Vampire küssen besser
habe die ganze Wohnung danach abgesucht, aber Fehlanzeige. Nicht einmal seine Mutter weiß, wo er steckt. So ein Armleuchter.« Benny holte Atem.
»Ist auch egal«, fuhr sie fort. »Der Typ hat ohnehin eine Meise. Er hat von der Plantage geredet, die seine Familie vor Unzeiten besessen hat, und von einem Vampir namens Lestat, den ich nicht einmal kenne. Ich glaube, er war hinter Bonaventures Diamanten her. Und dann haut er einfach ohne Abschied ab. Andere hätten wenigstens noch gesagt, dass es mit mir nichts zu tun hätte, aber Louis hat sich einfach verdrückt. Das mit dem Ring tut mir leid, Schätzchen, das musst du mir glauben.«
Ich beschloss, ihr nichts von Louis’ Tod zu erzählen, denn ihr Zorn war berechtigt. Hätte ich ihr gesagt, dass Louis umgekommen war, wurde er für sie womöglich zum Helden oder Märtyrer. Meine Vermutung war, dass er sich in Bonaventures Wohnung geschlichen hatte, um nach Dingen Ausschau zu halten, die er stehlen konnte. Vielleicht hatte Darius ihm den Pflock ins Herz getrieben, doch das würde ich wohl niemals erfahren.
Ich drückte Benny an mich. »Sei nicht traurig. Ich habe den Ring wiederbekommen. Louis hat ihn zurückgegeben.«
»Ach! – Und was hat er gesagt?«
Ich kreuzte Zeige- und Mittelfinger auf dem Rücken, ehe ich zu meiner Lüge ansetzte. »Wir haben uns nicht gesprochen. Er hat den Ring so hinterlassen, dass ich ihn finden konnte.« In gewisser Weise traf das ja auch zu.
Erleichtert hob Benny den Kopf und strich ihr zerzaustes Fell glatt. »Das tröstet mich zwar, aber Louis will ich trotzdem nie mehr sehen. Ich will keinen Mann, der nach einer Liebesnacht sang- und klanglos verschwindet.«
Ich nickte mitfühlend, musste mir aber auf die Lippe beißen, denn Bennys Flügel klappten vor Empörung auf und zu, was ungeheuer komisch aussah. »Komm«, sagte ich. »Schwamm drüber. Du siehst ihn nicht mehr wieder. Vielleicht war er noch nicht reif für eine Beziehung und wusste nicht, wie er dir das beibringen sollte.«
»Pah«, antwortete Benny. »Er soll nur nicht glauben, ich würde auf ihn warten. Meine Mama hat immer gesagt: ›Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.‹ Und ich sage immer: Männer sind wie die Straßenbahn …«
»… und wenn eine fort ist, kommt die nächste«, beendeten wir den Satz gemeinsam.
»Ist doch so«, sagte Benny und kicherte. Gleich darauf begann sie sich zu verwandeln. Im Handumdrehen stand sie vor mir, wie die Natur sie erschaffen hatte. Die Bombenexperten hätten wahrscheinlich ihre Spürgeräte fallen gelassen, wenn sie Benny zu Gesicht bekommen hätten. »Gib mir mal den Schirm«, bat Benny. »Damit kann ich das Nötigste bedecken, während ich mir was zum Anziehen suche. Ich will nämlich nicht, dass mir der Hintern abfriert.«
Wir spähten um die Containerecke. Neben Js Jeep stand ein junger Soldat. Er fuhr herum und schaute uns verdutzt an. Es war ein hübscher junger Mann, mit dunklem Haar, runden Wangen und grünen Augen, die ihm fast aus dem Kopf quollen, als er Benny mit dem vorgehaltenen Schirmchen sah.
»Könnten Sie einer Dame einen Gefallen tun, Süßer?«, fragte Benny mit ihrem Südstaatensingsang.
»Nichts lieber als das, Ma’am«, gab er im gleichen Tonfall zurück und versuchte, seinen Blick von Bennys kaum verhülltem Busen zu lösen.
»Hätten Sie vielleicht eine Decke oder eine Jacke im Jeep?«
»Jawohl, Ma’am.« Er machte kehrt, kramte ein wenig im Jeep und kehrte mit einem grünen Armee-Poncho zurück.
Benny streifte ihn über und bedankte sich mit einem entzückenden Lächeln. »Sie sind ein Gentleman, Süßer.«
»Jederzeit zu Diensten.« Der Soldat strahlte. Auf seinen Wangen bildeten sich Grübchen, und auch sonst verströmte er jede Menge Südstaatencharme.
»Schätzchen«, sagte Benny, »wenn Sie ein Yankee sind, fress ich einen Besen.« Sie setzte sich in den Jeep und schlug ihre langen nackten Beine übereinander.
»Kein Yankee, Ma’am«, erwiderte er und bewunderte Bennys Beine. Dann riss er sich los und holte eine Decke von der Ladefläche. »Ihnen ist bestimmt kalt. Wenn Sie gestatten, lege ich Ihnen die Decke um.«
»Ein Gentleman aus dem Süden«, lobte Benny und zwinkerte ihm zu. »Aus welchem unserer schönen Staaten kommen Sie?«
»Aus Belfry, Kentucky«, sagte er. Meine Existenz hatten die beiden offenbar vergessen.
»Na, wenn das kein Zufall ist! Ich komme aus Branson in Missouri. Wie heißen Sie, wenn ich fragen darf?« Benny legte eine zarte Hand auf seinen
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