Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
die perfekte Frau. Es war einfach zu schade, dass er sie nicht behalten konnte, dachte er verbittert, und schloss die Augen, während die wunderbaren Gefühle allmählich schwanden, die er verspürt hatte, als sie sich geliebt hatten, und die unbarmherzige Realität Einzug hielt.
Er hätte sie niemals anfassen dürfen. Natürlich war dieser Traum daran schuld, der eines von mehreren Anzeichen dafür darstellte, dass er tatsächlich seiner Lebensgefährtin begegnet war. Dass er sie nicht lesen und nicht kontrollieren konnte, war ein wichtiges Anzeichen, ein anderes bestand in gemeinsamen Träumen, üblicherweise Träume von erotischer Natur. Er wusste, er hatte von dieser Begegnung im Zellentrakt der Wagenhalle nicht allein geträumt.
Rasende Begierde hatte ihn aus dem Schlaf gerissen, und er hatte versucht, sie beide vor dem unvermeidlichen Trennungsschmerz zu bewahren, indem er ins Badezimmer gelaufen war, um eine kalte Dusche zu nehmen. Aber Jo hatte das nicht zugelassen. Ihr konnte er keine Schuld geben, sie hatte ja keine Ahnung, was eigentlich vor sich ging. Natürlich war auch sie von diesem Traum erregt worden, aber er hatte den schweren Fehler begangen, Jos Drängen nachzugeben. So wurde es nur noch immer schlimmer für ihn, sich von ihr zu trennen, wenn die Zeit gekommen war – und das würde bald sein. Er konnte sie nicht bei sich behalten, und allein deshalb war es eine noch größere Dummheit, sie noch einmal lieben zu wollen. Das würde alles nur noch härter machen.
Er rollte sich vom Bett und stand auf, dabei fiel sein Blick auf den Schäferhund, der es sich im Sessel vor dem Schreibtisch bequem gemacht hatte. Der Hund war völlig in Vergessenheit geraten. Er überlegte, ob Charlie auf Möbeln liegen durfte, aber dann fiel ihm ein, dass der Hund auch bei Jo im Bett geschlafen hatte, als er ins Hotelzimmer zurückgekehrt war. Also war es wohl nicht so schlimm, wenn er jetzt zusammengerollt im Sessel schlief.
Nicholas sammelte seine verstreut herumliegende Kleidung auf und legte sie aufs Bett, dann setzte er sich hin und wartete. Auf einmal hörte er, wie im Badezimmer die Dusche aufgedreht wurde. Wenn Jo herauskam, würde er sich sofort an ihr vorbei ins Bad drängen, um mit eiskaltem Wasser zu duschen, um die flammende Leidenschaft in ihm zu ertränken, die sich schon regte, wenn er nur an Jo dachte. Danach konnte er sich mit ihr zusammensetzen und ihre Fragen beantworten, ehe die Situation völlig außer Kontrolle geriet.
Wenn sie erst mal zu hören bekam, was er ihr zu erzählen hatte, würde sie heilfroh sein, in Mortimers Haus zurückkehren zu können und aus Nicholas’ Leben zu verschwinden.
9
Jo duschte in aller Eile. Es war eine spontane Idee gewesen, denn eigentlich hatte sie gleich wieder zu Nicholas zurückkehren wollen. Doch als sie im Spiegel ihre völlig zerzausten Haare gesehen hatte, war sie stattdessen schnell unter die Dusche gesprungen. Dabei legte sie eine solche Hast an den Tag, dass sie sich fast noch verletzt hätte, da sie auf dem Weg aus der Dusche am Wannenrand hängen blieb und sich nur in letzter Sekunde noch am Handtuchhalter festhalten konnte.
Mürrisch verzog sie den Mund, richtete sich auf und griff nach einem Handtuch, um sich schnell abzutrocknen. Anschließend wickelte sie es sich im Toga-Stil um und verließ das Badezimmer in der festen Absicht, sich auf Nicholas zu stürzen und da weiterzumachen, wo sie zuvor aufgehört hatten. Doch kaum hatte sie die Tür geöffnet, huschte er an ihr vorbei ins Badezimmer und meinte nur: »Jetzt bin ich dran.«
Als sie sich umdrehte, um etwas zu erwidern, sah sie bloß noch, wie die Tür ins Schloss fiel. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, da sie sich ausmalte, dass es sicher Spaß machen würde, sich ihm anzuschließen, doch ehe sie nach dem Türgriff fassen konnte, hörte sie, wie von innen abgeschlossen wurde. Das machte sie stutzig, aber dann wurde sie von einem Geräusch abgelenkt, und als sie sich umsah, stellte sie fest, dass Charlie im Sessel vor dem Schreibtisch saß und genüsslich gähnte, nachdem er allem Anschein nach die ganze Nacht dort verbracht hatte.
»Du weißt, dass du das nicht sollst«, murmelte sie und setzte eine finstere Miene auf, obwohl sie ihm nicht allzu böse sein konnte. Immerhin hatte sie ihn den ganzen Tag auf dem Bett verbringen lassen, und sie selbst hätte auch nicht gern auf dem Teppichboden schlafen wollen. Die milde Ermahnung genügte jedoch, da Charlie prompt aus dem Sessel sprang
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