kinn an seine Brust. Duvalier zeigte sich ihm gegenüber nur selten so anschmiegsam. Ihre Verbundenheit äußerte sich eher in Neckereien als in körperlicher Nähe. Zwar fühlte er sich zu ihr hingezogen, doch sie hatte eine Mauer um sich herum errichtet, die er nicht überwinden konnte. Manchmal ließ sie die Zugbrücke herunter. Dies war einer jener seltenen Augenblicke.
»Ich bin in Kansas aufgewachsen«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Ich kenne mich mit Gezeiten nicht so gut aus. Ich weiß nur, dass der Mond etwas damit zu tun hat. Oh, und irgendein König wollte da mal irgendwas dran tun, aber er hat es nicht geschafft. Am Ende gewinnt immer die Flut. Sie ist einfach zu stark.«
Er ging die Risiken im Kopf durch. Dann zog er seine schwere.44er aus dem Halfter und warf sie zusammen mit der Ersatzmunition auf das Bett. Irgendwie würde er den Verlust der Waffe schon rechtfertigen können. »Nein«, signalisierte Valentine, nachdem er seinen Mantel zugeknöpft hatte. »So stark ist sie nicht. Die Flut gewinnt nur, weil sie nicht aufgibt.«
Beim Anblick von Perrys erleichterter Miene vergaß Valentine die grausigen Ereignisse des Abends. Für einen Moment.
»Siehst du, Perry, hab’s doch gesagt«, sagte Valentine und zeigte auf die Uhr. Das schmucklose Ziffernblatt zeigte 2:40 Uhr an.
»Sie stehen zu Ihrem Wort, Sir. Danke.«
»Nein, Perry, ich danke dir«, sagte Valentine lächelnd und wartete darauf, dass die Außentür geöffnet wurde. »Wir sehen uns in drei Monaten.«
»Das hoffe ich, Mr. Rowan. Es heißt, meine Einheit soll verlegt werden. West-Texas, habe ich gehört. Wäre mir recht. Von der Feuchtigkeit hier habe ich genug. Schimmelpilzallergie ist was Furchtbares.«
»Werdet wohl für eine große Sache mobilisiert, was?«, fragte Valentine scheinbar gleichgültig und blickte hinaus in den Regen.
»Als würde ich das wissen. ›Ihr werdet es erfahren, wenn ihr dort seid.‹ Das ist alles, was man uns sagt.« Der Wachmann kippte eine Tasse kalten Kaffee hinunter.
»Genieß die Sonne. Ich muss zurück aufs Schiff, ehe der Kapitän aufwacht.«
»Schon klar.«
Die Hände tief in den Manteltaschen vergraben, trottete Valentine hinaus in den nächtlichen Regen. Vor ihm lag noch ein Fußmarsch von gut einer Stunde. Die Thunderbolt lag weit im Osten am abgedeichten Flussufer von New Orleans in einem ausgedehnten, aber unterbelegten Hafen vor Anker. Hochseehandel gehörte nicht zu den Dingen, die von den Kur unterstützt wurden. Sie schienen solch ein Unbehagen gegenüber den Ozeanen zu hegen, dass Valentine sich fragte, ob Kur selbst vielleicht ein Wüstenplanet war. Die Schifffahrt beschränkte sich überwiegend auf Schlepper und Schuten, die sich an der Küste
entlang im seichten Gewässer des Golfs von Mexiko von Hafen zu Hafen tasteten.
Furcht riss ihn aus seinen Gedanken. Ein kalter Schauer rann über seinen Rücken … irgendwo hinter ihm im Nebel lauerte ein Schlächter.
Valentine schritt schneller aus und schaltete alles in seinem Geist aus, was über die animalischen Reflexe hinausging, die er benötigte, um in Bewegung zu bleiben, wurde zu einem Fisch, der still und zielstrebig dahinschwamm, um dem Hai auf Beutefang zu entgehen.
Und seine Waffe hatte er Duvalier überlassen. Alles, was ihm zum Kämpfen blieb, war ein kleines Messer an seinem Gürtel. Nicht
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